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Botox, Hyaluron, FettabsaugungWelche Schönheits-Operation ist machbar – und welche hochriskant?

Lesezeit 12 Minuten
Angst vor Spritzen - die dürfen Patientinnen und Patienten nicht haben, wenn eine medizinische Behandlung mit Botox ansteht.

Angst vor Spritzen - die dürfen Patientinnen und Patienten nicht haben, wenn eine medizinische Behandlung mit Botox ansteht.

Ob Botox oder Brazilian Butt: Ein genauer Blick lohnt sich, denn jeder Fehler kann nicht nur richtig teuer werden, sondern auch massive Folgen für die Gesundheit haben.

Als einer der ältesten erhaltenen Texte der Welt, der so etwas wie eine Nasen-OP beschreibt, gilt der Papyrus Edwin Smith: Darin beschreiben ägyptische Ärzte des zweiten vorchristlichen Jahrtausends verschiedene Operationstechniken, unter anderem auch, wie man eine gebrochene Nase so schient, dass sie wieder gerade zusammenwächst.

Diese frühe Form von rekonstruktiver Chirurgie hat zwar nichts zu tun mit der heutigen Milliardenindustrie an Schönheitseingriffen, mit ihrem Versprechen von Erfolg, Lebensqualität und Zufriedenheit durch ein optimiertes Äußeres. Aber der Papyrus ist nur ein Beispiel aus zahlreichen frühen Schriften, die zeigen: Plastische Chirurgie ist so alt wie die Zivilisation selbst.

Heute wird an Körpern herumgeschnippelt wie nie zuvor. Hier ein Facelift, dort eine Straffung – oder gleich das Gesamtpaket in Form eines sogenannten Mommy-Makeovers. Das Bedürfnis, das eigene Aussehen mit Botox, Hyaluron oder durch chirurgische Eingriffe verändern zu lassen, wächst. Nach Hochrechnungen der International Society of Aesthetic Plastic Surgery könnte es in Deutschland 2021 rund 477.000 Schönheitsoperationen gegeben haben, dazu 606.000 sonstige ästhetische Eingriffe. Zehn Jahre zuvor waren es noch 185.000 OPs und 171.000 sonstige Eingriffe. Zahlreiche Prognosen zeigen, dass der Markt weiter wachsen wird.

Seriöse Ärztinnen und Ärzte finden sich nicht in den sozialen Medien

Doch so harmlos eine Operation klingt, die mit dem Präfix „Schön“ beginnt: Es handelt sich um medizinische Eingriffe mit Risiken, im Extremfall sogar tödlichen. So starben vor einigen Jahren zwei Patientinnen eines selbst ernannten Düsseldorfer Schönheitsarztes, nachdem dieser ein sogenanntes Brazilian-Butt-Lifting bei ihnen durchgeführt hatte. Bei dem Eingriff wird Eigenfett einer anderen Körperregion abgesaugt und in den Po gespritzt, damit er größer und knackiger wirkt. Dabei handelt es sich um eine der gefährlichsten Schönheitsoperationen überhaupt. Unter anderem weil es zu einer sogenannten Fettembolie kommen kann, wenn bei der Injektion eine Vene getroffen wird und Fetttröpfchen in die Blutbahn gelangen.

Aber auch andere beliebte Eingriffe wie Augenlidstraffungen und Brustvergrößerungen bergen Risiken. Wer trotzdem auf die Optimierung seiner selbst nicht verzichten möchte, sollte einiges beachten. Zwei Fragen stehen dabei im Mittelpunkt: Wie schütze ich mich vor Behandlungsfehlern? Und wo finde ich einen seriösen Arzt oder eine Ärztin?

„Sicher nicht in den sozialen Medien“, sagt Helge Jens, Facharzt für plastische und ästhetische Chirurgie in Aachen. Ein zu werblich-aggressives Auftreten auf Instagram, Tiktok oder auf anderen Kanälen spreche eher gegen einen Arzt. Aufhorchen sollte man, wenn Kundinnen und Kunden mit Vorher-nachher-Bildern, Fotos von Operationen oder Rabattaktionen angelockt werden.

