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Hoden, Testosteron, ProstataIn welchem Alter Männer unbedingt zum Urologen müssen

Lesezeit 6 Minuten
Mann beim Urologen Getty Images

Viele Männer sind Vorsorgemuffel und scheuen den Gang zum Urologen.

Köln – Frauen gehen zum Frauenarzt, Männer gehen zum Männerarzt. Das klingt eigentlich sehr logisch. Zahlen von Krankenkassen zeigen allerdings, dass es hier immer noch ein Ungleichgewicht gibt. Während über 50 Prozent der Frauen regelmäßig zur Vorsorge gehen (und das meist schon mit Einsetzen der Menstruation), tun das lediglich 22,1 Prozent der Männer. Positiv formuliert könnte man sagen: Das sind immerhin mehr als die 11,1 Prozent, die es noch Anfang der 1990er Jahre waren. Negativ formuliert muss man sagen: Dass Männer so selten zum Urologen gehen, ist hochgefährlich.

Eigentlich sollten Männer mindestens genauso regelmäßig zu ihrem „Männerarzt“ gehen. Denn in Studien zur gesundheitlichen Verfassung von Männern und Frauen schneiden die Herren in der Regel schlechter ab. Frauen haben eine höhere Lebenserwartung als Männer, sie trinken weniger Alkohol und rauchen laut einem Bericht des Bundes seltener. Dazu sind Männer häufiger übergewichtiger als Frauen. Ein Lichtblick gibt es für das männliche Geschlecht dennoch: Sie sind sportlich aktiver.

Männer sollten ab 45 Jahren regelmäßig zur Vorsorge

Es mag auch daran liegen, dass Männern erst deutlich später – in der Regel mit 45 Jahren – empfohlen wird, regelmäßig zum Urologen zu gehen. In den Jahren davor ist keine turnusmäßige Untersuchung vorgesehen. Dennoch sollte man ein paar Dinge beachten.

Es ist enorm wichtig, dass man spätestens mit 18 Jahren anfängt, regelmäßig seine Hoden zu untersuchen. „Am besten lässt man sich das einmal von seinem Arzt zeigen“, rät Professor Dr. Frank Sommer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Mann und Gesundheit (DGMG). Gerade in jungen Jahren, zwischen 18 und 35, ist die Wahrscheinlichkeit für Hodenkrebs enorm groß. „Es ist in dieser Altersspanne der häufigste Tumor“, sagt Sommer. Außerdem empfiehlt der Urologe, in den Zwanzigern einmal seinen Testosteronwert untersuchen zu lassen: „Das kann wichtig werden, wenn man später einmal den Wert untersuchen möchte. Dann ist es gut, einen Vergleichswert zu haben.“

Erektionsstörungen sind ein Alarmzeichen

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Mit unserer Serie „Gesund durchs Jahr“ legen wir den Schwerpunkt ganz auf Ihre Gesundheit. Jeden Monat gibt es dazu ein Schwerpunktthema, zu dem jede Woche ein neuer Artikel erscheint. Im Dezember dreht sich alles um das Thema Demenz.

Neben diesen beiden Gründen, einen Urologen aufzusuchen, gibt es aber noch viele weitere Motive. „Auch Jungs haben Fragen, die sie häufig peinlich finden und über die sie mit ihren Eltern nicht sprechen können oder die als Thema in der Schule nicht behandelt werden“, erklärt Urologe Dr. Volker Wittkamp. Ob es Erektionsstörungen oder Probleme beim Toilettengang sind: Auch junge Männer sollten nicht zögern, zum Arzt zu gehen.

Gerade Erektionsstörungen sind ein sehr wichtiges und ernstzunehmendes Symptom. Zum einen erschweren sie ein erfülltes Liebesleben ungemein. Zum anderen zeigen Erektionsprobleme, sofern sie gefäßbedingt sind, dass noch etwas anderes nicht in Ordnung ist. „Das kann ein Anzeichen für künftige Herzerkrankungen sein. Jeder zweite Mann mit Erektionsstörungen erleidet in vier bis acht Jahren einen Schlaganfall oder Herzinfarkt“, erklärt Sommer.

