Endlich Ruhe?Japanische Forscher haben die Einschlaf-Formel für Babys gefunden
Köln – Ein unruhiges Baby zum Einschlafen zu bringen, diese Aufgabe treibt Eltern regelmäßig an den Rand der Verzweiflung. Denn dieser nur auf den ersten Blick simple Prozess gleicht oft einem fragilen Tanz auf dem heimischen Trapez – mit ungewissem Ausgang. Nun scheint die Wissenschaft eine minutiöse Lösung gefunden zu haben für all jene Säuglingseltern, die jeden Abend alles versuchen, damit endlich Ruhe herrscht.
Der Einschlaf-Trick für schreiende Babys?
Forscher des „RIKEN Center for Brain Science“ im japanischen Wako haben eine Formel entwickelt, wie schreiende Babys am zuverlässigsten in den Schlaf gebracht werden können. Sie wurde jüngst im Fachjournal „Current Biology“ veröffentlicht. In einer Test-Reihe waren 21 Babys mit einer Videokamera gefilmt und zudem ihre Herzfrequenz gemessen worden, während ihre Mütter verschiedene Trage- und Beruhigungsmethoden im Gehen und Sitzen ausprobiert hatten. Als erfolgreich stellte sich folgende 13-Minuten-Formel heraus: Am besten schläft ein brüllendes Baby demnach ein, wenn seine Bezugsperson zunächst fünf Minuten mit ihm eng am Körper in gleichmäßigem Tempo durch die Gegend läuft und anschließend noch einmal acht Minuten mit dem schlafenden Kind auf dem Arm sitzen bleibt, bevor es abgelegt wird.
Gleichmäßiges Gehen und viel Körperkontakt
Im Versuch zeigte sich vor allem die beruhigende Wirkung, die die gleichmäßige Bewegung durch den Raum auf ein schreiendes Kind hatte, nicht nur in den Abendstunden, sondern auch am Tag. So kamen weinende Säuglinge durch das Gehen bereits innerhalb von 30 Sekunden zur Ruhe, alle Babys hörten auf zu schreien und die Hälfte schlief ein. Die Einschlafhilfe funktionierte allerdings nur bei weinenden Kindern. „Überraschenderweise fehlte dieser Effekt, wenn Babys vorher schon ruhig waren“, erklärt die Erstautorin der Studie Kumi Kuroda. Dass das Gehen beruhigende Wirkung habe, liege laut Forschern an der sogenannten Transportreaktion, einem angeborenen Effekt, der bei vielen jungen Säugetieren zu beobachten sei.
Hilfe für vom Einschlafprozess gestresste Eltern
Entscheidend war aber auch, dass der Körperkontakt nach dem Gehen noch ein wenig bewahrt wurde, die Kinder also im Sitzen noch etwas im Arm gehalten wurden, bis sie tief genug schliefen. Über ein Drittel der Babys, die direkt nach der Bewegung ins Bett abgelegt worden waren, wachten demnach beim Ablegen wieder auf.
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Ziel der Studie war es unter anderem, Eltern Handlungsmöglichkeiten im Umgang mit dem Baby zu geben. „Viele Eltern leiden unter dem nächtlichen Weinen ihrer Babys“, sagt Forscherin Kuroda. „Das ist ein großes Problem, vor allem für unerfahrene Eltern, das zu elterlichem Stress und in einigen wenigen Fällen sogar zur Misshandlung von Säuglingen führen kann.“
Eine Formel für alle Babys ist mit Zweifel zu betrachten
Mit Blick auf solche Krisensituationen können solche Studienerkenntnisse zumindest Hoffnung machen: Jede Information, die Eltern gegebenenfalls helfen kann, ist gut. Für erfahrene Mütter und Väter sind die zentralen Aussagen der Studie aber wahrscheinlich weniger überraschend. Dass ein Kind sich beim Tragen oder in engem Körperkontakt schneller beruhigt oder ruhiger schläft, das haben viele sicher schon selbst gemerkt oder kennen das als bekannte These der Eltern-Kind-Bindungstheorien.
Ein Lichtblick könnte lediglich die Aussicht darauf sein, dass laut Formel der Einschlafprozess vom Brüllen zum Tiefschlaf in nur kurzen 13 Minuten erledigt sein soll. Für alle aber, die gefühlt Jahre lang damit zugebracht haben, mit Baby im Arm auf dem Gymnastikball zu hüpfen, nächtliche Zusatzrunden mit dem Kinderwagen um den Block zu drehen oder mit dem Föhn in der einen und dem Kind in der anderen im Kreis zu laufen, haben sicher Zweifel an der Wirksamkeit dieser Formel. Erst recht, weil jedes Baby seinen eigenen starken Charakter hat, der sicher schwer auf eine Formel zu bringen ist. Jahrzehnte lang andauernde Diskussionen über die richtige Baby-Einschlafmethode würden zudem überflüssig, was alles in allem ein echtes Wunder wäre. Die Wissenschaftler geben aber auch an, dass auf dem Gebiet noch weiter und mit größeren Stichproben geforscht werden müsse. (iwo/mit dpa)