Steve McCurryArmut, Kraft und Leichtigkeit – so sieht Kindheit in aller Welt aus

Libanon, 1982. Kinder spielen an einem alten Flugabwehrgeschütz in Beirut.
Copyright: Steve McCurry
Köln – Jungen springen ausgelassen Salto an einem Strand auf Madagaskar, Kinder sitzen lernend auf dem Boden in einem zerstörten Klassenraum in Kashmir, ein kleiner Junge aus Myanmar posiert stolz im Superheldenkostüm, ein Mädchen erntet Lotusblüten vor dem Tempel Angkor Wat in Kambodscha, Kinder im Libanon klettern auf einer alten Abwehrwaffe herum, in den Straßen Havannas spielt ein Junge Blech-Gitarre, bei der Reisaussaat in Indonesien fällt ein Kind in den Matsch.
Es sind kleine, aber kraftvolle Momente aus dem Alltag von Kindern, die der weltberühmte US-Fotograf Steve McCurry in den letzten 40 Jahren auf seinen Reisen in alle Ecken der Welt eingefangen und nun für seinen neuen Bildband „Stories and Dreams“ zusammengestellt hat.

Myanmar, 2011. Ein Junge lässt seine Muskeln spielen im Marmorschnitzbezirk von Mandalay.
Copyright: Steve McCurry
Beim Spielen, Lernen oder Herumstreifen, in der Familie, alleine oder unter Gleichaltrigen – die Situationen, in denen McCurry die Kinder fotografiert hat, sind vielfältig. Genau wie ihre Lebensumstände.
Buchtipp

Steve McCurry, Stories and Dreams – Portraits of Childhood, Laurence King Verlag, 2021
Copyright: Laurence King Verlag/Steve McCurry
In vielen der eindrucksvollen Fotografien, besonders in den Porträtaufnahmen, ist die Not und Armut der Kinder und ihrer Familien zu sehen. Vor allem aber zu spüren. Da ist das Mädchen aus Java, das vor seinem überfluteten Haus bis zur Hüfte im Wasser steht, da ist der vierzehnjährige Junge, der schwer bewaffnet an einem Checkpoint in Afghanistan Wache schiebt, da sind die beiden kleinen Nomaden-Kinder in ihrem Zelt in Tibet. Von diesen Bildern geht wahnsinnig viel Kraft aus. Die eindringlichen, aber sichtlich gezeichneten und leeren Blicke der Kinder lassen einen nur schwer wieder los – ähnlich wie Steve McCurrys wohl bekanntestes Foto eines Flüchtlingsmädchens mit grünen Augen aus Afghanistan, für das er viele Preise gewann.
Auch viele der belebteren Fotomotive in diesem Bildband erzählen von einem einfachen Leben oder gar Armut und Krieg, aber sie tragen trotzdem eine ansteckende Leichtigkeit und Fröhlichkeit in sich. Weil die Kinder so beherzt, unbeirrt und unschuldig ihren Spielen nachgehen und im Moment sind, wie es eben nur Kinder können. Sie wandeln Abfall zu Spielzeug um und lassen ihrer Fantasie freien Lauf, sie haben Spaß mit Tieren, sie rennen, planschen und werkeln. Selbst in einem Umfeld der Entbehrung und Bitterkeit. Die Szenerie wird durch die Energie der Kinder sogar ein wenig ausgeblendet. Im Vordergrund stehen die jungen Menschen, deren Bewegung und Gesichtsausdruck auf einmal ganz universal erscheinen, als könnte diese Szene überall auf der Welt ähnlich passieren.
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Morondava, Madagaskar, 2019. Jungen spielen am Strand Belo sur Mer.
Copyright: Steve McCurry
Beim längeren Betrachten der Bilder stellt sich zugleich Betroffenheit, aber auch eine aufrichtige Freude und Hoffnung ein. Weil es so schön ist, wie unerschütterlich die Kinder scheinen, wie sie überall etwas Positives finden, wie lebendig, natürlich und begeisterungsfähig sie geblieben sind. „Trotz des Elends, in das viele Kinder hineingeboren werden“, schreibt auch Steve McCurry, „haben sie immer noch die Fähigkeit zu spielen, lächeln, lachen und kleine Glücksmomente zu teilen.“ Er habe große Hochachtung vor ihrer Energie, Neugier und ihrem Potential. „Es besteht immer die Möglichkeit, dass ein Kind aufwächst und die Welt verändert."

Mizoram, Indien, 2006. Kinder rennen über eine Hängebrücke.
Copyright: Steve McCurry
Gerade aber weil in vielen der Fotos beides steckt, das Kindliche und das Tragische, rütteln sie umso mehr auf und machen nachdenklich. Sie zeigen, unter welchen schwierigen Umständen Kinder überall auf der Welt leben müssen. Und tragen in sich auch die Botschaft, das nicht einfach so hinzunehmen. „Ich hoffe, dass die Bilder in diesem Buch uns allen helfen, uns noch mehr anzustrengen, den Kindern in unseren Gesellschaften und in der Welt Mitgefühl, Respekt und Liebe entgegenzubringen“, sagt Steve McCurry.