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Kolumne „Der neue Alltag“Ab jetzt dann Theraband statt Brustpresse

Lesezeit 3 Minuten
Fitnessstudio leer

Die Fitnessstudios bleiben in nächster Zeit erstmal leer.

  1. In unserer Kolumne „Der neue Alltag – Leben in den Zeiten von Corona” schreiben Mitglieder der Redaktion über tägliche Erlebnisse.
  2. Joachim Frank hat realisiert, dass Fitnessstudio-Besuche erstmal ausfallen und Maßnahmen ergriffen.
  3. Was passiert mit uns, wenn wir gewohnte Dinge nicht mehr machen können? Verschiedenste Erfahrungen in dieser Ausnahmesituation wollen wir Ihnen in der nächsten Zeit aufschreiben.

Köln – „Ab morgen“, sagt Mara, die immer freundliche Clubleiterin meines Fitness-Studios, „ab morgen sind wir geschlossen. Aufgrund behördlicher Anordnung.“ So formell ist Mara sonst nie. Aber sie lächelt dazu. Wenigstens das ist wie immer. Okay, denke ich, wenn’s nach Mara und ihren Kollegen ginge, bliebe der Laden offen. Das will sie mir mit der „Anordnung“ signalisieren. Okay, sage ich, dann komme ich heute Abend doch noch mal trainieren. Ein letztes Stück Normalität.

Aber natürlich ist es kein normales Training. Ich habe ein Sprayfläschchen mit Desinfektionsmittel dabei. Nein, nicht gehamstert, nicht geklaut! Wer macht denn so was? Ich habe mich einer Literflasche erinnert, sie stand zu Hause ganz hinten im Badezimmerschrank. Und ein eigenes Stück Seife habe ich dabei. Beim vorigen Besuch im Studio war der Seifenspender leer. Lieber vorbeugen, denke ich.

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Diesmal ist genügend Flüssigseife da. Aber sie tropft unentwegt in den Papierkorb darunter. Ich gehe zu Mara an den Tresen: „Kommt ja jetzt vielleicht nicht mehr so drauf an, aber irgendwas stimmt mit dem Seifenspender nicht.“ – „Ich weiß“, antwortet sie, „irgendjemand hat heute wohl versucht, ihn von der Wand zu reißen.“ Wie jetzt, fürchten die Leute inzwischen auch Flüssigseifenversorgungsengpässe?

Bei meinen Übungen halte ich Abstand, besprühe die Geräte und die Hände, nehme mir fest vor, mir ja nicht ins Gesicht zu fassen. Als ich mich an der Nase kratze, werde ich gleich unruhig. Um den keuchenden Bodybuilder an der Brustpresse mache ich einen weiten Bogen, und auf den Hometrainer setze ich mich erst, als die ganze Reihe frei ist.

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In der Umkleide läuft einer von diesen Typen an mir vorbei, die von der Gürtellinie aufwärts auseinandergehen, als hätte man sie aufgepumpt. Er wedelt mit einem Papiertaschentuch und schnieft hinein, als wollte er den Schmalhans neben sich glattweg umpusten. „Hey, Alter, haste Corona?“, schmettert der Spindnachbar des Muskelmanns, lacht schallend und schlägt ihm auf die Schulter.

Ich spüre Wut in mir hochsteigen. Verdammt, muss das denn? Kann dieser Typ nicht …? Ein Mann mit Hipsterbart neben mir schaut mich aus den Augenwinkeln an. Dem ist auch nicht wohl, denke ich, aber ich sage nichts.

Zu Hause höre ich von den Ausgangssperren in Frankreich und in Spanien. Plötzlich kommen sie mir nicht mehr gar so unsinnig vor. Ich schaue nach den Hanteln im Kleiderschrank und bestelle mir einen Satz Therabänder. Am Mittwoch sollen sie kommen. Im Home-Office bin ich schon. Home-Training ist ja vielleicht auch nicht übel.