Refrath – Die Corona-Turbulenzen an ihrer Schule in Refrath haben Sylvia Grosser in den letzten drei Wochen in Atem gehalten. Dreimal war der Pool-Test in einer Klasse positiv, dreimal wurden das jeweils mit Corona infizierte Kind und dessen engsten Sitznachbarn und Freunde durch das Gesundheitsamt in Quarantäne geschickt.
Der letzte Pool-Test sei nun negativ gewesen, erzählt die Schulleiterin der Katholischen Grundschule An der Steinbreche: „Wenn das bis zum Wochenende so bleibt, haben wir das Geschehen erstmal wieder in den Griff bekommen.“ Am Abend dann stand fest, dass es erneut einen positiven Test gab- in einer anderen Klasse diesmal.
So oder ähnlich geht derzeit vielen Schulen in Nordrhein-Westfalen. Das Infektionsgeschehen in der Schülerschaft wird wie im Rest der Gesellschaft immer unübersichtlicher. Nicht wenige Lehrer sehnen die Weihnachtsferien mehr denn je herbei.
Die aktuellen Zahlen benannte NRW-Schul- und Bildungsministerin Yvonne Gebauer am Mittwoch in ihrer Stellungnahme zum Schulbetrieb in Pandemiezeiten im Schulausschuss: Demnach hätten in der 48. Kalenderwoche, also vom 29. November bis 3. Dezember, drei Prozent der Schülerinnen und Schüler nicht am Präsenzunterricht teilnehmen können. In der Woche zuvor seien es 2,6 Prozent gewesen.
Es seien 17.063 bestätigte Corona-Fälle gemeldet worden, das entspreche 0,84 Prozent aller Schülerinnen und Schüler. Der Wert in der Woche vorher: 0,70 Prozent.
Schulschließungen sind kontraproduktiv – besonders für die Kleinen
Dennoch kommt die Ministerin zu dem Schluss, dass die Schulen „keine Infektionstreiber“ und weiterhin „ein sicherer Lern- und Lebensort“ seien. Die Landesregierung werde die Weihnachtsferien daher weder vorziehen noch verlängern. „Sonst können die Schülerinnen und Schüler ihr Recht auf Bildung nicht vollumfänglich wahrnehmen, denn auch verlängerte Ferien sind nichts anderes als Schulschließungen“, sagte Gebauer auf Anfrage des Kölner Stadt-Anzeiger.
Schulleiterin Grosser berichtet von sechs positiv getesteten Kindern unter den 150 Schülerinnen und Schülern an ihrer Schule seit den Sommerferien. Sie empfindet die Lage dank der „sehr guten und sehr wichtigen“ Pool-Tests ebenfalls als beherrschbar und hält weitere Schulschließungen für „absolut kontraproduktiv“. Grosser ist überzeugt: „Je kleiner die Kinder, desto bedeutender ist für sie der Präsenzunterricht.“
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Denn: „Das Corona-Jahr hat im sozialen Bereich deutliche Spuren hinterlassen bei den Kindern.“ Die Unruhe in den Klassen sei größer als vor der Pandemie und vor allem den Erstklässlern falle es schwer, sich im sozialen Gefüge der Schule einzufinden. „Das Miteinander, zu teilen, sich selbst mal zurückzunehmen, das fällt vielen Kindern gerade auffällig schwer“, sagt sie.
Schulleiter in Leverkusen: „Wichtiger Schulen offen zu halten als jede einzelne Infektion zu verhindern“
Auch Frank Lathe, stellvertretender Schulleiter am Landrat-Lucas-Gymnasium in Leverkusen, kann von steigenden Corona-Fallzahlen in der Schülerschaft berichten. Seit drei bis vier Wochen seien immer mindestens zehn der knapp 1600 Schülerinnen und Schüler infiziert, zwischenzeitlich waren es auch schon mal 15. „In der Konstanz und Höhe ist das anders als bei den letzten Wellen“, sagt Lathe. Natürlich sei jeder Erkrankte einer zu viel: „Aber ich kann unter Abwägung der Belastungen und Gefahren nachvollziehen, dass es wichtiger ist die Schulen offen zu halten, als jede einzelne Infektion zu verhindern.“ Zumal die Erfahrung gezeigt habe, dass der Digitalunterricht, egal wieviel Mühe sich alle Beteiligten geben, den Präsenzunterricht niemals aufwiegen kann.
Und wie geht es nun nach den Ferien weiter? Wenn viele von Familientreffen oder aus dem Urlaub zurückkehren? „Ich erwarte da relativ wenig Änderungen“, sagt Lathe. Man werde alle Schüler am ersten Schultag nach den Ferien testen und den Betrieb ganz normal wieder aufnehmen. „Natürlich ist das Ganze auch ein bisschen ein Glücksspiel, ob man zu den stark oder weniger betroffenen Schulen gehört“, sagt er.
Dieses Jahr sind Reisen in den Weihnachtsferien grundsätzlich möglich
Sylvia Grosser plant an ihrer Grundschule in Refrath zusätzlich zu den obligatorischen Pool-Tests am ersten Tag nach den Ferien ebenfalls einen Antigen-Test für alle. Auch sie berichtet, abgesehen von wenigen Masken- und Test-Gegnern, von einer sehr kooperativen Elternschaft und hofft auf umsichtiges Verhalten in den Ferien.
Anders als im vergangenen Jahr sind Reisen in den Weihnachtsferien diesmal ja grundsätzlich möglich. Geimpfte und Genesene müssen nach ihrer Rückkehr nur in Quarantäne, wenn sie aus einem so genannten „Virusvariantengebiet“ wie Südafrika oder Namibia zurückkehren. Österreich, die Schweiz oder auch die Niederlande oder Belgien sind aktuell als „Hochrisikogebiete“ (einzusehen auf der Internetseite des Robert Koch Instituts) eingestuft. Geimpfte und Genesene müssen bei ihrer Rückkehr nach Deutschland eine digitale Einreiseanmeldung ausfüllen, aber nicht in Quarantäne.
Gebauer kündigte Optimierung des Pool-Test-Verfahrens nach den Ferien an
Ungeimpfte Kinder allerdings müssen nach der Rückkehr aus einem Hochrisikogebiet für fünf Tage in häusliche Quarantäne. Ein Test ist anschließend nicht nötig, die Quarantäne endet automatisch. Und sie kann nur in Ausnahmefällen durch einen negativen Test vorzeitig beendet werden: Etwa, wenn die Reise in das Hochrisikogebiet stattgefunden hat, um ein Elternteil oder die Großeltern zu besuchen.
Ministerin Gebauer kündigte als Maßnahme nach den Ferien eine Optimierung des Pool-Test-Verfahrens an. Dann muss jeder Schüler zusätzlich zu der Probe für den Gemeinschaftstest noch eine individuelle Lolli-Probe abgeben. Diese wird nur ausgewertet, wenn der Pool-Test positiv war. Das dann aber direkt, so dass bereits am nächsten Morgen bekannt ist, welche Kinder der Klasse tatsächlich positiv sind. Der Vorteil sei, so Gebauer: „So können alle negativ getesteten Schüler ohne Unterbrechung am Präsenzunterricht teilnehmen, der Tag in Quarantäne bleibt ihnen künftig erspart.“