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GleichberechtigtZwei Kleinkinder, zweimal Vollzeit – das klappt dank privatem Schichtdienstmodell

Lesezeit 5 Minuten
Freya und Ilja aus dem Münsterland erzählen von ihrem Kampf um Gleichstellung

Freya und Ilja aus dem Münsterland erzählen von ihrem Kampf um Gleichstellung

Wie gleichberechtigt ist Ihre Beziehung? Das haben wir Paare aus NRW gefragt. Hier gibt es Antworten auf die entscheidenden Fragen nach Job, Familienarbeit und Geld.

Wie ist die Situation?

Freya (34) und ihr Mann Ilja (40) haben zwei Töchter, 2,5 und 4 Jahre alt. Beide Eltern sind Vollzeit berufstätig und haben sich ein Haus gebaut.

Wie kann das gehen?

Für die Eltern ist Home-Office der Schlüssel. Fährt Freya ins Büro und zurück, bedeutet das täglich eine Stunde Fahrt. Das nagt an ihrer Arbeitszeit. Arbeitet sie zu Hause, startet sie um sechs und kann um drei die Kinder abholen.

Wie sieht sein Alltag aus?

Aufstehen um halb sechs. Frühstück vorbereiten. Kinder fertig machen, zum Kindergarten bringen. Arbeitsstart im Homeoffice gegen acht. In der Mittagspause Hausarbeit wie zum Beispiel Staub wischen. Feierabend gegen 18 Uhr. Abendbrot um 18 Uhr. Ein bis zweimal in der Woche danach ins Fitnessstudio. Einschlafen gegen zehn.

Wie sieht ihr Alltag aus?

Aufstehen um halb sechs. Arbeitsstart um sechs im Homeoffice. In der Mittagspause Hausarbeit wie zum Beispiel die Gästetoilette putzen. Feierabend gegen 14.30 Uhr. Kinder von der Kita abholen. Zweimal in der Woche fährt Freya ins Büro, dann baut sie minimal Minusstunden auf, die sie im Homeoffice wieder ausgleicht. Anschließend Haushalt wie Wäsche aufhängen oder Kühlschrank auswischen mit den Kindern. Abendbrot um 18 Uhr. Ein bis zweimal in der Woche danach zum Schwimmen oder ins Fitnessstudio. Zu Bett gehen um 21.30 Uhr.

Wo gibt es Hilfe?

Ihre Mutter übernimmt den Einkauf, „das ist eine große Entlastung“, sagt Freya. Überhaupt böten die Großeltern und eine Schwägerin vor Ort ein Sicherheitsnetz, falls die Kinder mal krank werden. Auch wenn die Kinder zur Musikschule gehen, übernimmt die Oma, die beginnt nämlich schon um halb drei – zu früh für Freyas Feierabend. Freitagnachmittags betreut seit einiger Zeit Oma die Kinder, „dann haben wir ein paar Stunden für uns, das tut uns auch mal gut“, sagt Freya. Außerdem: Die Nachbarn. Die Familie wohnt in einer Neubausackgasse. „Zuletzt ist meine Große mit dem Rad gestürzt. Da musste ich schnell mit ihr ins Haus, um sie zu versorgen. Die Kleine konnte ich guten Gewissens draußen stehen lassen, weil da immer Nachbarn sind, die ein Auge auf die Kinder haben.“

Ich habe nicht Abitur gemacht und studiert, um zu Hause zu sitzen und kein Geld zu verdienen.
Freya, 34 Jahre

War das alles genau so gewollt?

Ja, sagt das Paar. „Ich habe nicht Abitur gemacht und studiert, um zu Hause zu sitzen und kein Geld zu verdienen.“ Das hat Freya ihrem Mann schon relativ früh in der Beziehung mitgeteilt. Für ihn sei das immer selbstverständlich gewesen. „Ich hatte schon als Kind im Kopf, dass ich mal Kinder haben will und denen vom Küchenfenster aus im Garten beim Spielen zusehen möchte. Das hat sich verwirklicht. Ich fühle mich absolut angekommen und bin sehr glücklich über unseren Weg“, sagt sie.

