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Interview„So schaffen wir es, als Eltern ein glückliches Paar zu bleiben“

Lesezeit 9 Minuten
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Anja und Christian Gaca. Gemeinsam haben sie vier Kinder – und nun zusammen ein Buch geschrieben.

Früher schickten wir uns noch Liebesbekundungen, heute nur noch Einkaufszettel – denn wir haben Kinder. Diesen Satz werden viele Eltern unterschreiben können. Im Alltag zwischen Job, Kita und Babybrei fällt oft besonders eines hinten runter: die Partnerschaft.

Wie können wir also Eltern sein und trotzdem ein Liebespaar bleiben? Darüber haben die Berliner Vierfach-Eltern Anja und Christian Gaca nun ein Buch geschrieben: „Von guten Eltern... und glücklichen Paaren. Die Kinderjahre entspannt gemeinsam bewältigen“. Ein Interview.

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Buchcover: „Von guten Eltern... und glücklichen Paaren. Die Kinderjahre entspannt gemeinsam bewältigen“.

Frau Gaca, Sie sind Hebamme, Autorin, Bloggerin und Mutter von vier Kindern. Gibt oder gab es Zeiten, in denen ganz schön wenig Raum für die Beziehung übrig blieb? Und wenn ja – wie haben Sie sich in der dieser Zeit gefühlt?

Ja, natürlich. Auch unser Tag hat ja nur 24 Stunden. Gerade beim ersten Kind haben wir uns mit Hebammenpraxis, Studium und Job gleichzeitig phasenweise ganz schön übernommen. Das fühlte sich nicht gut an und den Stress bekam dann auch der Partner ab. Aber da wir beide eher nicht dazu neigen, allzu lange still vor uns hinzuleiden, kamen die Probleme auf den Tisch. Und es war klar, dass wir hier und da Dinge verändern mussten, damit es sich für alle in der Familie wieder gut anfühlt.

Gibt es solche Phasen denn nicht immer wieder?

Doch, klar. Aber mit jedem Kind mehr sind wir auch ein bisschen besser im Prioritäten setzen geworden. Deshalb kommt es uns jetzt mit vier Kindern wohl fast ein bisschen „einfacher“ vor als damals mit ein oder zwei Kindern.

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Das erste Kind ist für ein Paar eine der größten Veränderungen überhaupt.

Statistiken zufolge scheitern viele Beziehungen innerhalb des ersten Jahres nach der Geburt eines Kindes. Warum ist das so? Sie erleben so etwas ja auch sicher oft als Hebamme…

Als Hebamme darf ich ja Familien in einer Lebensphase begleiten, in der alles im Wandel ist. Es ist immer wieder spannend, die Paare zunächst in der Schwangerschaft zu erleben und dann viele Monate nach der Geburt. Gerade beim ersten Kind bauen sich Eltern oft ein Idealbild auf, das letztlich nicht so mit der Realität hinterher übereinstimmt. So sind Enttäuschungen vorprogrammiert.

Inwiefern?

Es entstehen Ideale, die medial auch noch genährt werden, wenn man sich zum Beispiel die Werbebilder im Kontext Familie anschaut. Oft trauen sich Paare nicht auszusprechen, was sie stört oder was ihnen fehlt. Gerade wir Mütter empfinden es oft als Scheitern, wenn wir erkennen müssen, dass wir doch nicht alles auf einmal hinbekommen. Zumindest nicht so, dass es uns selbst auch noch gut dabei geht.

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Was kann da helfen?

Ohne eine klare Kommunikation wird der Elternalltag wirklich schwierig. Oft ist die Erwartung da, dass der Partner doch sehen müsse, wie es mir gerade geht oder was fehlt. Aber für beide Eltern verschiebt sich die Aufmerksamkeit nach der Geburt. Und so gut wir vielleicht darin sind, die Bedürfnisse des Kindes wahrzunehmen, so schlecht sind wir oft darin, die eigenen Bedürfnisse noch ausreichend wahrzunehmen und zu kommunizieren.

Das geht in der ersten Zeit vermutlich oft unter...

Das erste Jahr mit Baby ist wirklich eine Herausforderung für eine Beziehung. Es zeigt sich letztlich in den anstrengenden Momenten, wie gut die Basis der Partnerschaft ist oder wo es wirkliche Baustellen gibt. Die Psychologin Barbara Reichle sagt sehr passend, dass Paare sich eine Art „Unverwundbarkeitsillusion“ aufbauen, damit sie sich überhaupt trauen, eine Familie zu gründen.

