Für Jugendliche und ElternK.o.-Tropfen – so wirken sie, so schützt man sich davor
Fulda – „Du hast plötzlich geschwitzt. Dir war übel. Du hast gezittert und warst nicht mehr ansprechbar.“ So beschreiben meist Freunde hinterher einen Zustand, an dem man sich selbst nicht erinnern kann. Man weiß nur noch, dass man vielleicht mit Kumpels in einer Bar war und einen Drink bestellt hat. Der Rest: ein einziger Filmriss.
„Man sollte aufmerksam werden, wenn sich das Verhalten einer Person plötzlich ändert und zum Beispiel ihre Stimmung nicht allmählich, sondern plötzlich umschwenkt“, sagt Petra Zahn, Direktorin der Zentralen Notaufnahme am Klinikum Fulda. Sie räumt aber ein, dass in solchen Fällen auch immer andere Ursachen vorliegen können: „Auch Alkohol wirkt als psychotrope Substanz, hat Einfluss auf das zentrale Nervensystem und kann im Vergiftungsfall die gleichen Symptome hervorrufen.“
Betrunken oder K.o.-Tropfen – woran merkt man den Unterschied?
Woran merkt man also, ob eine Person ganz einfach nur betrunken ist oder ob ihr jemand etwas ins Glas gemischt hat? Dass es für einen Laien nahezu unmöglich ist, einen Alkoholrausch von einem Rausch durch K.o.-Tropfen zu unterscheiden, weiß auch Arwen Jäkel, die beim Projekt „mindzone“ des Landescaritasverbandes Bayern arbeitet. Die Sozialpädagogin ist abends in Kneipen und Clubs unterwegs, um junge Erwachsene für einen verantwortungsvollen Umgang mit Suchtmitteln zu sensibilisieren.
Es gibt jedoch Alarmsignale, sagt sie: „Auffällig ist, dass der Rausch bei K.o.-Tropfen schneller und stärker eintritt.“ Wenn eine Person also plötzlich deutlich betrunkener wirkt, ohne dass sie viel mehr getrunken hat, könne das ein Anzeichen sein. „Von K.o.-Tropfen benötigt man lediglich ein paar Tropfen und diese wirken bereits innerhalb weniger Minuten“, erklärt Jäkel.
Wie wirken K.o.-Tropfen?
Wie sie wirken, hänge von der Dosis, der Person selbst und auch dem Umfeld ab: So könnten die Tropfen enthemmend oder euphorisch wirken, aber bei höherer Dosierung auch die motorischen Fähigkeiten einschränken oder Halluzinationen hervorrufen. So oder so: Wichtig sei, die betreffende Person nun auf keinen Fall allein zu lassen.
Wie schützt man sich vor K.o.-Tropfen?
Noch wichtiger ist es aber, sich selbst und auch Personen aus seinem Umfeld dazu zu animieren, auf das eigene Getränk aufzupassen, damit es erst gar nicht zu einer solchen Situation kommt. Denn die Gefahr ist - wie anfangs beschrieben - da.
Der Tipp „Pass gut auf dein Getränk auf“ war der 25-jährigen Kim Eisenmann aus Waldbronn in Baden-Württemberg nach einem Vorfall mit K.o.-Tropfen in ihrem Bekanntenkreis jedoch nicht mehr genug. Das Armband, das sie deswegen gemeinsam mit ihrem Team entwickelte, gibt es heute sogar in Drogerie-Märkten zu kaufen. Man tupft etwas von seinem Getränk auf das Armband und bekommt dann angezeigt, ob es „sauber“ ist oder die betäubende Substanz GHB enthält, eine der am geläufigsten bei K.o.-Tropfen.
Auch wenn es Kritiker gibt, die sagen, dass nicht nur diese Substanz für Verbrechen genutzt werde, sondern auch viele andere, wirken die Armbänder präventiv, indem sie potentielle Täter abschrecken können, erklärt Arwen Jäkel dazu.
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Wie Eltern mit ihren Kindern über das Thema sprechen können
Dass das Thema vielen Eltern Angst macht, kann sie gut verstehen. Dennoch sollte es auf den Tisch kommen: „Durch eine Tabuisierung oder ein striktes Verbot wird meist nur erreicht, dass sich Kinder bei Problemen oder im Notfall nicht melden“, erklärt die 30-Jährige.
Auch Carola Klein vom Beratungszentrum Lara, einer Berliner Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt an Frauen, rät, das Thema K.o.-Tropfen anzuschneiden. „Haben die Jugendlichen schon mal von einem K.o.-Drogen-Delikt gehört? Was wissen oder denken sie selbst darüber? Könnte ihnen das auch passieren?“ - all das sind Fragen, die Klein mit den jugendlichen Kindern klären würde.
Was tun, wenn der Ernstfall eingetreten ist?
Bei einem Ernstfall rät Jäkel Eltern, ruhig und ohne Vorwürfe zu reagieren. Dem stimmt auch Klein zu: „Der Fokus liegt aus unserer Sicht darauf, dass die alleinige Verantwortung beim Täter liegt. Die Opfer sind nicht dafür verantwortlich zu machen.“ Stattdessen sollte schnell entweder das Blut oder der Urin des Opfers getestet werden.
Dem Kind im Ernstfall keine Vorwürfe machen
Denn je nach Substanz ist die Nachweisbarkeitsdauer von K.o.-Tropfen unterschiedlich lang bis kurz, erklärt Prof. Burkhard Madea, Direktor des Instituts für Rechtsmedizin am Universitätsklinikum Bonn. Meist handelt es sich dabei um wenige Stunden. „Sollten Eltern erst später die Vermutung haben, dass ihr Kind Opfer von K.o.-Tropfen geworden ist, ist es gut, Ruhe zu bewahren, keine Vorwürfe zu machen und sie nicht auszufragen oder zu einer Anzeige bei der Polizei zu drängen“, so Klein.
Eltern können beispielsweise Adressen von Beratungsstellen weitergeben oder dem Kind dabei helfen, Wege zu finden, mit dem erlebten Kontrollverlust umzugehen. Damit es aber gar nicht erst so weit kommt, rät Arwen Jäkel, beim Ausgehen beieinander zu bleiben und ein Auge aufeinander zu haben. „Und es gilt die allgemeine Empfehlung, sein Getränk nicht unbeaufsichtigt zu lassen“ sagt Zahn. „Und wenn man ein unsicheres Gefühl hat, sollte man lieber den Raum verlassen“, fügt Klein hinzu. (dpa)