Das Problem sind schon die Berufsbezeichnungen: Ob Schönheitschirurg, ästhetischer Chirurg, kosmetischer Chirurg, Beauty Doc oder gar „Master of Injectables“ – all diese Bezeichnungen sind nicht geschützt. Entsprechend sagen sie auch nichts über die Qualifikationen aus. Jeder Arzt darf für die Schönheit zum Skalpell greifen. Helge Jens gruselt es bei dem Gedanken, dass Patienten sich bei selbst ernannten Schönheitsärzten in Gefahr begeben. Er selbst ist Mitglied des Vorstandes der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie. Diese listet Ärztinnen mit den entsprechenden Facharzttiteln, für die sie eine sechsjährige, zusätzliche Ausbildung absolviert haben. Auch bei anderen Verbänden wird man fündig. „Dann ist die Chance sehr groß, dass Patienten in seriösen Händen sind“, sagt Jens.

Finger weg von Schönheitsreisen

Denn einige Akteure auf dem Gebiet sind noch nicht einmal Ärzte oder Ärztinnen. Kerstin van Ark, Geschäftsführerin der Deutschen Gesellschaft für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie, rät etwa dringend von Faltenunterspritzungen durch Heilpraktiker und Heilpraktikerinnen ab. Rein rechtlich ist das zwar zulässig, doch Fachärzte fürchten, dass Heilpraktiker an Grenzen stoßen, wenn es nach Unterspritzungen zu Komplikationen kommt. Dazu können allergische Reaktionen, Ödeme, Hautrötungen, Juckreiz und Blutergüsse zählen, aber auch Nebenwirkungen wie ein hängendes Lid.

Kosmetikerinnen dürfen auch rechtlich keine Falten unterspritzen. Hellhörig sollten Patienten und Patientinnen zudem werden, wenn Ärzte kaum Bedenkzeit vor einem Eingriff einräumen, mögliche Alternativen verschweigen oder schriftliche Angebote, ein Behandlungsvertrag oder eine Aufklärung fehlen, sagt Kerstin van Ark.

Als seriös gelten hingegen Ärztinnen und Ärzte, die einen detaillierten Kostenvoranschlag erstellen, sich für die Beratung Zeit nehmen sowie individuell und frühzeitig über Risiken aufklären. Zudem sollten Vorgespräch, Eingriff und Nachbehandlung in einer Hand liegen. Auf diese Weise haben Patientinnen und Patienten einen Ansprechpartner, sollte es später zu Problemen kommen.

Denn dass es Probleme gibt, ist gar nicht so selten. Umso sinnvoller ist es, wenn der behandelnde Arzt gut erreichbar ist. Fachverbände raten aus diesen Gründen auch davon ab, kosmetische Veränderungen im Ausland vornehmen zu lassen. Zwar vermitteln Agenturen Kliniken, verdienen allerdings auch daran mit und haben deshalb kaum einen neutralen Blick. Und auch wenn ein Städtetrip nach Istanbul oder Prag auf den ersten Blick günstiger erscheint, können die Kosten explodieren. Dennoch ziehen sogenannte Schönheitsreisen Frauen und Männer aus aller Welt an.

Nicht jeder Eingriff läuft wie gewünscht ab

Speziell Istanbul gilt mittlerweile als bekannte Adresse für Haartransplantationen, hat der Bayerische Rundfunk recherchiert. Auch Tschechien profitiert vom Schönheitstourismus, weil die Preise dort niedriger sind und das Land trotzdem gut erreichbar ist. Neben Einzelfallberichten von verpfuschten Operationen wie hier im Tagesspiegel zeigt auch eine Studie aus der Schweiz: Komplikationen treten gehäuft nach OPs in Tschechien und der Türkei auf.

Die Probleme beginnen schon damit, dass es schwer ist, in einer fremden Sprache zu erkennen, ob man auch wirklich von einem Facharzt behandelt wird. Patienten können sich auch nicht darauf verlassen, dass die Anbieter die Preise nicht plötzlich erhöhen, nachdem man die Reise bereits angetreten hat. Nachbehandlungen zahlt man meist zusätzlich. Ganz abgesehen davon weichen Rechtslage und Versicherungsschutz im Ausland teilweise erheblich von jenen in Deutschland ab.

Kommt es also zu Behandlungsfehlern, Unzufriedenheit und Rechtsstreitigkeiten, ist der Handlungsspielraum von Patientinnen und Patienten oft eingeschränkt. „Die Fallstricke bei Behandlungen im Ausland sind mannigfaltig“, sagt Helge Jens. Doch viele Menschen würden schlichtweg ausblenden, dass nicht jeder Eingriff wie gewünscht abläuft.

