Bei FrauenNur jeder fünfte Flirtversuch kommt an
Wenn Lieben eine Kunst ist, ist Flirten eine Wissenschaft. Und zwar eine, von der kaum jemand etwas versteht, zu unterschiedlich sind die verschiedenen Formen des Flirtens: Alphatiere setzen auf einstudierte Anmachsprüche, nicht ganz so Offensive auf ein unverfängliches Gespräch über das Wetter und die Schüchternen belassen es bei gelegentlichen Blickkontakten. Sicher ist jetzt: Der oder die Umworbene merkt meistens nichts davon.
US-Forscher beobachten 104 Singles
Das haben US-Forscher von der University of Kansas in einer umfassenden Studie herausgefunden, die kürzlich im Fachmagazin Communication Research erschienen ist. Das Team um Kommunikationswissenschaftler Jeffrey Hall ließ in einem ersten Versuch 104 Singles, heterosexuelle College-Studenten, in Paaren aufeinander treffen. Männlein und Weiblein saßen zu zweit in einem Raum, um sich für zehn bis zwölf Minuten zu unterhalten. Die Wissenschaftler ließen sie in dem Glauben, es gehe um eine Studie über den ersten Eindruck. Danach sollten die Teilnehmer jeder für sich einen Fragebogen ausfüllen und offenbaren, ob sie geflirtet hatten und ob sie glaubten, dass der Gesprächspartner sie umworben hatte.
Die wenigsten bemerken Flirtversuch
Das ernüchternde Ergebnis: Wenn kein Flirtversuch gestartet wurde, lagen die Probanden bei der Einschätzung in 80 Prozent der Fälle richtig. Wenn das Gegenüber allerdings eine Flirtoffensive gewagt hatte, lagen die meisten daneben. Männer nahmen Schmeicheleien der Frauen in 36 Prozent der Fälle wahr - umgekehrt allerdings merkten Frauen nur in 18 Prozent der Fälle, dass sie umworben wurden.
Frauen nehmen Flirt-Avancen von Männern selten wahr
In einem zweiten Test zeigten die Wissenschaftler 250 Teilnehmern sechs kurze Aufzeichnungen des ersten Versuchs, wobei immer nur eine Person im Bild zu sehen war. Die Probanden sollten einschätzen, ob die Männer und Frauen gerade flirteten oder nicht. Bei den tatsächlichen Flirtversuchen lagen sie in nur 28 Prozent der Fälle richtig. Herrschte in dem Gespräch eine Flirt-Flaute, schätzten sie die Situation dagegen meist richtig ein - nämlich in 66 Prozent der Fälle.
Wieder schnitten die Frauen am schlechtesten ab: Die Avancen von Männern erkannten sie nur in 22 Prozent der vorgespielten Sequenzen. Sowohl Männer als auch Frauen waren besser darin, das kokette Verhalten anderer Frauen einzuschätzen.
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Kokettes Verhalten nur schwer zu erkennen
Fehlen uns angesichts dieser ernüchternden Ergebnisse also die entsprechenden Antennen für Anmachen? Und: Sind Frauen besonders schlecht darin, Avancen von Männern wahrzunehmen?
Balzverhalten ist aus verschiedenen Gründen schwer zu erkennen, wie Wissenschaftler Hall in einer Pressemitteilung der Universität Kansas erklärt: Demnach flirten Menschen in der Regel nicht so offen, schließlich will man sich nicht blamieren. Flirtversuche wirkten zudem oft so, als sei das Gegenüber nur freundlich.
Außerdem sei es ähnlich schwierig, eine Flirtoffensive aufzudecken wie einen Lügner zu entlarven: Man gehe zuerst einmal einfach nicht davon aus, dass andere Menschen mit einem flirten - genausowenig wie wir annehmen, dass andere uns anlügen. Zunächst vermute man, dass die meisten Mitmenschen die Wahrheit sagen und dass die meisten eben auch kein sexuelles Interesse an uns haben. Um sicher zu sein, dass jemand mit uns flirtet, brauchen wir oft die Bestätigung von Dritten, die aber - wie in dem Versuch - nicht immer zur Stelle sind.
Frauen geben sich offener
Und woher kommen die auffallenden Unterschiede zwischen den Geschlechtern? Weder Männer noch Frauen hätten in Bezug auf das andere Geschlecht wohl eine spezielle Intuition, was Flirtversuche angeht, so Hall. Frauen würden sich aber tendenziell offener und transparenter geben als Männer, erklärt der Kommunikationswissenschaftler. „Es scheint so, dass Frauen ein bisschen deutlicher zeigen, ob sie Interesse haben oder nicht.“ Daher also die höhere Trefferquote von Männern.
Grundannahme überdenken
Der US-Forscher empfiehlt, dass wir offen für die Möglichkeit des Flirtens bleiben und unsere Grundannahme „die anderen flirten nicht mit mir“ überdenken, gerade an typischen Flirt-Schauplätzen wie Parties oder Bars. Allerdings räumt Hall ein, dass es in anderen Kontexten, etwa bei der Arbeit oder eben als Proband einer Studie zum ersten Eindruck, schwierig sei, die Intention des Gegenübers auszumachen. Anschaulichstes Beispiel seiner Untersuchung: Eine Frau und ein Mann, die beide miteinander flirteten - die Flirtversuche des anderen aber jeweils nicht bemerkten.