Was heißt das?

Das Elternsein lernt man auf dem Weg – es gibt keine wirklich Vorbereitung, egal wie viele Kurse wir besuchen oder Bücher wir lesen. Die Kurse und die Bücher sind zwar vielleicht trotzdem sinnvoll, weil man eine Idee davon bekommt. Aber wie sich das Elternsein wirklich anfühlt, weiß man erst, wenn man bereits mittendrin ist.

Was halten Sie denn für die größten Herausforderungen für Mütter heute?

Wahrscheinlich ein viel zu hoher Perfektionsanspruch. Der beginnt schon in der Schwangerschaft. Da wird zum Beispiel das Ablehnen mancher Untersuchungen fast schon als fahrlässig dargestellt. Die gesellschaftliche Erwartung ist doch, dass die perfekte Mutter auch das perfekte Kind bekommt.

Dass wir letztlich so viele Dinge trotz aller medizinischen und technischen Möglichkeiten gar nicht in der Hand haben, wird oft vergessen. Einfach „nur“ guter Hoffnung zu sein, wird den Müttern immer schwerer gemacht. Schon in der Schwangerschaft erleben sie, dass andere und nicht sie selbst die Experten für ihr Kind sind.

Und das setzt sich nach der Geburt fort...

Genau, bis über das Wochenbett hinaus sogar. Ganz ehrlich bewirkt der Satz „Du bist eine wunderbare Mutter und machst das gerade ganz großartig“ in der Regel oft wesentlich mehr als jedes Mittelchen in meinem Hebammenkoffer. Stattdessen hagelt es aber oft Kritik von allen Seiten. In keinem anderen Bereich wird man so sehr beobachtet und wird sich so sehr von außen eingemischt. Als Mutter kann man es eigentlich nur falsch machen. Dabei ist gerade Familie mit all den damit verknüpften Entscheidungen etwas höchst Individuelles.

Und für Väter?

Die meisten heutigen Väter haben selbst noch ein ganz anderes Väterbild kennengelernt. Die Rollenverteilung war viel klassischer und gleichzeitig wird heute erwartet, dass sie sich genauso viel einbringen wie die Mutter. Es fehlen aber oft auch Vorbilder zur Orientierung, gerade wenn man vielleicht der erste im Freundeskreis ist, der Vater wird.

Und genau wie die Mütter stehen auch die Väter gesellschaftlich unter Beobachtung. Wer keine Elternzeit nimmt, kümmert sich nicht, so die Denke. Wer zu lange Elternzeit nimmt, ist ein wickelndes Weichei. Und so weiter. Auch die Männer können es nicht wirklich richtig machen. Und dass sie ihre Sache gut machen, bekommen sie auch nur sehr selten zu hören.

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Wie sieht die Zukunft aus – was wird aus der Partnschaft?

Wie und wann kam Ihnen die Idee für Ihr Buch „Von guten Eltern und glücklichen Paaren“?

Genau kann ich das gar nicht mehr sagen und herleiten. Aber das Thema beschäftigt uns ja auf unserem Blog „Von guten Eltern“ schon lange. Und der Verlag sah auf alle Fälle einen Bedarf, weil viele Elternratgeber doch primär das Kind im Fokus haben. „Von guten Eltern und glücklichen Paaren“ war eigentlich nur der Arbeitstitel, aber irgendwann unterwegs merkten wir, dass es gut passt, weil es ja genau darum geht. Es als Eltern irgendwie gut hinzukriegen und auch als Paar glücklich zu sein.

Wie nehmen Sie sich immer wieder Auszeiten füreinander?

Aktuell ist unser jüngstes Kind gerade sieben Monate alt. Das heißt, dass die Abende gerade meistens nicht unsere Paarzeit sind, weil Dauerstillen oder selber Schlafen Priorität haben. Also versuchen wir am Tag, wenn die drei Großen in der Schule und im Kinderladen sind und das Baby im Tragetuch oder Kinderwagen (okay, das eher selten) schläft, gemeinsam spazieren oder einen Kaffee trinken zu gehen. Das klappt gut und regelmäßig.

