Vierfacher Opa„Viele wollen die Enkelkinder mit erziehen – das ist ein Fehler“
Für Kinder sind Oma und Opa oft echte Helden. Manchmal auch ganz schön seltsam. Und häufig die besten Verbündeten der Welt. Die Großeltern wiederum haben ordentlich zu tun, die Kleinen zu betreuen. Und doch ist die Beziehung zu den Enkeln meist eine ganz besondere.
„Opa zu sein ist das Schönste, was man erleben kann“, sagt der vierfache Großvater Dietrich von Horn. In seinem Buch „Oma, Opa, kann ich ein Eis?!“ schreibt er vom großen Glück, Enkelkinder zu haben. Er erzählt kleine Anekdoten aus dem Enkel-Alltag und zeigt dabei, wie skurril, überraschend aber auch anstrengend das Leben als Opa sein kann. Dass der vom Befehlsempfänger über den großen Erklärer bis zum sprechenden Vogel alles sein kann und muss. Dass er viel verwöhnen darf, aber ab und zu auch ein bisschen streng bleiben muss. Ein Gespräch.
Warum sind Sie so gerne Opa?
von Horn: Mit meinen Enkeln kann ich neue Rollen ausprobieren. Ich darf wieder Kind sein, meine schauspielerischen Fähigkeiten und meine Kreativität ausleben. Ich singe wieder Kinderlieder, male Bilder und merke, was ich alles wieder hochholen kann. Das Beste aber ist: Ich beobachte die Kinder in ihrer Entwicklung.
Ich bin da in einer ganz anderen Rolle als die Eltern. Sie müssen noch viele andere Dinge nebenbei erledigen, Kinder laufen dann oft eher so mit. Großeltern dagegen haben Zeit. Aber auch nicht die dauerhafte Verantwortung für das Kind. Sie können es auch wieder abgeben.
Was lernen Sie durch Ihre Enkel täglich über die Welt – und über sich selbst?
von Horn: Ich lerne wieder, spontan zu sein. Und wie man auf Dinge zugeht. Wenn ich zum Beispiel mit meinen Enkeln losziehe, dann dauern kurze Wege oft eine Stunde. Was wir alles sehen und ausgiebig betrachten – vom Käfer bis zur toten Möwe. Man lässt sich im positiven Sinne durchs Leben treiben und bekommt einen Blick für Nebensächlichkeiten. Enkel helfen einem, die Schönheiten und Zufälligkeiten des Lebens wieder neu zu entdecken.
Ich finde es zum Beispiel faszinierend, wie Kinder in Rollenspielen aufgehen. Meine Enkelin hatte einmal Besuch und wollte selbst über ihre Spielsachen bestimmen. Sie traute sich aber nicht, das den anderen Kindern zu sagen. Dann hat sie sich als Pippi Langstrumpf verkleidet, ist wieder aufgetaucht und hat klare Ansagen gemacht. In der neuen Rolle hat sie Selbstsicherheit gefunden. Das fand ich sehr inspirierend.
Wie sieht es mit Erziehungsfragen aus: Haben Sie sich schon dabei ertappt, dass Sie eigene Regeln über den Haufen werfen? Dass Sie nachgiebiger sind als Sie früher waren?
von Horn: Nachgiebiger auf jeden Fall. Aber meine Grundprinzipien verliere ich nicht – etwa bei erpresserischen Sachen, wenn meine Enkel im Supermarkt etwas unbedingt haben wollen. Da stelle ich klar, dass das nicht geht. Wenn sie Konsequenz spüren, dann fügen sie sich ja auch wieder und wenden sich anderen Dingen zu.
Schimpfen Sie auch mal laut?
von Horn: Nein, das mache ich nicht. Das ist nicht meine Rolle. Ich dagegen kriege von meinen Enkeln schon auch mal auf den Deckel, dann heißt es: „Opa, du bist blöd!“ Da reagiere ich aber gar nicht drauf.
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Kleine Kinder sind anstrengend – wie gehen Sie mit der Erschöpfung um?
von Horn: Es ist natürlich manchmal anstrengend. Opa quält sich auch durch manche Dinge. Wenn das Enkelkind „Opa, Arm!“ brüllt, kann das auch mal bitter sein, weil der Rücken das kaum noch mitmacht. Aber ich tue es trotzdem. Und wenn ich erschöpft bin, kann ich ja auch wieder nach Hause gehen. Aber der Drang meine Enkel wiederzusehen ist enorm. Das gibt mir echte Lebensfreude.
Die Eltern haben ja oft andere Erziehungsvorstellungen als die Großeltern – wie löst man so eine Situation?
von Horn: Was wir Omas und Opas den Eltern natürlich voraushaben, ist unsere Erfahrung. Viele Großeltern denken, sie müssten das Kind erziehen. Ich finde aber, man sollte sich nicht in die Erziehung der Eltern einmischen. Und auf keinen Fall deren Regeln unterlaufen. Oder ständig sagen: „Das solltest du aber anders machen!“ Da halte ich mich schön raus, selbst wenn ich eine andere Auffassung habe. Das ist auch gut für das Verhältnis zum eigenen Kind. Wenn mich meine Kinder allerdings bei Erziehungsdingen nach meiner Meinung fragen, bin ich mit Rat und Tat dabei.
Hat die Beziehung zu den Enkeln Ihr Verhältnis zu Ihren Kindern verändert?
von Horn: Die Beziehung ist noch intensiver geworden. Jetzt über die Enkelkinder gibt es wieder einen sinnvollen Bezug, wo wir auch Hilfe leisten können. Gerade weil meine Kinder berufstätig sind. Da sind wir im wahrsten Sinne des Wortes gewünschte Hilfskräfte. Das ist das Schöne. In vielen Familien wird nicht gewollt, dass die Großeltern sich einbringen, das finde ich tragisch.
Was wollen sie anderen Opas und Omas da draußen sagen?
von Horn: Wagt euch ran, es bereichert euer Leben enorm. Es ist das Schönste, was man eigentlich erfahren kann!
Worauf sollten Großeltern achten? Wie klappt's mit den Enkeln – und deren Eltern? Mehr dazu auf der nächsten Seite.
10 Tipps für Großeltern aus dem Buch „Oma, Opa, kann ich ein Eis?!“
Besuche so oft wie möglich deine Enkelkinder. Spiel mit ihnen, widme ihnen Zeit.
Sprich niemals schlecht über andere, erst recht nicht vor den Enkelkindern.
Erzähl deinem Enkelkind nicht ständig, wie süß es ist.
Sage nicht, dass dein Enkelkind zu dünn oder dick ist.
Ignoriere nicht die Grenzen, die die Eltern gesetzt haben.
Halte dich zurück, wenn du in Erziehungsfragen anderer Meinung bist als die Eltern.
Biete deine Hilfe an, aber dränge dich nicht auf.
Mache keine größeren Geschenke ohne Absprache.
Lass deine undurchdachten Sprüche. Überlege, bevor du sprichst, Kinder verstehen keine Ironie.
Mache nichts, was über deine Kräfte geht.
Buchtipp:Dietrich von Horn, „Oma, Opa, kann ich ein Eis?!“, Schwarzkopf&Schwarzkopf, 2017