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Die „Malediven“ von NowosibirskDieser See ist ein Instagram-Hit, aber hochgiftig

Lesezeit 3 Minuten

Moskau – Türkisfarbenes Wasser, Frauen in Bikinis, die sich am Strand räkeln – die Bilder erinnern an Urlaubsparadiese in der Karibik oder im Indischen Ozean. Sie zeigen einen neuen beliebten Foto-Hotspot, an dem sich junge Menschen in Badesachen ablichten, um sie auf der sozialen Plattform Instagram zu teilen.

Dabei ist auf den Bildern kein Ferienidyll in Thailand oder auf den Seychellen zu sehen, sondern ein See in – Achtung – Sibirien. Der so intensiv türkisfarben strahlende See liegt in der Nähe der russischen Stadt Nowosibirsk und ist unter den Hashtags #NovosibirskMaldives und #maldivesnsk inzwischen zum Instagram-Hit geworden. Ein Nutzer hat dem See mit @maldives_nsk sogar einen eigenen Account gewidmet, auf dem er die so idyllisch wirkenden Aufnahmen teilt.

„Malediven von Nowosibirsk“ – eine Aschekippe

Doch die „Malediven von Nowosibirsk“ eignen sich ganz und gar nicht als Badeparadies. Es handelt sich nämlich um die Aschekippe eines russischen Wärmekraftwerks. Wegen des Ansturms der Instagrammer teilte der Betreiber kürzlich sogar eine Warnung auf seinem Account auf der russichen Social-Media-Plattform „VKontakte“: Es sei nicht möglich, in der Aschekippe zu schwimmen, erklärte die „Sibirische Erzeugungsgesellschaft“. Calciumsalze und Metalloxide seien in dem Wasser gelöst. Der Kontakt mit der Haut könne allergische Reaktionen auslösen.

Das Unternehmen erklärte, dass die außergewöhnlich Farbe des Sees mit der Tiefe der Deponie von ein bis zwei Metern und den Metalloxiden im Wasser zusammenhänge. Der künstlich angelegte See enthält die Asche, die beim Verbrennen der Kohle in dem nahen Kraftwerk entsteht, das Nowosibirsk mit Strom versorgt, wie Guardian und CNN schreiben. Es wurde demnach in den siebziger Jahren gebaut und ist das größte seiner Art in Sibirien.

„Unmöglich, alleine aus dem Reservoir herauszukommen“

An der Aschekippe gebe es zwar keine erhöhte radioaktive Strahlung, erklärte das Unternehmen. Doch es handele sich auch aufgrund des extrem alkalischen Wassers mit einem PH-Wert über 8 definitiv nicht um einen Badesee. Hinzu kommt: „Der Boden der Aschekippe ist extrem matschig! Es ist fast unmöglich, alleine aus dem Reservoir herauszukommen“, so die Betreiberfirma. Wer dort Selfies mache, dürfe auf keinen Fall ins Wasser fallen. „Das ist die größte Gefahr“, so die Betreiber.

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Doch die Anziehungskraft des so türkisleuchtenden Sees ist ungebrochen: Jeden Tag werden neuen Bilder der „Malediven von Nowosibirsk“ auf Instagram hochgeladen. Darauf sind Frauen zu sehen, die in Bikinis oder ganz nackt am Ufer des Sees entlang spazieren oder auf einem Steg sitzend sogar ihre Beine ins Wasser baumeln lassen. Einige Besucher lassen sich auf aufgeblasenen Einhörnern auf dem See treiben, andere versuchen sich im Stand-Up-Paddling und ein Hochzeitspaar hat die bizarre Location sogar für ihr Fotoshooting ausgewählt.

„Fotos von einer Hochzeit auf einer Mülldeponie?“

Ein Nutzer schreibt unter die Hochzeitsfotos: „Verrückt! Fotos von einer Hochzeit auf einer Mülldeponie? Ihr werdet aussehen wie Frankenstein, wenn ihr diesen Ort verlasst.“ Andere wiederum können an den Fotos vor der Aschekippe nichts Schlimmes finden. Im Gegenteil: „Was für schöne Bilder“, schreibt eine Nutzerin unter das Bild, das 157 Herzen auf der Social-Media-Plattform eingeheimst hat. Und das ist nun einmal die Währung, die auf Instagram zählt. (dmn)