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„Du bist nicht meine Mutter!“So meistern Stiefmütter Stolperfallen im Familienalltag

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Eine Bindung zum Stiefkind lässt sich nicht erzwingen. Es ist ein Prozess. Mit Stolperfallen.

KölnPatchwork-Familien gehören heute zum Alltag. Doch in ihnen zu leben, das ist gerade am Anfang nicht immer leicht. Für die Stiefkinder natürlich, aber auch für die Stiefeltern, die mehr oder weniger plötzlich ein neues Kind in ihr Leben aufnehmen. Dieser Übergang ist nicht nur mit organisatorischen Hürden und lebenspraktischen Entscheidungen, sondern vor allem mit ganz verschiedenen Emotionen verbunden. Schließlich lässt sich eine Bindung zum Kind nicht erzwingen. Es ist ein Prozess. Mit Stolperfallen.

Es wird zu wenig beachtet, was Stiefmütter leisten

Auch Barbara Tóth hat am eigenen Leib erfahren, wie wenig planbar und manchmal schwierig es sein kann, Stiefmutter zu sein. In ihrem klugen Buch „Stiefmütter“ (Residenz Verlag, 2018) rückt sie genau jene in den Fokus und zeigt, welche Herausforderungen mit dieser Rolle einhergehen. Sie sagt: „Moderne Stiefmütter brauchen sehr viel Feingefühl, ein hohes Maß an sozialer Kompetenz, pädagogisches Geschick und Geduld, um im Gefühle- und Beziehungsdickicht einer Patchworkfamilie zurechtzukommen.“ Was sie täglich leisten und wie es ihnen selbst damit geht, darüber werde in der Gesellschaft aber immer noch viel zu wenig geredet.

Natürlich ist jede Patchwork-Familie anders. In ihrem Buch gibt Barbara Tóth aber ein paar wertvolle Tipps, wie man gewisse Situationen darin besser bewältigen kann. Wir haben zehn davon zusammengefasst:

Wie kann ich dem Kind richtig antworten?

„Du hast kein Recht, mir das zu sagen. Du bist nicht meine echte Mama!“ Wie antwortet man nur am besten auf solch eine Frage?

Es gibt leider keine immer passende Muster-Antwort aus dem „Stiefkind-Konversationslexikon“, um auf solch eine Aussage zu reagieren. Man könnte aber sagen: „Ich bin nicht deine echte Mama, aber in unserem Zuhause hier haben wir diese Regeln, und an die wollen wir uns alle halten.“

Was tun, wenn die Eifersucht kommt?

Einen Anlass, eifersüchtig zu sein, gibt es in Patchwork-Familien oft. Die Stiefmutter ist eifersüchtig auf das Stiefkind, weil das mit seinem Papa kuschelt – und nicht mit ihr. Sie ist eifersüchtig auf die Mutter des Stiefkinds, wenn der Vater gut mit ihr auskommt – selbst wenn das wünschenswert ist. Das Kind ist eifersüchtig auf Papas neue Frau.

In diesen Fällen sollte man sich als Erwachsene genau so verhalten, eigene Emotionen zurückstecken und sich lieber bei einer nicht direkt betroffenen Person ausheulen – vielleicht bei einer anderen Stiefmutter, die diese Gefühle gut versteht.

Wie nur mit der Ex umgehen?

Die Ex-Partnerin spielt eine große Rolle im Leben des Kindes, sie ist schließlich die leibliche Mutter. Als Stiefmutter sollte man erst gar nicht versuchen, in Konkurrenz mit ihr zu treten, denn sie ist und bleibt für das Kind die Nummer eins. Im Umgang mit ihr gilt es immer, freundlich und kooperativ zu bleiben und manchmal einfach runterzuschlucken, was einem auf der Zunge liegt. Wenn sich die Ex mit dem Konzept Patchwork schwer tut, sollte man sie besonders umsichtig behandeln.

Selbst wenn die leibliche Mutter abwesend ist, weil sie gestorben ist oder weit weg lebt, sollte die Stiefmutter nicht versuchen, die bessere Mutter zu sein.

Wer bezahlt eigentlich was?

