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Für die KinderWenn getrennte Eltern unter einem Dach leben

Lesezeit 4 Minuten

Nach einer Trennung zu kooperieren, schaffen nicht alle Paare. Dabei ist das für die Kinder wichtig.

Es ist schon über zehn Jahre her, dass sich das Ehepaar aus Frankfurt am Main scheiden ließ. Doch die beiden leben immer noch zusammen in einem Haus: Sie mit dem mittlerweile 15-jährigen Sohn in den einst familieneigenen Räumen, er in der Einliegerwohnung. „Das war am Anfang schon schwer“, erzählt sie. „Doch es hat jede Menge Vorteile.“

Die Ärztin hatte schon bald nach der Geburt ihres Sohnes wieder gearbeitet, ihr Mann blieb zu Hause und kümmerte sich vor allem um Kind und Haushalt. Schon nach wenigen Jahren scheiterte die Ehe. Doch da sie beide zwar getrennt, aber weiter in einem Haus lebten, änderte sich vor allem für das Kind im Alltag nur wenig: Papa wohnte nun eben ein Stockwerk tiefer.

Dem anderen sein Leben lassen

„Für eine solche Konstellation muss man sich innerlich schon so weit getrennt haben, dass man den anderen sein Leben leben lässt“, erklärt die Psychotherapeutin Christa Roth-Sackenheim aus Andernach. Respekt und Achtung voreinander sind ein Muss. Einfacher wird es, wenn das Ex-Paar noch gemeinsame Ziele hat, wie die Erziehung des Kindes. Ausgeschlossen ist das weitere Zusammenleben, wenn sich die beiden kaum mehr ertragen können oder gar Gewalt oder Psychoterror im Spiel sind.

Im Jahr 2013 wurden nach Auskunft des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden fast 170.000 Ehen geschieden, bei knapp der Hälfte waren minderjährige Kinder mit im Spiel - insgesamt gab es etwa 136.000 neue Scheidungskinder. Die durchschnittliche Ehe dauerte knapp 15 Jahre. Wie viele geschiedene Elternpaare nach der Trennung weiter unter einem Dach leben, ist unbekannt.

Konstellation als Übergangslösung

„Ich kenne eine solche Konstellation eigentlich nur als Übergangslösung“, erzählt Eva Becker, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht im Deutschen Anwaltverein. „Sie bleiben aus Vernunftsgründen noch einige Monate zusammen, weil noch Fragen zu den Finanzen oder zur Kinderbetreuung geklärt werden müssen.“ Doch auch das funktioniere nur, solange es eine gemeinsame Basis gebe.

Die Rechtsanwältin hat nur einmal erlebt, dass ein Paar nach der Scheidung weiter unter einem Dach wohnen blieb. Die beiden waren allerdings schon älter, die Kinder waren selbstständig, und keiner wollte aus dem schönen Haus ausziehen. Nun lebt sie im Ober- und er im Erdgeschoss. „Für den Mann war das okay, aber die Frau hat sich damit lange schwergetan“, erinnert sich Becker.

Verstand siegte über das Gefühl

Auch bei dem Frankfurter Paar haderte in erster Linie die Frau mit der Situation - vor allem, als ihr Ex eine neue Freundin und sie noch keinen neuen Partner hatte. Doch sie biss die Zähne zusammen, der Verstand siegte über das Gefühl: Wäre er ausgezogen, hätte sie entweder nicht mehr mit ihrem Sohn zusammenleben können oder eine andere Betreuung für den Kleinen suchen müssen.

„Je kleiner die Kinder sind, desto sinnvoller ist es, dass beide Eltern gut erreichbar sind“, erklärt Roth-Sackenheim. Schließlich bleiben die beiden in ihrer gewohnten Funktion als Eltern erhalten. Sie rät, vor allem kleinen Kindern dieses Arrangement möglichst einfach zu erklären: „Papa schläft lieber einen Stock tiefer, aber er ist bei dir.“ Ob es für die Kinder gut ist, wenn Mama und Papa auch nach ihrer Trennung zusammen wohnen, hängt davon ab, wie harmonisch dieses halb gemeinsame Leben verläuft. Wenn alles gut funktioniert, kann aus der einstigen Liebe schließlich sogar eine stabile Freundschaft werden.

Ex-Paar versteht sich mittlerweile sehr gut

So versteht sich das Frankfurter Ex-Paar mittlerweile wieder sehr gut. Sie leben auch zehn Jahre nach der Scheidung fast noch die ursprüngliche Konstellation: Sie fährt täglich in ihre Praxis, er arbeitet von zu Hause aus freiberuflich und kümmert sich um den Sohn. Der Junge hat zu seinen Eltern einen guten Draht. Beide leben als Singles, ihre jeweiligen Beziehungen nach der Scheidung haben nicht gehalten. „So etwas ist auch schwierig. Der neue Partner muss in dieser Konstellation erst mal einen Platz finden“, meint dazu die Psychotherapeutin.

Rechtsanwältin Eva Becker weist noch auf ein ganz anderes Problem hin: Wenn man sich scheiden lassen will, muss man getrennt von Tisch und Bett leben. Das bedeutet unter anderem: kein gemeinsames Essen, jeder erledigt seine eigenen Einkäufe. „Diesen Trennungswillen zu dokumentieren, ist schon schwierig, wenn man noch zusammenlebt.“ Wenn sich beide einig sind, läuft dies zwar meist glatt. Doch will einer dem anderen eins auswischen, müsste er nur angeben, dass sie im Trennungsjahr regelmäßig zusammen gekocht und vor dem Fernseher gesessen hätten - schon würde die Scheidung wackeln.

Becker empfiehlt außerdem, sich so früh wie möglich mit dem Thema Finanzen zu beschäftigen und auch den Versorgungs- sowie den Zugewinnausgleich in Verträgen zu regeln. Das ist vor allem wichtig, wenn einer deutlich mehr als der andere verdient. „Man weiß nie, was passiert.“ (dpa)