Männer haben Angst vor der Prostatauntersuchung

Ab dem 45. Lebensjahr wird Männern empfohlen, regelmäßig zur Prostatakrebsvorsorge zu gehen. Wenn sie familiär vorbelastet sind, sollten sie das bereits früher tun. Vor der großen „Hafenrundfahrt“ – dem Abtasten der Prostata über den After – haben viele Männer Angst. 43 Prozent fürchten sich laut einer DGMG-Studie davor. „Völlig zu unrecht“, betont Wittkamp. „Je nach Patient kann es noch eine Blutkontrolle geben, um den PSA-Wert zu checken, mit dem man Prostatakrebs ebenfalls früh erkennen kann.“

Und es gilt: je früher man Prostatakrebs erkennt, desto besser sind die Heilungschancen. „Je früher man zum Urologen geht, desto wahrscheinlicher wird Prostatakrebs erkannt – und desto höher sind die Erfolgschancen. Zwar ist Prostatakrebs der häufigste Tumor bei Männern, aber er ist nur am dritthäufigsten die Todesursache. Die Behandlungschancen sind also ziemlich gut“, betont Wittkamp. „Wer nicht zur Vorsorge geht, riskiert, dass die Operationen immer größer und brutaler werden – wenn man überhaupt noch helfen kann“, ergänzt Sommer.

Mehr zum Thema

Bücher

Christoph Pies: „Check-up Mann: Das Praxis-Handbuch zur Männergesundheit“, Herbig Verlag, 256 Seiten

Frank Sommer, Michael Schophaus: „Steh deinen Mann! Die besten Tips für Gesundheit, Glück und Sex“, Kösel Verlag, 176 Seiten

Internetseiten

Urologie für Alle

Bundesverband Prostatakrebs Sterbehilfe

Mann und Gesundheit

Männergesundheit

Youtube

YouTube Kanal der Kölner Urologie am Ring

Tiktok

Für Jüngere oder deren Eltern: Volker Wittkamps Kanal auf TikTok, zusammen mit Gynäkologin Dr. Sheila Liz

Die Empfehlungen zur Vorsorge machen klar, dass es für Männer genauso wichtig ist, sich von Zeit zu Zeit durchchecken zu lassen. Warum machen es dennoch so wenige? „Nahezu alle Männer können genau sagen, wann der nächste TÜV ansteht. Wann ihr eigener Körper mal untersucht werden sollte, wissen aber die wenigsten“, sagt Wittkamp. „Es gibt viele Gründe, warum Männer nicht zum Urologen gehen. Angst, Scham und die Unfähigkeit, Schwächen einzugestehen, gehören in vielen Fällen sicherlich dazu.“

Die DGMG hat dazu eine Umfrage gemacht und Männer gefragt, warum sie so selten zum Arzt gehen. „75 Prozent haben Angst vor langen Wartezeiten, 62 Prozent haben Angst vor einer schlimmen Mitteilung und 24 Prozent haben Angst vor Ansteckungen“, sagt Sommer.

Wie Frauen ihre Männer überzeugen können

Um Männern die Angst vor dem Arztbesuch zu nehmen, rät Sommer dazu, ihnen klarzumachen, dass die Familie sie bei bester Gesundheit braucht: „Frauen sollten nicht mit dem erhobenen Zeigefinger sprechen. Sie sollten auf jeden Fall das Gespräch suchen, aber darauf achten, dass es ein angenehmes, nicht forderndes Gesprächsklima ist.“

Sommer betont, dass Frauen häufig die „Gesundheitsmanager“ der Familie seien – für sich selbst, die Kinder und den Mann. Wittkamp hat in seinem Praxis-Alltag ähnliche Erfahrungen gemacht: „Ich erlebe häufig, dass die Frau als Grund vorgeschoben wird. Getreu dem Motto: ‚Ich mache das jetzt halt mal, dann werde ich nicht mehr genervt.‘ Männer sind generell arztscheuer.“

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Eine Situation gibt es dann aber doch, in der Männer intrinsisch motiviert sind, zur Vorsorge zu gehen, erklärt Sommer. Wenn Männer eine neue, jüngere Frau kennenlernen, dann seien sie viel eher bereit, sich einmal checken zu lassen, um zu schauen, ob man noch ein paar Jahre bei guter Gesundheit vor sich hat.

Aufschreiben, was man den Arzt fragen möchte

Und immerhin nimmt die Zahl der Männer ja zu, die ihre Gesundheit beim Männerarzt regelmäßig kontrollieren lassen – wenn auch sehr langsam und zögerlich. Wenn sie dann zum ersten mal zum Urologen gehen, merkt Wittkamp schon, dass sie „sehr respektvoll“ und manchmal auch „etwas ängstlich“ sind. Das kann er sehr gut verstehen, die Sorge sei aber unbegründet. „Wenn Sie sich vor dem Termin aufschreiben, welche Fragen Sie haben und sich untenrum waschen, ist man bestens vorbereitet.“