Allerdings können Komplikationen nach einem rein ästhetischen Eingriff auch in Deutschland teuer werden. Dann müssen die Patienten für die Kosten selbst aufkommen oder sich daran in angemessener Höhe beteiligen. Auch das Krankengeld verlangt die Krankenkasse für die Dauer dieser Behandlung ganz oder teilweise zurück.

Lidstraffungen und Fettabsaugungen am häufigsten gefragt

Viele Risiken von Schönheitsoperationen sind aber offenbar nicht ausreichend bekannt. Zu den am häufigsten durchgeführten Eingriffen in Deutschland gehört beispielsweise die Oberlidstraffung. Dabei vollzieht der Arzt entlang der Umschlagfalte des Lids einen halbmondförmigen Schnitt, entfernt den dortigen Hautüberschuss und strafft so das Oberlid. Verläuft die Operation erfolgreich, verschwindet das Schlupflid, man wirkt wacher und ausgeruhter. Die Narbe des Eingriffs sollte im Idealfall drei bis vier Millimeter über den Wimpern verlaufen und in der Lidfalte verschwinden.

Doch mancher Arzt spult den Eingriff routinemäßig ab, ohne die individuelle Augenpartie ausreichend einzubeziehen. Manchmal kommt es dann zu einer veränderten Blickrichtung, wiederkehrenden Schlupflidern oder zu Nachblutungen. „Wird das Lid überstrafft, sehen die Patienten nachher aus wie ein erschrockenes Reh“, sagt Schönheitschirurg und Facharzt Helge Jens. Dennoch gehört die Lidstraffung zu den beliebtesten ästhetisch-plastischen Operationen in Deutschland.

Jennifer Aniston, hier mit Ellen DeGeneres, in der ‚The Ellen DeGeneres Show‘ hat kosmetische Eingriffe an ihrem Gesicht vornehmen lassen

Schauspielerin Jennifer Aniston, hier mit Ellen DeGeneres, in der 'The Ellen DeGeneres Show' hat kosmetische Eingriffe an ihrem Gesicht vornehmen lassen – wie viele Hollywood-Stars.

Ähnlich populär ist das Fettabsaugen. Auch wenn es einfach klingt – falsch ausgeführt, verursacht es teilweise schwerste Infektionen. Gefäße und Nerven können dabei verletzt werden. Zudem kommt es vor, dass Operateure ihren Patienten Dellen saugen, Faszien und Muskeln und im schlimmsten Fall sogar die Bauchhöhle verletzen. „Man muss schon sehr genau wissen, wo man absaugt“, sagt Helge Jens. Gerade dort, wo der Körper enge Strukturen nah am Knochen aufweist, wie beispielsweise an den Waden und Fesseln, steigt die Gefahr, dass es zu Behandlungsfehlern kommt.

Zu den Klassikern unter den Schönheitsoperationen zählt die Brustvergrößerung. Doch auch sie hat im Laufe der Jahre immer wieder für Negativschlagzeilen gesorgt. Entweder weil Implantate verrutschten, kaputtgingen oder das Gewebe, das der Körper um das Implantat bildet, sich verhärtete.

Vorsicht bei „Botox to go“

Angesichts dieser Probleme scheinen die minimalinvasiven Methoden der vermeintlich sicherere Weg zu sein. Die populärste davon ist Botox. Solche Eingriffe wirken auf den ersten Blick sanfter und schonender, weil die darunterliegende Haut kaum verletzt wird. Stattdessen wird mit einer kleinen Nadel oder Kanüle direkt in die Muskulatur gespritzt.

Zudem kann sich jeder rasch in der Mittagspause spritzen lassen und schon nach wenigen Minuten wieder zurück im Büro sein. Bei „Botox to go“ sollte man aber sehr vorsichtig sein. Bei dem Wirkstoff Botulinumtoxin handelt es sich um ein Nervengift, das aus dem Bakterium Clostridium botulinum hergestellt wird. Schwangere und stillende Frauen sollten sich generell gar nicht mit Botox behandeln lassen.

