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Party statt PampersWenn Männern ihre Freiheit wichtiger ist als die Familie

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Manche Männer entziehen sich, nachdem ein Kind in ihre Welt gekommen ist. Weil ihnen ihre Freiheit wichtiger ist.

Wenn eine Frau schwanger wird, spürt sie die Veränderungen am eigenen Körper. Für Männer ist das anders. Einige freuen sich unheimlich auf den neuen Menschen in ihrem Leben, andere bekommen eher Fluchtgedanken, weil sie sich von der Verantwortung für ein neues Menschenleben erdrückt fühlen. Sie entziehen sich, weil ihnen ihre Freiheit wichtiger ist. Steffi war mit einem solchen Mann zusammen – und hat nach einem Jahr die Reißleine gezogen und sich getrennt.

Steffi, Sie haben lange Jahre mit einem Mann zusammen gelebt, der sich nicht auf die Familie einlassen wollte.

Ja, es begann eigentlich schon während der Schwangerschaft. Das kam für mich überraschend, denn er wollte auch eine Familie gründen. Doch als ich schwanger wurde, begann sein merkwürdiges Verhalten. Er flüchtete. Er war oft unterwegs, machte viel Sport, war Radfahren oder im Fitness-Studio, besuchte seine Freunde. Er hatte auch keinen Spaß daran, Babysachen zu besorgen. Er hielt sich einfach komplett raus, auch finanziell. Er tat einfach so, als müsse man keine Vorbereitungen für ein Baby treffen.

Ging das nach der Geburt so weiter?

Am Tag, an dem ich mit dem Baby aus dem Krankenhaus entlassen wurde, holte er uns zwar ab, aber verbrachte dann den restlichen Nachmittag im Fitness-Center. Ich fand das befremdlich und wenig liebevoll. Ich hatte mir den ersten Tag zu Hause als Familie anders vorgestellt. Aber ich dachte noch, ich wäre wohl zu empfindlich... Vier Wochen lang hatte ich die Hoffnung, dass es gut wird.

Und dann?

Manchmal kümmerte er sich um seinen Sohn, zu mir hielt er aber Abstand. Manchmal malte er unsere Zukunft in den rosigsten Farben aus, versprach dies und jenes – und machte doch nichts. Generell machte er einfach weiter, auf was er Lust hatte, ohne auf mich oder das Kind Rücksicht zu nehmen. Er lebte eigentlich ein Single-Leben und ich war eben jetzt Mutter.

Haben Sie ihn auf sein Verhalten angesprochen?

Ich sprach ihn irgendwann ganz direkt darauf an, ob er das alles überhaupt wirklich will. Ich habe ihm die Wahl gelassen und gesagt, dass ich es auch alleine schaffen würde. Er meinte, dass ich da wohl etwas falsch wahrnehmen bzw. falsch interpretieren würde. Er müsste sich eben erstmal an die neue Situation gewöhnen. Im ersten Jahr nach der Geburt habe ich immer wieder das Gespräch gesucht, aber immer nur vage Antworten bekommen.

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Wenn ER sich so gar nicht an der Familienarbeit beteiligt und alles an IHR hängen bleibt, gibt´s dicke Luft.

Es hat sich für mich immer angefühlt, als ob er das Leben mit uns nur „spielen“ würde, wenn es gerade gut ankommt zum Beispiel in öffentlichen Situationen. Sein echtes, authentisches, wahrhaftiges Leben fand aber ohne uns statt.

Wann dachten Sie ernsthaft an Trennung?

Kurz vor dem ersten Geburtstag meines Sohnes war mir klar, dass ich mich trennen möchte. Ich hatte ein wirklich schreckliches Jahr hinter mir, voller Depressionen und Enttäuschungen und verlorener Hoffnungen. Dank einer Therapie fühlte ich mich aber recht stabil und wusste inzwischen, dass ich nicht hypersensibel bin, sondern dass mein Ex sich einfach nicht gut verhält.

Wie lief das konkret ab?

