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Abstimmungen mit rechter ParteiWo die CDU die Brandmauer zur AfD schon eingerissen hat

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Ein Wahlplakat der AfD hängt vor dem Konrad-Adenauer-Haus mit dem Konterfei des CDU-Bundesvorsitzenden Merz.

Ein Wahlplakat der AfD hängt vor dem Konrad-Adenauer-Haus mit dem Konterfei des CDU-Bundesvorsitzenden Merz. 

Die Rede von der „Brandmauer“ hat monatelang die politische Debatte dominiert. In mehreren Bundesländern ist sie schon gefallen.

Keine Zusammenarbeit mit der AfD – dazu ist mit dem Erstarken der in Teilen gesichert rechtsextremen Partei in Deutschland von den übrigen Parteien, Gewerkschaften und Organisationen immer wieder aufgerufen worden. Umschreiben lässt sich das Prinzip mit dem Begriff der „Brandmauer“.

Der kommt eigentlich aus dem Bauwesen. Die Brandmauer soll vor dem Ausbreiten eines Flächenbrandes schützen. Übertragen auf die politische Landschaft bedeutet das: Die Verbreitung von extremistischem und demokratiefeindlichem Gedankengut wird verhindert.

In mehreren Bundesländern ist die „Brandmauer“ schon gefallen. So haben zum Beispiel in Sachsen-Anhalt Politiker der CDU einem AfD-Antrag zu der nötigen Mehrheit verholfen, wie die „Volksstimme“ berichtet. In Sachsen-Anhalt stuft der Verfassungsschutz die AfD als gesichert rechtsextrem ein. Das gilt auch für die Landesverbände in Sachsen und Thüringen.

Der Fall aus Sachsen-Anhalt spielt im Jerichower Land. Dort forderten die Rechtsextremen im Kreistag, dass die Deutschlandflagge bald vor Schulen und allen öffentlichen Gebäuden wehen solle. Und das dauerhaft – Schwarz-Rot-Gold nicht nur an Feier- und Trauertagen.

Schulen sollen täglich die Deutschlandfahne hissen

Zur Begründung hieß es im AfD-Antrag, die Beflaggung würde das Zusammengehörigkeitsgefühl der Menschen in schwierigen Zeiten wieder stärken. Der Landkreis Jerichower Land ist zuständig für 15 weiterführende Schulen und Berufsschulen, Grundschulen zählen nicht dazu. Sie sind in der Trägerschaft der Städte und Gemeinden.

Mit ihren elf von 42 Stimmen hätte die AfD den Fahnen-Antrag nicht durchbekommen, doch die lokale CDU unterstützte die Dauerbeflaggung. Diese Fraktion hat im Kreistag 13 Sitze. Jetzt feixen die rechten Patrioten, während die Linke den Kopf schüttelt.

Gemeinsame Sache mit der Rechtsaußen-Partei machen auch Politiker in Thüringen: Dort ist ein Verfassungsrichter mit AfD-Parteibuch gewählt worden. Rechtsanwalt Bernd Falk Wittig erhielt im Thüringer Landtag eine deutliche Mehrheit. Vorgeschlagen hatte ihn die AfD, die 32 von 88 Sitzen im Landtag stellt. Die SPD kommt nur auf sechs Abgeordnete, die CDU auf 23.

Wittig erhielt bei einer Enthaltung 64 Ja-Stimmen, 20 Abgeordnete stimmten gegen ihn. Jetzt ist er stellvertretendes Mitglied am Thüringer Verfassungsgericht. „Die AfD ist ihrem Ziel, die parlamentarische Demokratie abzuschaffen, ein Stück näher gekommen“, kommentiert „InSüdthüringen.de“, das Portal der Suhler Verlagsgesellschaft, den Vorgang.

„Brandmauer“ in der Kommunalpolitik vor allem in Ostdeutschland gefallen

Generell scheint die „Brandmauer“ in der Kommunalpolitik vor allem in Ostdeutschland gefallen: Eine 2024 erschienene Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung nennt mehr als 100 Fälle, bei der Parteien von 2019 bis 2023 gemeinsam mit der AfD abstimmten. „Laut unseren Ergebnissen kooperiert die CDU am häufigsten mit der extremen Rechten“, schreiben die Autorin Anika Taschke und Autor Steven Hummel.

Björn Höcke, AfD-Fraktionschef, spricht während der Sitzung des Thüringer Landtags.

Björn Höcke, AfD-Fraktionschef, spricht während der Sitzung des Thüringer Landtags.

Auch den Christdemokraten im Bundestag war vorgeworfen worden, die „Brandmauer“ eingerissen zu haben: Ende Januar hatte Friedrich Merz (CDU) seinen „Fünf-Punkte-Plan“ zur Migrationspolitik mit Stimmen der AfD durchgebracht. Damit entstand erstmals seit 1949 eine Mehrheit durch rechte Stimmen im Parlament. Dagegen waren Hunderttausende Menschen in Deutschland auf die Straße gegangen.

Umfragen sehen CDU und AfD noch näher beieinander

Der Zuspruch für die Partei scheint trotzdem ungebrochen: Im neuen „Deutschlandtrend“ der ARD vom Freitag (4. April) steht die AfD in Umfragen bei 24 Prozent, die Union kommt auf 26 Prozent. Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft die AfD übrigens seit 2022 als rechtsextremistischen Verdachtsfall ein. Bereits 2019 entschied ein Gericht, dass der Vorsitzende der Thüringer AfD Björn Höcke als Faschist bezeichnet werden darf.

Eine fraktionsübergreifende Gruppe will jetzt einen neuen Verbotsantrag der Partei beim Bundesverfassungsgericht einreichen. Der alte Bundestag hatte über den entsprechenden Antrag vor seiner Auflösung nicht mehr abgestimmt. (mit dpa)