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Drogen-AufklärungWie spreche ich mit meinem Kind übers Kiffen?

Lesezeit 5 Minuten

Auch Kiffen kann ein Thema bei Jugendlichen sein. Dürfen Eltern dann einfreifen?

„Papa, hast du eigentlich auch mal gekifft?“ Wer diese Frage von seinem Kind gestellt bekommt, gerät oft erst einmal ins Stottern. Wie soll man das nur vernünftig und glaubwürdig beantworten – vor allem wenn die ehrliche Antwort vielleicht lauten würde: „ja, früher schon“. Zu viel Offenheit könnte hier womöglich die falschen Signale senden. Als Erwachsener hat man ja schließlich auch Erziehungsverantwortung. Aber das eigene Kind stattdessen anlügen?

„Was man erzählt, sollte wahr sein“

„Es gibt für diese Situation keine Non-Plus-Ultra-Lösung,“ sagt Jürgen Meisenbach, Diplom-Sozialpädagoge und Drogenberater aus Köln. „Klar ist: Man muss nicht alles erzählen, aber was man erzählt, das sollte wahr sein.“ Um vorbereitet zu sein auf eine solche Unterhaltung, sollten Eltern sich rechtzeitig überlegen, welche Position sie zum Thema Cannabis beziehen wollen. Das fange dabei an, die eigene Haltung oder das mögliche eigene Konsumverhalten bewusst zu reflektieren. Und zu überlegen, wie viel man von den eigenen Erfahrungen berichten wolle.

Drogenberater Jürgen Meisenbach

Was man schließlich antwortet, sollte dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes angemessen sein. Ein 15-Jähriger gehe mit dem Thema schließlich ganz anders um als ein 10-Jähriger. Wenn die eigenen Drogenerfahrungen zur Sprache kämen, so Meisenbach, sei es hilfreich, Erlebnisse einzuorden, zum Beispiel die eigenen Motive zu nennen, warum man gekifft hat oder es bewusst nicht getan hat.

Selbst gekifft – muss ich es dann auch erlauben?

Einige Eltern von heute haben selbst schon Erfahrungen mit Cannabis gemacht. Müssen sie dann dem Kind auch das Kiffen erlauben, um glaubwürdig zu bleiben? „Natürlich nicht. Man kann auch Verbote aussprechen. Als Eltern hat man selbst die Wahl, welche Regeln man für das eigene Kind aufstellt“, so Drogenberater Meisenbach. Und dabei auch immer die besseren Argumente, schließlich gebe es natürlicherweise Verbote, die für Minderjährige gelten.

Einige Eltern von heute haben selbst schon gekifft oder konsumieren regelmäßig.

Eltern könnten also klar sagen: „Ich möchte nicht, dass du kiffst. Du musst nicht die gleichen Erfahrungen machen wie ich. Können wir uns darauf einigen?“ Ganz wichtig sei es, den eigenen Standpunkt deutlich zu machen, betont Meisenbach: „Am allerschlechtesten ist es für Kinder immer, wenn die Eltern sich gar nicht zum Thema positionieren.“ Wenn man allerdings Konsequenzen androhe, sollte man die auch zu Ende denken und sich sicher sein, dass man sie auch durchhalte.

Immer im offenen Dialog mit dem Kind bleiben

„Das Gespräch über Drogen sollte auf jeden Fall niemals Monolog, sondern ein offener Dialog sein, der respektvoll geführt wird“, rät Jürgen Meisenbach. Es sei deshalb gut, zunächst einmal Fragen zurück zu stellen, um herauszufinden, warum das Kind mit dem Thema anfängt. Mehr fragen als sagen ist eine gute Devise: „Warum interessiert dich das? Wie kommst du darauf? Hast du selbst schon probiert? Was möchtest du wissen?“ Manchmal stelle sich dabei heraus, dass Kinder einfach nur neugierig sind und ihr Drogen-Wissen allein aus TV-Serien oder aus dem Unterricht haben, erzählt Jürgen Meisenbach. „Eltern müssen also nicht gleich in Panik verfallen, wenn das Kind mit dem Thema ankommt.“

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Aber natürlich sollten sie über mögliche Gefahren aufklären und darstellen, was passieren könnte: dass manche Konsumenten tatsächlich Angstzustände oder Panikattacken bekommen oder in der Schule abschmieren, weil sie nur noch kiffen. „Statistisch gesehen kriegen 'nur' etwa fünf Prozent der kiffenden Jugendlichen irgendwann ernsthafte Probleme mit dem Cannabis-Konsum oder steigen darüber in härtere Drogen ein“, sagt Meisenbach, „aber Eltern machen sich natürlich immer Sorgen, dass ihr Kind dazugehören könnte.“

Wann sollten Eltern über Drogen aufklären?

Wenn das Kind das Thema Drogen nicht von sich aus anspricht, sollten Eltern auf jeden Fall ein Gespräch suchen. Denn wenn die Pubertät naht, erscheint das Thema automatisch auf der Bildfläche. Und das oft früher als erwartet. Zwar fängt nicht jeder Teenager an, Tabak, Alkohol oder Cannabis zu konsumieren. In Berührung mit dem Thema Suchtmittel kommen aber fast alle irgendwann. So oder so gibt es meist viele Fragen, Unsicherheiten und Ängste auf Seiten von Kind und Eltern.

Und wann wäre der geeignete Zeitpunkt für ein gezieltes Gespräch über das Kiffen? „Das mögliche Einstiegsalter für Cannabis liegt bei etwa 14-15 Jahren“, sagt Jürgen Meisenbach, „aber Eltern müssen das abhängig von der Situation entscheiden, wenn sie etwa merken, dass sich das Kind für das Thema interessiert oder plötzlich einen Hanf-Sticker auf dem Schulordner kleben hat.“

Gut überlegen, welche Meinung man vermittelt

Bei der Überlegung, was man seinen Kindern über das Kiffen erzählt und welche Regeln man aufstellt, sollte man aber immer vorsichtig sein und auch das Umfeld im Blick behalten, warnt Drogenberater Meisenbach. „Auch wenn andere Länder weniger strenge Gesetze haben und Legalisierung und Freigabe diskutiert werden, bleibt Cannabis eine illegale Substanz. Viele haben Angst davor, einige auch traurige Erfahrungen damit gemacht – man sollte immer genau überlegen, wie man sich positioniert.“

Wann sollten Eltern sich Hilfe suchen?

Wenn das Kind schon aktiv konsumiert oder gar ernsthafte Probleme mit Cannabis hat, ist es wichtig, dass Eltern weiter den Dialog suchen und dranbleiben. „Sie sollten dem Kind versichern, dass sie da sind, aber auch klar machen, dass es Grenzen gibt und sie nicht alles mitmachen.“ Helfen kann auch ein Termin bei der Drogenberatungsstelle. Selbst wenn das eigene Kind nicht mitkommt, finden Eltern dort Aufklärung und Unterstützung.

Nützliche Links:

Eine Broschüre zum Thema können sich Eltern beim Präventionsprogramm Cannabis herunterladen

Cannabis: Basisinformation der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)

Drogenberatungsstellen bundesweit

Elternberatung bei Suchtgefährdung