Eines Abends saß er auf der Couch und jammerte wieder über sein furchtbar schreckliches Leben. Da war das Maß voll und ich sagte, er solle endlich das Leben leben, das er wirklich leben will: ein Leben ohne uns. Ich sagte, dass er aufhören sollte mir was vorzuspielen. Und dann gab er tatsächlich zu, dass er nur noch aus Pflichtgefühl bei mir wäre. Das traf mich hart. Ich möchte nicht, dass jemand nur aus Pflichtgefühl bei mir bleibt. Das ist weder mir noch meinem Sohn gegenüber fair. Also sagte ich, er solle ausziehen. Drei Monate später war es dann soweit.

Wie der Vater reagierte und wie es mit dem Sohn weiterging

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Für das Kind ist nicht so sehr entscheidend, dass es mit beiden Elternteilen gleich viel Zeit verbringt, sondern viel wichtiger ist, dass es mit beiden eine gute Zeit hat.

Wie ging es weiter?

Ich denke, letztendlich waren wir beide „froh“, dass das ein Ende hatte. Das schwierigste war, eine gute Umgangsregelung zu finden. Ich wollte, dass unser Sohn seinen Vater oft und regelmäßig sieht. Unser Sohn war grade mal ein Jahr alt und ich hatte Angst, dass die beiden keine Bindung zueinander haben, wenn sie sich nicht häufig sehen.

Sah der Vater das auch so?

Der meinte, er brauche erstmal vier Wochen Ruhe und dann würde er lieber immer spontan vorbei kommen, so wie er eben Lust hat. Er war unzuverlässig und wollte unverbindlich bleiben. Nach langen nervenaufreibenden Phasen hat sich das eingependelt. Mein Ex hat sich all die Jahre nur im Minimum eingebracht, hat zum Beispiel keinen einzigen Geburtstag mitgefeiert oder irgendeine Pflicht übernommen. Bis heute stehen seine Bedürfnisse an erster Stelle.

Wie war das für Ihren Sohn?

Mein Sohn hat das natürlich gespürt und darunter gelitten. Ich habe diese Zeit emotional als wirklich sehr schwer empfunden. Ich wollte beiden nicht im Wege stehen und habe viel dafür getan, dass die beiden zueinander finden. Ich habe Beratungsstellen aufgesucht (ohne ihn, weil er nicht wollte), nach Lösungen gesucht und mir viel vom Vater gefallen lassen, nur damit mein Kind seinen Vater hat. Ich hab ihm alle Türen zu seinem Kind aufgehalten und er hat es letztendlich nicht wirklich gewollt.

Wie ist das Verhältnis heute?

Unser Verhältnis ist heute recht „neutral“. Ich hab schon lange mit ihm abgeschlossen und mich interessiert nur, wie es zwischen unserem Sohn und ihm läuft. Unser Sohn hat schon ein paar Mal in den letzten Jahren den Kontakt verweigert. Vor 1,5 Jahren hat er nach etlichen Enttäuschungen den Kontakt abgebrochen.

Wie reagierte der Vater darauf?

Er versteht es nicht und will auch nicht hören, woran es liegen könnte. Das tut mir sehr leid für meinen Sohn. Ich habe es mir anders für ihn gewünscht. Allerdings sehe ich auch, dass es meinem Sohn seit dem Kontaktabbruch besser geht. Ich sehe meine Rolle nur noch darin, dass ich den Vater über wichtige Sachen informiere und schicke ab und zu Bilder.

Hatten Sie zwischendurch mal Zweifel, ob es der richtige Schritt war?

Nein! Keine Sekunde. Sein weiteres Leben und Verhalten nach der Beziehung hat mir nur immer wieder bestätigt, dass es genau der richtige Weg war.

Wie war die erste Zeit alleine ohne Ihren Partner?

Die erste Zeit nach der Trennung war hart und befreiend zugleich. Im Vordergrund standen Gefühle wie Wut, Trauer, Enttäuschung und natürlich auch Angst vor dem, was kommt und ob ich das alles schaffen würde. Ich musste mein Leben neu ordnen, finanziell überstehen, wieder anfangen zu arbeiten, mir eine andere Wohnung suchen und neu anfangen. Es war wahnsinnig viel auf einmal und es hat mich enorm viel Energie und Kraft gekostet, aber es war trotzdem genau richtig und authentisch. Kein gespieltes Leben mit falschen Hoffnungen mehr.

Dieser Text erschien ursprünglich im Blog „Stadt Land Mama“.

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