In Patchwork-Haushalten gibt es vieles mehrfach: zwei Wohnsitze, zwei Kinderzimmer, doppelte Geschenke. Das bringt auch besondere Kostenansprüche mit sich, die zwischen mehreren Familienmitgliedern jongliert werden müssen. Nicht selten wird Geld deshalb zum Diskussionspunkt. Patchwork-Eltern sollten deshalb offen über Finanzen reden. Die Erwartungen, die an die Stiefmutter diesbezüglich gestellt werden, sollten auch deutlich besprochen werden.

Was hilft, wenn es mal schwierig wird?

Das Leben als Stiefmutter hält einfach zu viele Situationen parat, die schwierig, irritierend oder verletzend sind. Da kann es einen retten, wenn man mit Humor an die Sache heran geht. Außerdem hilft es, sich klar zu machen, dass viele Probleme, die rund um das Stiefkind und dessen Mutter entstehen, nichts mit einem selbst zu tun haben.

Was tun an Fest- und Wechseltagen?

Statt als Stiefmutter zu versuchen, die Festtraditionen der leiblichen Eltern zu überbieten, sollte man lieber eigene Rituale mit dem Kind erfinden. Auch an den regelmäßigen Wechseltagen, wenn das Kind von der Mama- zur Papafamilie wechselt, helfen Rituale den Kindern beim Übergang – zum Beispiel, dass es dann die Lieblingsspeise des Kindes gibt.

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Wie kann man komplizierte Urlaubsplanungen meistern?

Wer nimmt die Kinder in welchem Jahr im Sommer wann genau? In Patchwork-Familien müssen Urlaube oft weit im Voraus geplant werden – manchmal sogar Jahre vorher. Diese frühe Planung macht das Zusammenleben aber leichter. Gut ist es, wenn man zusätzlich zum Patchwork-Familienurlaub auch noch einen Paarurlaub ohne Kinder machen kann. Rechnen sollte man aber auch immer damit, dass kurzfristige Trips ins Wasser fallen können, weil ein Kind plötzlich krank wird oder der Ex etwas dazwischenkommt.

Wer versteht, wie sich Stiefmütter manchmal fühlen?

Im manchmal schwierigen Patchwork-Alltag hilft es, sich Gleichgesinnte zu suchen, nämlich andere erfahrene Stiefmütter. Sie können die speziellen Herausforderungen mit den Stiefkindern und die Probleme mit den Partnern wohl am allerbesten nachvollziehen, Mut machen und zeigen, dass man nicht allein ist. Diese Gemeinschaft ist besonders wichtig, weil die Rolle der Stiefmutter in der Gesellschaft noch wenig anerkannt, besprochen und gewürdigt wird.

Wie schnell wächst so eine Patchwork-Familie zusammen?

Als Neu-Familie zusammenzuwachsen und die neuen Rollen als Stiefmutter und Stiefkind zu finden, braucht Zeit. Experten sagen, dass es etwa vier bis fünf Jahre braucht, bis sich Routine und Zufriedenheit einstellen. Deshalb sollte man es nicht zu überstürzt angehen, sondern sich lieber in Ruhe an die neue Realität gewöhnen. Gerade wenn man vorher als Single gelebt hat, ist es nicht leicht, sich an das laute, manchmal anstrengende Leben mit Kindern zu gewöhnen. Insgesamt hilft es, Geduld zu haben und nicht zu früh aufzugeben.

Wie viel darf man als Stiefmutter miterziehen?

Als Stiefmutter muss man auch erziehen – und dass oft von heute auf morgen. Regeln aufstellen, Grenzen setzen und durchhalten. Zudem müssen innerhalb der Patchwork-Familie oft verschiedene Erziehungsstile harmonisiert werden. Stiefmütter sollten mit ihren Partnern abklären, welche Regeln gelten und wer sie bestimmen darf. Auch müssen Fragen geklärt werden wie: Was passiert zum Beispiel, wenn das Stiefkind die Stiefmutter beschimpft? Wichtig ist auch, dass die Rolle der Stiefmutter in der Erziehung geklärt wird und der Vater bei Entscheidungen hinter ihr steht.

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Buchtipp: Barbara Tóth, „Stiefmütter – Leben mit Bonuskindern“, Residenz Verlag, 2018