Wolodymyr Selenskyj war Schauspieler und Comedian, doch in der Stunde der höchsten Not zeigt der Präsident der Ukraine Format als Staatsmann und oberster Befehlshaber des Widerstands gegen Wladimir Putin. Seine Rede, die er in der Nacht des Angriffs hielt, war ein Akt größter Verzweiflung, aber auch von größtem Mut. „Wenn ihr angreift, dann werdet ihr unsere Gesichter sehen, nicht unsere Rücken!“, lautete seine Botschaft an Moskau.
Der 44-jährige Staatschef und Vater zweier Kinder wurde 1978 in Krywyj Rih in der Ostukraine geboren. Der Sohn einer Ingenieurin und eines Professors für Kybernetik stammt aus einer jüdischen Familie. Putins zynische Ankündigung, die Ukraine müsse „entnazifiziert“ werden, wirkt vor diesem Hintergrund besonders perfide und menschenverachtend. Kurz vor dem Überfall fragte Selenskyj in einer TV-Ansprache, die er auf Russisch hielt: „Wie kann ich Nazi sein? Erklären Sie das mal meinem Großvater, der in der sowjetischen Armee mitgekämpft hat und als Oberst in einer unabhängigen Ukraine gestorben ist.“
Selenskyj ist eines der Hauptziele Russlands
Der russische Angriff ziele vor allem auch auf ihn, erklärte Selenskyj zuletzt. „Nach unseren Informationen hat mich der Feind zum Ziel Nr.1 erklärt, meine Familie zum Ziel Nr.2“, sagte er. Auch die US-Regierung sieht Selenskyj als ein „Hauptziel für russische Aggressionen“. Er verkörpere „in vielerlei Hinsicht die demokratischen Bestrebungen und Ambitionen der Ukraine und des ukrainischen Volkes“, so ein Sprecher des US-Außenministeriums zum Sender CNN.
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Selenskyj studierte in Kiew Jura, bevor er sich für eine Laufbahn als Schauspieler entschied. In der Comedy-Serie „Sluha narodu“ („Diener des Volkes“) spielte er einen von der Korruption angewiderten Geschichtslehrer, der völlig überraschend zum ukrainischen Staatspräsidenten gewählt wird. Die TV-Serie, die auch auf Netflix zu sehen ist, wurde zur Grundlage seines politischen Erfolgs. 2019 setzte er sich als Kandidat der nach dem Serienerfolg genannten Partei „Sluha narodu“ gegen Staatschef Petro Poroschenko durch. Er gewann mit dem Versprechen, den Konflikt mit Russland beenden zu wollen und die Macht der Oligarchen zu kappen. Ziele, die er nicht umsetzen konnte – ebenso wenig wie den Traum, die Ukraine in EU und Nato zu führen.