Beliebt ist das Mittel vor allem bei denjenigen, die sich wünschen, dass ihre Zornesfalten im Stirnbereich verschwinden. Wird diese Stelle unterspritzt, lähmt Botox die dortige Muskulatur und verhindert so das Zusammenziehen der Muskeln. Doch injiziert ein Arzt zu viel Botox in die Stirnfalte, kann das Lid hängen, es kann zu einer sogenannten Ptosis kommen, eine der häufigsten Komplikationen einer Botoxbehandlung. Ein Effekt, der zwei bis vier Wochen anhalten kann. Zudem empfehle es sich, sagt Helge Jens, das Mittel nur im oberen Gesichtsdrittel injizieren zu lassen. „Beim Sprechen brauchen sie über 30 Muskeln. Wenn Sie rund um den Mund Botox spritzen und die dortigen Muskeln lähmen, muss der Arzt neben sehr viel Erfahrung auch sehr genaue Anatomiekenntnisse besitzen. Sonst kann man schlimmstenfalls nicht mehr richtig sprechen, oder es sieht temporär seltsam aus“, sagt Helge Jens.

Gerade in den unteren zwei Gesichtsdritteln setzen viele plastische Chirurgen deshalb auf Hyaluron. Hyaluronsäure kommt natürlicherweise fast überall im Körper vor – in der Haut, in Knorpeln und in Bändern. Der Mehrfachzucker ist in der Lage, Wasser zu binden, und hält so die Haut straff. Auf diese Eigenschaften setzen auch Ärzte. Wird künstlich hergestellte Hyaluronsäure in die Haut gespritzt, bekommt sie wieder mehr Volumen und wirkt praller. Im Gegensatz zu Permanentauffüllern baut sich Hyaluron nach einigen Monaten wieder ab oder kann mit Hyaluronidase wieder aufgelöst werden.

Den Falten hinterherrennen

Spritzen es Ärzte jedoch versehentlich in ein Gefäß, können die Patienten erblinden. Entsprechend sollten Ärzte viel Fachkenntnis und Erfahrung vorweisen können. Aber auch wenn alles gut läuft, müssen die Patienten wiederkommen. „Egal, was sie machen, sie rennen den Falten hinterher“, sagt Helge Jens.

Auch das sogenannte Radiofrequenz-Needling soll zu einer strafferen Haut führen. Dabei beschädigen die behandelnden Ärzte die oberflächlichen Hautstrukturen, um die Haut, die sich neu bildet, zu verjüngen.

„Je näher sie das am Auge durchführen, desto gefährlicher“, sagt Jens. Patienten liefen zudem oft eine ganze Weile mit gerötetem Gesicht und Schwellungen herum. Ästhetische Wunder vollbringe der Eingriff trotzdem nicht.

Doch es ändert nichts: Die Branche verzeichnet immer mehr Schönheitseingriffe. Vor allem Frauen wollen ihr Aussehen von Ärzten ändern lassen. Und die Patientinnen werden immer jünger. Das ist zumindest das Ergebnis der International Society of Aesthetic Plastic Surgery. Aber auch der Männeranteil wächst.

Es ist entscheidend, dass Fachärzte dafür sensibilisiert werden, wie sich eine körperdysmorphe Störung äußert
Ada Borkenhagen, Psychologin

Was die negativen Langzeitwirkungen von kosmetischen Operationen betrifft, ist die Datenlage allerdings recht überschaubar. Wirklich belastbare Daten liegen nicht vor, weil Patienten kosmetische Eingriffe selbst bezahlen, meist privat und nicht über die Krankenkasse – entsprechend werden Zahlen auch nicht zentral erfasst.

Fest steht: Der gesellschaftliche Druck, jung und schön zu wirken, war selten so hoch wie heute. Influencer und Influencerinnen auf Youtube, Tiktok und Instagram sehen meist überdurchschnittlich gut aus – selbst kurz nach dem Aufstehen, beim Kochen, während Schwangerschaften oder als Mutter. Laut einer Studie der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie gaben 2020 gerade mal 2 Prozent der Befragten an, dass es die sozialen Medien waren, die ihren Wunsch nach persönlicher Veränderung verstärkt hätten. Im Jahr 2022 waren es bereits 10 Prozent.

Zwischen Konservierern und Modellierern

Welchen Druck diese Schönheitsideale gerade auf junge Menschen ausüben, wird von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen zunehmend untersucht. Auch die Psychologin Ada Borkenhagen forscht an der Universität Magdeburg zu Körperoptimierung.