Was bleibt in der Zeit liegen?

Dafür stapelt sich dann vielleicht die Wäsche etwas mehr oder E-Mails werden etwas später beantwortet. Aber diese Zeit ist wichtig. Denn mit vier Kindern kommt man doch selten dazu, Gespräche in vollständigen Sätzen zu führen, weil immer irgendwer was möchte. Da wir die Babyphase bereits zum vierten Mal erleben, wissen wir auch, dass die Zeit exklusiv zu zweit relativ schnell wieder kommt. Und von der großen Tochter gibt es bereits Angebote zum Babysitten.

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Jeden Abend die gleiche Frage: Wie nur das Riesen-Chaos aus Spielzeug & Co. bekämpfen?

Oft haben Vater und Mutter unterschiedliche Meinungen, wenn es um die Kindererziehung geht. Einer sagt Hü, der andere Hott. Haben Sie einen guten Tipp, wie man auf einen gemeinsamen Nenner kommt?

Reden, reden, reden. Und fast noch wichtiger: zuhören. Auch wenn ich vielleicht selbst anderer Meinung bin, sollte ich mir die Argumente meines Partners anhören. Es gibt ja in der Regel immer einen Grund, weshalb dem einen dies und dem anderen jenes wichtig ist. Wir schicken uns hier auch immer mal interessante Links zu einem Thema zu, über das wir dann sprechen.

Was zählt noch?

Genauso wichtig ist auch der Austausch mit anderen Freunden, die Eltern sind. Das erweitert auch oft den Horizont. Generell hilft es, flexibel zu bleiben und sich selbst immer wieder kritisch zu hinterfragen. Und sich auch manchmal einfach mit dem für Eltern wohl unerlässlichen Humor eingestehen, dass man bisweilen scheitert mit seinen Ideen.

Natürlich ist es schon gut, wenn man die prinzipielle Idee davon teilt, wie man mit seinen Kindern zusammen leben möchte. Aber die Details kann man auf dem Weg finden und immer wieder so anpassen, dass es sich für alle in der Familie stimmig anfühlt.

Sie haben vier gemeinsame Kinder – wie haben Sie sich als Paar in dieser Zeit verändert?

Die Prioritäten haben sich verändert. Die Familie kommt ganz klar vor allen anderen Dingen. Wir arbeiten beide sehr gerne und mit Passion, aber nicht um jeden Preis. Und gemeinsame Zeit ist für uns wertvoller als Geld oder der damit verbundene Konsum. Vor den Kindern hat jeder doch mehr sein Ding gemacht und dann haben wir den Beziehungsalltag entsprechend angepasst.

Zum Beispiel?

Zum Beispiel, als wir aufgrund beruflicher Entscheidungen in verschiedenen Städten lebten. Jetzt wird allerdings einfach mehr gemeinsam entschieden. Das gegenseitige Vertrauen ist auch noch mal definitiv mit der Familiengründung gewachsen. Wir haben gerade in anstrengenden Zeiten gemerkt, dass wir uns wirklich aufeinander verlassen können. Außerdem ist es ziemlich schön, seinen Partner als Vater oder Mutter zu erleben. Und ein bisschen älter geworden sind wir natürlich auch in dieser Zeit.

Wenn ein Elternpaar gerade irgendwie den Draht zueinander verloren hat – wie können Sie ihnen Mut machen?

Wahrzunehmen, dass es gerade so ist, ist schon mal ein erster Schritt, dann auch etwas daran zu verändern können. Die Frage ist nun, warum man sich als Paar so aus den Augen verloren hat. Liegt es daran, dass Babybedürfnisse, Schlafmangel und zeitweilige Überforderung kaum Raum für anderes lassen? Dann sind die Chancen auf gemeinsame bessere Zeiten relativ gut. Denn das Leben mit Kind ändert sich ständig.

So sehr uns dieses kleine Kind vielleicht gerade braucht und beschäftigt, so wird es nicht bleiben. Auch wenn man vielleicht gerade aufgrund der persönlichen Umstände nicht wirklich viel an der Situation ändern kann, sollte man nicht vergessen, miteinander zu reden. Und gemeinsam ein paar Pläne schmieden, was man macht, wenn mal wieder mehr Zeit da ist.

Das Interview erschien ursprünglich auf dem Blog „Stadt Land Mama“.