Rapper KozarthParty vor den Wohnblocks in Frechen
Frechen – Die bis zu 16 Stockwerke hohen Wohntürme in der Burgstraße seien ein Refugium, wo man sich auf den geräumigen Balkonen in luftiger Höhe bequem zurücklehnen könne, um den Blick über die Dächer der Stadt hinwegschweifen zu lassen und die freie Fernsicht wahlweise auf den Kölner Dom oder ins Grüne ganz entspannt zu genießen.
Soweit die LEG. Wer sich ein wenig auskennt, der weiß allerdings, dass es sich in den als Problem-Quartier geltenden Burgtürmen in der Regel nicht ganz so gut lebt, wie es die blumige Beschreibung der Vermietungsgesellschaft im Internet verspricht.
Partystimmung auf dem Betonvorplatz
Jedenfalls dichtet einer, der fast seine gesamte Jugend in der zuweilen rauen Hochhaus-Wirklichkeit verbracht hat, ganz andere Verse über das Leben auf der Burgstraße. Kozarth nennt sich der aufstrebende Rapper, und der Spezialist für hart gereimten Sprechgesang sorgte am Freitagabend dafür, dass bei der Jugend aus den Blocks statt Entspannung auf dem Balkon Partystimmung auf dem Betonvorplatz angesagt war.
Kozarth stammt aus einer seit langem in Deutschland lebenden angolanischen Familie, hatte gleich zwei Gründe zum Feiern. Am Freitag wurde er 26 Jahre alt, und am gleichen Tag ist sein Debütalbum „Junz“ (der Titel stammt von seinem früheren Spitznamen Junior ab) auf den Markt gekommen.
Prägende Jugendjahre
Da lag es für Berivan Kilic und Ralf Schroeder vom Kulturverein Linie 7 nahe, nach längerer Pause mal wieder aktiv zu werden und gemeinsam mit Kozarth eine „Release-Party“ zu organisieren – und zwar genau dort, wo der inzwischen in Köln lebende Rapper bis 2015 zehn ungemein prägende Jugendjahre verbracht hat.
„Weil mein Vater hier einen Job bekommen hatte, sind wir 2005 aus Brandenburg nach Frechen umgezogen. Da war ich neun. Eine Wohnung in der 13. Etage der Burgstraße 47 war das erste Zuhause für meine Eltern, meine drei Geschwister und mich. Später sind wir dann in die Nummer 51 umgezogen“, erzählt Kozarth. Jeder wisse, dass die Burgtürme nicht die beste Wohngegend seien. „Aber für mich sind die Blocks trotz all der sozialen Probleme ein gutes Zuhause gewesen. Heimat ist nun mal da, wo deine Freunde sind. Keiner hat es hier leicht, aber es schweißt irgendwie auch zusammen, wenn alle mit ähnlichen Sorgen zu kämpfen haben. Und dieses spezielle Burgstraßen-Multikulti im positiven Sinn war auch für mich als Musiker immer total inspirierend.“
Leben im Block
Für die Party hatten Kozarth und die Linie 7-Leute eine bunte Schar musikalischer Weggefährten aus der regionalen Hip-Hop-Szene zusammengetrommelt, die an der DJ-Station und den Gesangsmikros für guten Groove sorgten. Das Highlight war natürlich Kozarths Live-Präsentation einiger größtenteils deutschsprachiger „Junz“-Songs, von denen sich viele mehr oder weniger deutlich um das Leben im Block und speziell in den Burgstraßen-Blocks drehen.
Kozarth Stil basiert dabei auf behutsam modernisiertem Oldschool-Rap mit dem genretypischen Sprechgesang im Vordergrund sowie knackigen Beats, fetten Bässen, eingestreuten Samples und einprägsamen Synthie-Melodielinien im Background. Das musikalische Grundgerüst wird dabei größtenteils aus digitalen Versatzstücken aus dem Computer zusammengesetzt. „Bei dieser Bastelei ist es ganz wichtig, dass der Sänger und die Produzenten am Mischpult auf einer Linie ticken. Zum Glück habe ich da einige wirklich gute Leute an der Hand“, erklärt der bereits seit fast 15 Jahren in der Szene mitmischende Kozarth.
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„Junz“ mit seinen zwölf Tracks läuft zwar als Debütalbum, ist aber nicht Kozarths erste Produktion, sondern der Abschluss seiner „LADB“ (Leben auf der Burgstraße)-Trilogie. „Aber es ist das erste Projekt, das professionell vertrieben wird. Vor allem aber gibt es Junz nicht nur als Stream oder Download auf den gängigen Portalen, sondern auch als richtiges Vinyl-Album“, erzählt der Rapper freudestrahlend und lässt die Hand liebevoll über die Plattenhülle mit dem Coverfoto von der Burgstraße gleiten: „Streamen finde ich natürlich auch okay. Aber Musik physisch greifen zu können, eine echte Schallplatte in den Händen zu halten, ist noch mal eine Klasse besser.“