Was ist mit der Hausarbeit?

Wird aufgeteilt. Während der Schwangerschaft erstellte das Paar eine Excel-Tabelle mit genauen Zeiteinheiten. Wie lange dauert es, um den Kühlschrank auszuwischen? Wie viel Zeit muss aufgewendet werden, um den Garten zu wässern oder den Rasen zu mähen? Dann wurde gerecht aufgeteilt. Er war viel für Arbeiten am Neubau zuständig sowie für den Garten. Zusätzlich kümmert er sich um den Müll sowie das Staubwischen. Sie übernimmt die Arbeiten in der Küche und an der Waschmaschine.

Wie regeln die beiden das mit dem Geld?

Jeder hat ein Konto, beide Gehälter werden aber immer auf ein Haushaltskonto, in Sparpläne sowie an den Kreditgeber umgebucht. „Wir sind komplett transparent und haben alles genau in Tabellen aufgelistet“, sagt sie. Alle Ausgaben würden immer gemeinsam gestemmt. Auch Kleidung, Fitnessstudio, Kosmetik, eine Reise. „Wir geben beide eigentlich nichts unnötig für uns aus.“ Beide bedienen Sparpläne, sollte einer mal deutlich weniger verdienen als der andere, müsste automatisch der andere mehr vom Rentensparplan übernehmen.

Welche Tipps hat das Paar?

Auf jeden Fall ausgiebig über Vorstellungen vom Berufs- und Familienleben zu reden und immer wieder darüber zu diskutieren, wer genau welche Aufgaben übernimmt. „Kommt eine neue Aufgabe hinzu, muss man wieder darüber sprechen. Überhaupt hilft uns: Viel sprechen!“

Ich bin vor allem stolz, wenn ich unsere Kinder ansehe. Sie werden nicht abgeschoben, obwohl wir Vollzeit arbeiten
Freya (34)

Worauf ist das Paar stolz?

„Ich bin vor allem stolz, wenn ich unsere Kinder ansehe. Sie werden nicht abgeschoben, obwohl wir Vollzeit arbeiten. Sie sind komplett in unser Leben integriert und lernen, im Haushalt mitzuhelfen“, sagt sie. Möglich sei das durch ihren ausgeklügelten privaten Schichtdienst. Sie wüssten außerdem, dass Erwachsene Geld verdienen müssten, um eine Wohnung, Essen, das Eis am Wochenende, das neue Spielzeug zu finanzieren.

Worüber kann man sich auch mal ärgern?

Wenn Freya erzählt, dass sie Vollzeit arbeitet, dann reagieren viele mit hochgezogenen Augenbrauen. „Was schon? Trotz der Kinder“, werde sie oft gefragt. „Und dann sage ich: Ja, mein Mann arbeitet ja auch Vollzeit. Den fragt niemand, warum er das denn tue.“

Wann gibt es Streit?

Immer mal wieder. Schließlich seien beide sehr temperamentvoll, sagt sie. Er ist außerdem vorsichtiger, sorgt sich beispielsweise, ob die Kinder auch warm genug angezogen sind. Sie drückt da eher mal ein Auge zu. „Das erste Jahr mit dem zweiten Kind war richtig hart. Da haben wir uns viel angezickt. Aber wir wussten auch: Wir müssen einfach durchhalten, es wird irgendwann besser. Und es wurde dann auch besser.“

Gibt es Wünsche an die Politik oder den Arbeitgeber?

Eine bessere Nachmittagsbetreuung für Schulkinder und besseres Schulessen. „Eine Verwahrstelle reicht da nicht aus“, sagt Freya. Wenn die Kinder in die Schule kommen, erwägt sie deshalb, ihre Arbeitszeit doch zu reduzieren. Entscheidend ist für die Familie die Flexibilität beim Arbeiten. „Wenn hier alle krank sind, kann ich auch mal jeden Tag zu Hause arbeiten. Dafür bin ich meinem Chef sehr dankbar.“