Trotz Müdigkeit und ErziehungsstressSo können auch Eltern noch Sex haben
Köln – Constance nennt es Elternsex. Diese dreieinhalb Minuten zwischen Windelnwechseln und Essenkochen, in denen sie realisiert, dass der letzte Sex mit ihrem Mann fast einen Monat her ist und in dem die Kinder kurz abgelenkt sind. Sie sagt:
„Es ist wirklich eine ziemlich romantische Szene. Im Hintergrund läuft Peppa Wutz und du weißt, dass deine Zeit gezählt ist, bis die Werbung einsetzt.“
Constance hat vier Kinder – und immer noch Sex. Die australische Bloggerin („The not so secret life of us“) hat den Erfahrungsbericht zu ihrem Elternsex-Quickie vor einiger Zeit auf der Facebookseite ihres Blogs geteilt – und damit einen Nerv getroffen. Denn viele Mütter und Väter fragen sich: Wie können wir neben der Elternschaft noch Paar bleiben?
Das kann Paaren helfen, die seit der Elternschaft keinen Sex mehr haben
„Viele Paare, die zu mir in die Beratung kommen, sind sich gar nicht bewusst, dass ihre Probleme möglicherweise mit der Elternschaft zu tun haben“, sagt Mathias Miklaw, systemischer Beziehungs- und Sexualberater aus Berlin und bestätigt, dass die Sexualität oft nicht mehr wie vor den Kindern funktioniert. Wenn es im Bett nicht mehr läuft, rät er Paaren, sich gemeinsam über folgende Fragen auszutauschen: Wie lief es vorher? Was fehlt jetzt? Womit hat die Veränderung zu tun? Was tut mir gut?
Ein Tipp, den Miklaw Eltern gern gibt: Sich als Liebespaar zu verabreden, zum Kino, zum Tanzen oder auch zum Sex. „Es ist gut, hierfür einen festen Termin zu vereinbaren, auch wenn man zusammen wohnt.“
Ein Sex-Date hält auch Birgit Querengässer für eine gute Idee. Die Autorin des Buchs „Die feine Art des Vögelns – Ein Handbuch für den modernen Beischlaf“ sagt: „Die Umstände ändern sich nun mal im Laufe einer Beziehung, man fällt jetzt eben nicht mehr bei jeder Gelegenheit spontan übereinander her. Dem kann man nachtrauern oder sich an die aktuelle Situation anpassen. Man muss ja nicht zwingend jedes Mal nackig aufeinander liegen. Hauptsache, man nimmt sich erst mal Zeit füreinander.“
Diese Zeit ist wichtig. „Viele Eltern fühlen sich unfrei, wenn die Kinder da sind, da muss das gemeinsame Liebesleben also organisiert werden“, sagt Miklaw. Ein Wochenende zu zweit kann helfen. Oder erst einmal nur ein Abend.
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Aber was, wenn das Paar auch dann nicht abschalten kann? Wenn die Gedanken bei den Kindern oder beim leeren Kühlschrank oder bei der finanziellen Situation der Familie sind? Querengässer rät: „Versuchen Sie, sich voll auf Ihre Sinne zu konzentrieren, darauf, wie sich jede Berührung anfühlt, wie der Partner riecht, auf die Geräusche, die er macht. Die Augen aufzumachen und sich anzugucken, was hier gerade passiert, kann auch helfen.“
Oft sind die Kinder nicht der einzige Grund
Die Augen offen zu halten für den Partner, das ist wichtig. Denn oft sind die Kinder nicht der einzige Grund für das Einschlafen der Erotik. Bei vielen klaut auch der TV-Konsum wichtige Zeit. Und da ist bei vielen auch noch die Müdigkeit… „Frust entsteht allerdings nur dann, wenn die Bedürfnisse der Partner unterschiedlich sind. Es gibt auch glückliche Paare, die keinen Sex haben, sagt Miklaw. Dafür müssen aber beide damit einverstanden sein.
Kommunikation als Schlüssel
Bevor der Frust zu groß wird, sollten Paare über ihre Bedürfnisse reden. „Eine offene, aber respektvolle Paarkommunikation ohne gegenseitige Schuldzuweisungen ist ganz entscheidend“, sagt Miklaw. Der Körper einer Frau verändert sich nach einer Schwangerschaft. Wenn das Kind da ist, braucht es viel körperliche Nähe. Manche Frauen führen diese Nähe als Grund an, warum sie zeitweise nicht auch noch Nähe zum Partner brauchen können – gerade wenn sie stillen und die Brüste empfindlich sind. Wenn das erstmal ausgesprochen ist, kann dies zwischen den Partnern mehr Verständnis führen.
Und für die Eltern, die gerade akut in die Flaute-Phase sind, gibt es Hoffnung. „Krisen können auch etwas Positives auslösen“, sagt Miklaw. Vielleicht ergreifen sie gerade jetzt, da die Sexualität nicht mehr einfach nebenher läuft, die Chance, darüber nachzudenken und zu sprechen, was sie sich auf dem Gebiet der Erotik eigentlich wünschen. Manches kann gleich, anderes vielleicht erst später – wenn wieder mehr Zeit da ist – genau so ausgelebt werden. „Das kann für beide zu einer Erweiterung des erotischen Spielfelds führen“, sagt Miklaw.
Es ist eine Paarentscheidung
Und selbst wenn sich Paare darauf einigen, vorübergehend keinen Sex mehr zu haben, ist das in Ordnung. Es ist eben ein Teamsport, eine Paarentscheidung, wie man mit oder ohne Sex gemeinsam und zusammen glücklich wird. Aber da immer noch viele Geschwisterkinder geboren werden, hat man zumindest von außen das Gefühl, dass einige Paare das mit dem Sex doch ganz gut hinkriegen. Wie auch immer.