Köln – Boostern, boostern, boostern. Im Kampf gegen die Corona-Pandemie sind Auffrischungsimpfungen derzeit das Mittel der Wahl. Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt sie seit Donnerstag auch für Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren. Sollten Eltern ihre Kinder nun also boostern lassen? Denn sie gehen nun trotz stetig steigender Corona-Fälle wieder regelmäßig in die Schule, sind zum großen Teil maximal zweifach geimpft.
Nachrichten über den kaum vorhandenen Schutz zweifach Geimpfter vor einer Infektion mit der Omikron-Variante lassen Kinder, Jugendliche und auch Eltern immer unruhiger Richtung Booster schielen. Antikörper, die nach der ersten Impfserie oder nach der Genesung gebildet werden, neutralisieren die Omikron-Mutante kaum. Das hat Professor Florian Klein, Virologe an der Uniklinik Köln, in Zusammenarbeit mit der Berliner Charité herausgefunden.
Stiko spricht sich für Booster bei Kindern und Jugendlichen aus
Die jüngste teilnehmende Person der Studie war allerdings 27 Jahre alt. Die Erkenntnisse gelten also in erster Linie für Erwachsene. Inwiefern lassen sich die Nachrichten dann auf Kinder und Jugendliche übertragen? Wie lange hält der Impfschutz nach der Grundimmunisierung bei ihnen an und inwiefern ist eine Auffrischung nötig? Die Stiko ist bei dieser Frage nun zu einer Antwort gekommen: Seit Donnerstag spricht sie sich generell für die Booster-Impfung von Kindern und Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren aus.
Das Gremium empfehle eine Corona-Auffrischungsimpfung für diese Altersgruppe mit dem mRNA-Impfstoff Comirnaty von Biontech/Pfizer „in der altersentsprechenden Dosierung“ und mindestens drei Monate nach der vorangegangenen Impfung, teilte das Robert Koch-Institut (RKI) mit. Endgültig ist die Empfehlung allerdings noch nicht ganz: Der Beschlussentwurf der Empfehlung muss nun noch in ein sogenanntes Stellungnahmeverfahren mit den Bundesländern und beteiligten Fachkreisen.
Die derzeitige Lage mit den stark ansteigenden Fallzahlen durch die Omikron-Variante mache eine entsprechende Ausweitung der Impfkampagne notwendig, hieß es. Durch eine Auffrischimpfung werde der wenige Monate nach der Grundimmunisierung abnehmende Impfschutz wieder verbessert und auch die Übertragungswahrscheinlichkeit von Corona-Infektionen reduziert.
Dritte Impfung bei Kindern wäre „konsequent“
Jana Schroeder, Virologin und Infektionsepidemiologin vom Institut für Krankenhaushygiene und Mikrobiologie der Stiftung Mathias-Spital, wies im Tagesspiegel darauf hin, dass es in den USA bereits Hinweise auf Impfdurchbrüche bei 12- bis 18-Jährigen gebe. Und bei einigen älteren Jugendlichen in Deutschland sei die Impfung schon über vier Monate her. „Die machen sich natürlich Gedanken und die mache ich mir auch.“ Man könne zumindest nicht sicher davon ausgehen, dass der Schutz aus der ersten Impfserie bei Kindern und Jugendlichen gegen Omikron ausreichend sei.
Epidemiologe Professor Timo Ulrichs befürwortet eine dritte Impfung bei Kindern und Jugendlichen, wie er gegenüber RTL erklärte: „Wenn man schon mal losgelegt hat mit dem Impfen, dann wäre es sicherlich konsequent, dass man dann auch noch die dritte Impfung setzt.“ Dadurch werde ein lang anhaltender Immunschutz auch bei den Kindern erzeugt. „Das kann dann mit dazu beitragen, die epidemiologische Lage zu stabilisieren“, sagte Ulrichs. Allerdings sollte der Abstand zur ersten Impfserie nicht zu kurz sein. „Dann wird dem Immunsystem kein weiterer Reiz geboten“, es nimmt den Booster gemeinsam mit der Grundimmunisierung als einen Reiz wahr. Drei Monate zwischen der zweiten und dritten Impfung findet Ulrichs gut, man könne aber auch noch länger warten.
Kinder-Booster in NRW schon länger möglich
Unter anderem in Nordrhein-Westfalen besteht die Möglichkeit einer Booster-Impfung bei Kindern und Jugendlichen schon länger. Bis zur offiziellen Empfehlung der Stiko passierte dies als soganannter Off-Label-Use, also der Booster-Impfung ohne ausdrückliche Empfehlung. Voraussetzung dafür ist ein aufklärendes Gespräch mit einem sich bereit erklärenden Arzt sowie das Einverständnis der Sorgeberechtigten und natürlich der Kinder und Jugendlichen selbst. In Nordrhein-Westfalen ist dies nach einem Impferlass bereits seit Dezember 2021 auch in den Impfstellen der Kommunen möglich, sie dürfen Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren nach ärztlichem Aufklärungsgespräch boostern.
Schon bevor die Stiko sich für die Booster-Impfung von 12- bis 17-Jährigen ausgesprochen hat, hatte Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) betont, dass eine Stiko-Empfehlung keine Voraussetzung für die Auffrischungsimpfung von Kindern und Jugendlichen sei. So steht es in einem Schreiben, das Lauterbach unter anderem an die Bundesländer und Krankenkassen geschickt hatte. Ebenso betonte er, dass Kinder und Jugendliche grundsätzlich eine Auffrischungsimpfung gegen Covid-19 erhalten könnten. Im Fall eines Impfschadens bestehe ein Versorgungsanspruch, soweit mit einem für diese Personengruppe „grundsätzlich zugelassenen mRNA-Impfstoff“, also einem Vakzin, das die Stiko für die erste Impfserie empfiehlt, geimpft werde. Bislang haben in Deutschland, Stand Donnerstagmorgen, 493.000 12- bis 17-Jährige eine Auffrischungsimpfung erhalten.
