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Kinder besser schützenUnfallforscher bemängeln die Sicherheit von Lastenrädern

Lesezeit 4 Minuten
Eine Radfahrerin fährt mit einem Lastenfahrrad auf der Straße neben einem Auto.

Lastenräder sind beliebt bei Eltern. Doch mitfahrende Kinder sind oft nicht gut genug geschützt.

Um Kinder zu transportieren, sind Lastenräder eine beliebte Lösung. Die Sicherheit kommt aber oft zu kurz. Worauf sollten Eltern achten?

Ein Mann fährt zügig mit seinem Kind im Lastenfahrrad, da zieht plötzlich ein orangefarbener Wagen von rechts auf die Straße. Der Radler erschrickt, will nach links ausweichen und verliert die Kontrolle: Das schwere Rad stürzt um. Der Mann und das Kleinkind knallen auf den Asphalt.

„Die Folgen wären fatal - beiden könnten schwer verletzt sein“, sagt die Leiterin der Unfallforschung der Versicherer (UDV), Kirstin Zeidler, nach dem Live-Crashtest mit Dummys bei einer Presseveranstaltung in Münster. Das Forschungsinstitut der Versicherungen hat sich in einer mehrjährigen Untersuchung mit Fahrradunfällen mit Kindern befasst - und zwar speziell mit den immer beliebteren Lastenfahrrädern für die Mitnahme von Kindern.

Unterschiedliche Typen von Lastenrädern werden laut einer Online-Umfrage im Rahmen der Studie schon von knapp einem Drittel der Eltern für den Kindertransport genutzt. Die Verkaufszahlen steigen. Es sei künftig mit einem weiter steigenden Anteil der Lastenräder für Kindertransporte zu rechnen, sagte Zeidler. Wegen des vergleichsweise hohen Gewichts seien viele der Räder mit Elektromotor unterwegs und damit relativ schnell und noch schwerer.

Sicherheitsrisiko: Cargo-Bikes „hochgradig kippanfällig“

Vor allem Cargo-Bikes mit zwei Vorderrädern, einem Hinterrad und der Transportbox vor dem Fahrer seien dabei schwer zu fahren und „hochgradig kippanfällig“, sagte Zeidler, am Donnerstag bei der Pressekonferenz in Münster. Bei einem Unfall böten sie den Kindern keinerlei Schutz für Kopf und Oberkörper. Der Kinder-Dummy lag nach dem nachgestellten Unfall mit dem Kopf direkt auf dem Asphalt.

Die Unfallforscherin riet zu schärferen Sicherheitsauflagen - etwa zu stabilen Sitzen mit Kopfschutz statt eines einfachen Sitzbretts, wirksamen Gurten und einer Sicherheitszelle als Aufprallschutz. Eine Neigetechnik für die Lastenfahrräder - wie von manchen Herstellern bereits angeboten - schaffe zusätzliche Stabilität, sagte sie. Beim Kauf sollten Eltern unbedingt auf solche Sicherheitsfeatures achten. Sie sollten den Kindern außerdem konsequent einen Helm aufsetzen. Bisher tragen der Untersuchung zufolge nur rund die Hälfte der Kinder im Lastenfahrrad einen solchen Kopfschutz - wahrscheinlich wegen des trügerischen Sicherheitsgefühls in der Lastenrad-Box, sagte Zeidler.

Mehr Sicherheitsvorkehrungen bei Anhängern und Kindersitzen

Radunfälle mit verletzten Kindern sind bisher eher selten, ihre Zahl steigt aber. 2022 seien laut der polizeilichen Unfallstatistik bundesweit bei 222 Radunfällen mitfahrende Kinder bis sieben Jahre verletzt worden, in zwölf Fällen schwer, sagte der Untersuchungsleiter Matthias Kühn. Der Wert liege um 45 Prozent über dem Wert von 2019.

Die Unfallforscher hatten zum Vergleich auch Fahrradanhänger und Kindersitze auf dem Gepäckträger als Alternative für den Transport von Kindern untersucht. Auch hier gab es Kritik: Kinder-Anhänger seien leicht zu übersehen und stellten sich bei scharfen Bremsungen leicht quer, bemängelte Zeidler. Bei Kindersitzen auf dem Gepäckträger seien die Fallhöhe bei einem Unfall und der hohe Schwerpunkt problematisch. Das Fahrrad werde instabil - etwa beim Ausweichen und Stehenbleiben.

Auch hier sehen die Forscher Verbesserungsbedarf - etwa eine eigene Bremse und eine fest verbaute Beleuchtung für Anhänger. Zudem empfehlen die Expertinnen und Experten stabile Dreibein-Ständer für Fahrräder mit Kindersitz hinten oder eine Verringerung des maximal erlaubten Gewichts für Kinder auf dem hinteren Kindersitz von derzeit 22 auf unter 20 Kilogramm.

Das größte Verbesserungspotenzial sehen die Forscher aber beim Lastenrad. „Lastenfahrräder haben Aufholbedarf - und es gibt bisher kaum Vorgaben“, sagt Zeidler. In der Straßenverkehrsordnung stünden bisher gar keine speziellen Anforderungen für Lastenfahrräder, die einschlägige DIN-Norm schreibt nur einen „geeigneten Sitz für jedes Kind mit Gurtsystem“ vor. Die Regelungslücke muss geschlossen werden, forderte Zeidler. Die Hersteller müssten mitziehen - und die Eltern Helm und Gurt auch nutzen. (dpa)


Drei Tipps zum sicheren Transport mit dem Lastenrad:

Auch im Lastenrad sollte stets ein Helm getragen werden, rät Thomas Geisler vom Pressedienst-Fahrrad. Einerseits aus Sicherheitsgründen, falls es zu einem Unfall komme. Andererseits gewöhnten sich Kinder so an das Helmtragen beim Radeln.

Bei „Mitfahrerhelmen“ sei es wichtig, dass der Hinterkopfbereich des Helms leicht abgeflacht ist, sagt Geisler. Das ermöglicht das korrekte Anlehnen vom Kopf im Sitz. Auch kann der Helm leichter in stabiler Position bleiben, falls das Kind einmal einschläft.

Benutzt man im Lastenrad einen speziellen Aufsatz zum Transport von kleineren Kindern, sollte das Kind bei der Fahrt keinen Helm tragen, so Geisler, da die Nackenmuskulatur noch nicht stark genug ist, um das Gewicht des Helms zu halten. „Aber die Kinder sind aufgrund der sicheren Sitzposition gut genug geschützt und brauchen deshalb auch keinen Helm.“ (dpa)