„Schminktechniken, Enthaarungsroutinen und Ähnliches gibt es natürlich schon lange Zeit, aber heute können wir unser Aussehen langfristig verändern lassen“, sagt sie. Borkenhagen unterscheidet vier Typen von Nutzern und Nutzerinnen ästhetisch-plastischer Eingriffe: Die erste Gruppe nennt sie die Konservierer. „Das sind Menschen, die die Alterserscheinungen der Haut aufhalten wollen“, sagt sie. Entsprechend setzten sie vor allem auf Faltenreduktion und somit auf die minimalinvasiven Verfahren – sprich Botox und Hyaluronsäure.

Dann gebe es die zweite Gruppe, die einen persönlich empfundenen, fest umrissenen Makel beheben lassen wollen, zum Beispiel eine leicht gewölbte Nase. „Die Erwartungen dieser Gruppe sind meist realistisch, und nach dem Eingriff endet für diese Menschen meist auch der Gang zum Schönheitschirurgen“, sagt Ada Borkenhagen.

Wird das Lid überstrafft, sehen die Patienten nachher aus wie ein erschrockenes Reh
Helge Jens, Facharzt für plastische und ästhetische Chirurgie

Ganz anders sehe es hingegen bei der dritten Gruppe aus: den sogenannten Modellierern. Dabei handele es sich meist um jüngere Frauen, die Schönheitstrends folgten. Aktuell wünschten sich beispielsweise viele von ihnen eine sogenannte Russian Lip. Ziel dieser Lippenunterspritzung ist, dass der mittlere Oberlippenteil besonders betont wird, was ihm ein herzförmiges Aussehen verleiht. Die Modellierer verstünden den Körper nicht als gegeben, sondern als etwas, was nach Belieben gestaltet werden könne.

Die vierte Gruppe schließlich umfasse Patienten mit einer sogenannten körperdysmorphen Störung. Die Betroffenen litten unter einem verzerrten negativen Körperselbstbild und empfänden sich als hässlich, auch wenn sie das nicht seien. Mit dem Gang zum Schönheitschirurgen versuchten sie, am Äußeren etwas zu korrigieren, was eigentlich im Innern geheilt werden muss. „Wer an Michael Jackson denkt, versteht sofort, dass dieser Mann sich für seinen Körper geschämt hat“, sagt Ada Borkenhagen.

Psychische Störung als Auslöser

Auch Robbie Williams hat kürzlich gegenüber seinen Fans offenbart, dass er schon seit Jahren unter der Körperwahrnehmungsstörung leidet. Zu dem Krankheitsbild gehört, dass sich Patienten mit eingebildeten Mängeln beschäftigen, die anderen Menschen überhaupt nicht auffallen. Die psychische Störung kann auch wahnhafte Züge annehmen und mit Essstörungen einhergehen. In vielen Fällen fühlen sich die Betroffenen in ihrem Alltag so stark eingeschränkt, dass sie ihren Beruf nicht mehr ausüben können oder sich nicht trauen, Beziehungen einzugehen.

Der britische Sänger Robbie Williams leidet unter einer Körperwahrnehmungsstörung.

Der britische Sänger Robbie Williams leidet unter einer Körperwahrnehmungsstörung.

Seriöse plastische Chirurgen sollten in der Lage sein, im Vorgespräch ein Gespür dafür zu entwickeln, ob eine Patientin oder ein Patient an einer psychischen Störung leidet. „Es ist absolut entscheidend, dass Fachärzte während der Ausbildung dafür sensibilisiert werden, wie sich eine körperdysmorphe Störung äußert“, sagt Ada Borkenhagen.

In einer Welt der Tiktok-Filter, Instagram-Influencer und Bildbearbeitungsprogramme verschwimmt die Grenze zwischen dem wirklichen Aussehen und dem präsentierten. Wer große Teile des Tages sorgfältig bearbeitete Gesichter und Körper sieht, ändert seinen Anspruch an das eigene Aussehen. Sich dem zu entziehen ist schwierig. Aber nicht unmöglich.

„Unzufriedenheit empfinden wir ja vor allem dann, wenn etwas von unserer persönlichen Idealvorstellung abweicht“, sagt Ada Borkenhagen. Entsprechend könne es helfen, sich immer wieder vor Augen zu führen, dass Fotos bearbeitet seien, oder generell aufzuhören, sich mit anderen Menschen zu vergleichen.

Es sei zwar oft schmerzhaft, sich mit den Realitäten auseinanderzusetzen, aber auf lange Sicht eben auch förderlich. Und der Alterungsprozess sei nun mal eine solche Realität.