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Andere Länder, genauer deren Gesundheitsbehörden, sind bei der Frage nach Auffrischungsimpfungen für Kinder und Jugendliche zu einer schnelleren Antwort gekommen. Bereits Mitte Dezember präsentierte das israelische Gesundheitsministerium Zwischenergebnisse zur Sicherheit der Auffrischungsimpfungen. Zu diesem Zeitpunkt hatten 6346 12- bis 15-Jährige und 248.652 16- bis 19-Jährige ihre Boosterimpfung erhalten, im Abstand von mindestens fünf Monaten zur ersten Impfserie.
Auch die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA haben diese Zahlen dazu veranlasst, Auffrischungsimpfungen per Notfallzulassung nun auch für 12- bis 15-Jährige zu erlauben. Die Behörde sei zu dem Ergebnis gekommen, dass der zusätzliche Schutz vor dem Virus, vor Krankenhausbehandlungen und vor Todesfällen die geringen Risiken der Auffrischungsimpfung deutlich überwiege.
NRW: Keine Testpflicht für Schülerinnen und Schüler bei 2G-Plus
Die Frage nach dem Booster für Kinder und Jugendliche stellt auch wegen der Einhaltung der aktuellen Regeln zum Infektionsschutz. So gilt in Nordrhein-Westfalen nach der neuen Corona-Schutzverordnung die 2G-Plus-Regel „an allen Orten, an denen nicht dauerhaft eine Maske getragen werden kann“, wie Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) erklärte. Dazu zählen zum Beispiel die Gastronomie oder auch der Sport in der Halle. Für Geboosterte entfällt hierbei die Testpflicht, doch wie steht es um Kinder und Jugendliche bei den neuen Regeln?
Hier hat die Landesregierung mit der neuen Corona-Schutzverordnung Klarheit geschaffen. Kinder bis zum Schuleintritt sind „ohne Vornahme eines Coronatests“ getesteten Personen gleichgestellt. Und auch Schülerinnen und Schüler erfüllen automatisch die Bedingungen der 2G-Plus-Regelung. Mit einem negativen Test sind Kinder und Jugendliche im Alter von 15 Jahren oder jünger immunisierten Personen gleichgestellt – aufgrund der verbindlichen Schultestungen gelten sie zudem als getestet. Sie müssen sich also quasi um nichts kümmern, egal, ob 2G oder 2G-Plus. Eine Ausnahme stellten die Ferien dar, in denen Kinder nicht automatisch als getestet gelten.
Das Kinder-Impfzertifikat auf dem Eltern-Handy
Nicht jedes geimpfte Kind hat auch schon ein Smartphone. Eltern müssen in dem Fall aber nicht immer den Impfpass zur Hand haben. Denn die Impfzertifikate von Familienangehörigen lassen sich auch in der eigenen App hinterlegen – natürlich auch das von Oma und Opa, die kein Smartphone besitzen. Den dazu benötigten QR-Code gibt es zum Beispiel in der Apotheke.
Der Corona-Warn-App wurde mit der Version 2.5 ein Zertifikatswallet hinzugefügt, mit der Nutzerinnen und Nutzer auch die Zertifikate weiterer Personen im Haushalt, wie Kinder oder Partner, hinterlegen können. Über „Zertifikate“ und „Zertifikat hinzufügen“ können weitere Nachweise eingepflegt werden. Alle vorhandenen Zertifikate werden nach Personen gruppiert und sind leicht abrufbar.
Auch die App CovPass kann die Zertifikate mehrerer Personen speichern und anzeigen. Hier wird der QR-Code des zusätzlichen Zertifikats ganz normal gescannt, nun kann man zwischen den einzelnen Nachweisen hin- und herblättern.
Schülerinnen und Schüler im Alter von 16 und 17 Jahren haben den Status „immunisiert“, also Geimpften und Genesenen gleichgestellt, nur noch bis zum einschließlich 16. Januar, und zwar „zur eigenen Ausübung sportlicher, musikalischer oder schauspielerischer Aktivitäten“. Danach gelten ungeimpfte und nicht frisch genesene Jugendliche dieses Alters auch als nicht immunisiert, fallen bei der 2G-Kontrolle also durch. Sind sie jedoch immunisiert, müssen auch sie nicht automatisch vor jedem Restaurantbesuch oder Training des Sportvereins zu einer offiziellen Teststation. Geimpfte oder genesene Schülerinnen und Schüler im Alter von 16 und 17 Jahren fallen automatisch unter die 2G-Plus-Regel, da auch sie an den Testungen in der Schule teilnehmen. Sie benötigen, anders als Jüngere, jedoch eine entsprechende Bescheinigung der Schule, die den Testnachweis ersetzt, da nicht alle Jugendliche in diesem Alter automatisch als Schülerinnen und Schüler gelten.
Diese Regelungen verringern zwar die Szenarien, in denen Kinder und Jugendliche einen Test benötigen. Trotzdem gibt es Situationen, in denen auch sie ein negatives Testergebnis vorlegen müssen. Beispielsweise, wenn ältere Jugendliche nicht mehr zur Schule gehen. Oder wenn Veranstaltende dies verlangen. Bei „Sitzungen kommunaler Gremien, Bildungsangeboten, Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit und Sportangeboten für Kinder und Jugendliche“ kann laut Corona-Schutzverordnung auch ein gemeinsamer Selbsttest vor Ort durchgeführt werden. Dieser wird dann durch die verantwortlichen Gruppenleiterinnen und -leiter beaufsichtigt.