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KrebsdiagnoseWie Blinde helfen, Knoten in der Brust zu erkennen

Lesezeit 3 Minuten
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Eine blinde medizinische Tastuntersucherin tastet die Brust einer Patientin ab. 

Im Jahr 2010 erkrankten bundesweit mehr als 70.000 Frauen an Brustkrebs – Tendenz: steigend. Obwohl heute deutlich weniger Patientinnen an diesem Krebs sterben als vor zehn Jahren, ist er immer noch eine tödliche Krankheit. Um ihn heilend zu behandeln, ist eine frühe Entdeckung entscheidend. Möglich ist das in den jährlichen Vorsorge-Untersuchungen beim Gynäkologen. Doch wer sich an die letze Untersuchung erinnert, weiß: Für das Abtasten der Brust hat ein Frauenarzt in der Regel nicht mehr als drei, vier Minuten Zeit.

Zu wenig Zeit, um Knoten und Geschwüre verlässlich einzuschätzen, wie Frank Hoffmann findet. Vor über zehn Jahren kam dem Gynäkologen aus Duisburg deshalb die Idee, den überdurchschnittlichen Tastsinn Sehbehinderter in der Krebsfrüherkennung einzusetzen. Gedacht, getan: Hoffmann gründete das gemeinnützige Unternehmen „Discovering Hands“, das blinde und schwer sehbehinderte Frauen zur Medizinischen Tastuntersucherin (MTU) ausbildet.

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Frank Hoffmann, Sozialunternehmer und Gründer von „Discovering Hands“ bildet blinde Frauen zu Tastuntersucherinnen aus. 

Studie: Blinde ertasten kleinste Gewebeveränderungen

Im Unterschied zum Praxisalltag tastet eine MTU die Brust ganze 40 Minuten systematisch und ausführlich ab und kann so etwa 50 Prozent mehr und viel kleinere Gewebeveränderungen finden als der Arzt, so das Unternehmen. Das bestätigt auch eine Studie, die in Zusammenarbeit mit der Universität Essen entstanden ist: Die Frauen ertasten bereits Gewebeveränderungen in der Brust, die nur sechs bis acht Millimeter groß sind. Ärzte hingegen ertasten Veränderungen erst ab einer Größe von einem bis zwei Zentimeter.

Die blinden Frauen arbeiten stets unter Verantwortung eines Arztes, so Hoffmann, seien dabei aber weitestgehend autark. Derzeit arbeiten 20 MTUs an 26 Standorten deutschlandweit, teilt das Unternehmen mit. Zwölf der gesetzlichen Krankenkassen und alle privaten Krankenversicherungen übernehmen die Kosten der Tastuntersuchung bereits. Alle Patientinnen können sie auch als IGeL-Leistung in Anspruch nehmen.

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Durch die Klebestreifen können die blinden Frauen genau die Stelle bestimmen, an der ein Knoten ertastet wurde. Ihren Befund teilen sie dann dem Arzt mit, der dann übernimmt.

Ähnliche Pilotprojekte laufen derzeit in Indien und Kolumbien

Dr. Hoffmann erklärt: „Wir wollen unbedingt noch mehr Frauen ermöglichen, dass Brustkrebs bei ihnen schon in einem sehr frühen Stadium erkannt wird.“ Die Idee von „Discovering Hands“ sei nicht nur in Deutschland, sondern weltweit von großer Bedeutung.

Die Idee macht Schule: So startete das Projekt bereits in Österreich. In Indien und Kolumbien liefen derzeit Pilotprojekte, teilt das Sozialunternehmen mit.

MTUs werden wohnortnah „verliehen“

Ziel: 100 Tastuntersucherinnen in den nächsten drei Jahren

Seit dem 1. Juli 2016 stellt das Unternehmen die MTUs selbst ein und „verleiht“ sie per Arbeitnehmerüberlassung wohnortnah an mehrere Gynäkologen. Die beteiligten Praxen können interessierte Patientinnen an ihrem jeweiligen „MTU-Tag“ einbestellen.

Das schaffe auch für die MTUs Planungssicherheit durch einen festen Einsatzplan und eine Festanstellung. Ziel sei es, die Tätigkeit einer MTU noch attraktiver zu machen und mehr Praxen bedienen zu können. In den nächsten drei Jahren möchte das Unternehmen mehr als 100 MTU zu beschäftigen.

Bisher abgeschlossen haben die neunmonatige Qualifizierung zur Medizinischen Tastuntersucherin bisher 26 Frauen, vier weitere stehen kurz vor ihrer Abschlussprüfung. Ab Anfang 2017 sollen bis zu 15 weitere Frauen die Qualifizierung beginnen. Wer sich für die Ausbildung interessiert, kann sich bei „Discovering Hands“ direkt melden. (spe)

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