In Sachen LiebeHilfe, ich verliere den Draht zu meiner Enkelin!
- Was gibt es Schöneres und Wichtigeres im Leben als die Liebe? Wie wir sie finden, pflegen und sie uns erhalten; was geschieht, wenn sie vergeht oder wir sie verlieren – darum geht es in unserer PLUS-Kolumne „In Sachen Liebe“.
- Im wöchentlichen Wechsel beantworten die Psychotherapeuten Désirée Beumers, Carolina Gerstenberg und Daniel Wagner sowie die Diplom-Psychologinnen Elisabeth Raffauf und Katharina Grünewald Ihre Fragen rund ums Liebesleben, Sex und Kindererziehung.
- Heute beantwortet Katharina Grünewald die Frage, wie Großeltern mit ihren Teenager-Enkeln verbunden bleiben.
Köln – Ich wohne im gleichen Ort wie meine Tochter und ihre Familie. Meine jetzt 17-jährige Enkelin war von klein auf fast täglich bei mir. Wir hatten eine besondere Verbindung. Seit ungefähr eineinhalb Jahren jedoch kommt sie höchstens noch einmal die Woche zu mir, und es fühlt sich zunehmend wie ein Pflichtbesuch an. Ich vermisse sie sehr, aber sie scheint kein weiteres Interesse mehr an mir zu haben. Ich verstehe ja, dass sie andere Dinge zu tun hat, bin aber so enttäuscht. Was kann ich tun? (Gerda, 79 Jahre alt)
Wie schön, dass Sie so gut mit ihrer Enkelin verbunden sind! Die von Ihnen als Pflicht empfundenen Besuche sind ein Liebesbeweis. Ihre Enkelin ist fast erwachsen und stellt sich ihrer altersentsprechenden Entwicklungsherausforderung. Dazu gehört, dass sie mehr und mehr die alten Strukturen verlässt und sich eigenverantwortlich einen eigenen Weg mit eigenen Maßstäben, Ansprüchen und Leitlinien fürs Leben sucht.
Zeit zur Selbsterkundung
Um selbstbewusst neue Beziehungen einzugehen, muss sie nun erstmal herausfinden, was für sie wichtig ist, was sie braucht und will. Dazu ist es genau richtig, dass sie sich Zeit nimmt zur Selbsterkundung, die mit der Ablösung vom (Groß-)Elternhaus beginnt, und einsteigt in die Phase des jungen Erwachsenseins. Also herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Enkelin, die sich auf den Weg macht!
Nun aber zu Ihnen: Auch wenn Sie Verständnis für die Entwicklungen und Wege ihrer Enkelin haben, ändert das ja erstmal nichts an Ihrer Enttäuschung und Ihrem Alleinsein. Ihre Enkelin war bisher ein großer Halt für Sie und hat sie gut durch den Alltag begleitet. Sehr verständlich, dass Sie sie nun vermissen. Und gleichzeitig ist das genauso richtig. Sie ist nicht verantwortlich für Ihr Wohlergehen und – wie der große US-amerikanische Psychotherapeut Fritz Perls es ausdrücken würde – „nicht auf diese Welt gekommen, um Ihre Erwartungen zu erfüllen“. Auch für Sie bedeutet das jetzt eine weitere, doppelte Entwicklungsaufgabe: Loslassen und Selbstfürsorge.
Verbundenheit nicht in Frage stellen
Leseraufruf
Regelmäßig beantwortet jemand aus unserem „In Sachen Liebe“-Team Ihre Fragen. Schreiben Sie uns, was Sie in der Liebe bewegt; was Ihnen schwerfällt, wo Sie sich einen guten Rat wünschen!
Ihre Zuschriften unterliegen dem Redaktionsgeheimnis und werden von uns in anonymisierter Form zur Beantwortung weitergegeben.
Schicken Sie Ihre Frage an: in-sachen-liebe@dumont.de
Ich würde Ihnen empfehlen, auf Ihre Verbundenheit mit Ihrer Enkelin zu vertrauen und sie nicht in Frage zu stellen. Auch wenn sie sich nun zunächst auf sich konzentriert, heißt das nicht, dass Sie ihr nicht mehr wichtig wären. Im Gegenteil, Sie gehören mit zum Fundament und zur Rückendeckung, mit der Ihre Enkelin nun losziehen kann.
Jetzt wird es allerdings nötig, dass Sie sich um sich kümmern und sich selbst in den Vordergrund stellen. Konzentrieren Sie sich auf Ihre Bedürfnisse und übernehmen dafür selbst die Verantwortung. Was brauchen und wollen Sie? Was ist Ihre Leidenschaft, wozu haben Sie Lust? Und wie können Sie das im Alltag erreichen?
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Sie werden sehen, die Fragen sind vielleicht sogar die gleichen wie die, die Ihre Enkelin für sich beantworten muss. Vielleicht könnten Sie sie einmal fragen, ob sie Lust hat, sich mit Ihnen über Ihre Entwicklungsaufgabe auszutauschen? Hierzu würde ich vorschlagen, dass Sie sich anders als sonst verabreden, auf eine erwachsenere Art und Weise, die eine neue Beziehungsdynamik auf Augenhöhe ermöglichen kann.
Mit der Enkelin neue Wege gehen
Vielleicht treffen Sie sich in einem Café ? Oder Sie gehen spazieren oder chatten per Zoom. So könnten Sie sie beispielsweise fragen: Wie raffe ich mich auf, wen kann ich anrufen, wo kann ich hingehen? Mit Sicherheit hat Ihre Enkelin einige gute Tipps für Sie. Dann besprechen Sie die Situation Ihrer Enkelin: Was sind Ziele im Leben, was der Sinn? Wie geht das mit der Liebe? Bestimmt ist es interessant für Ihre Enkelin, Ihre Geschichten dazu zu hören. So kann Ihre Beziehung sich wandeln, und Ihre Verbundenheit bleibt.