Manipulation von Corona-TestsWie Schüler falsch positive Ergebnisse forcieren

Corona-Schnelltests lassen sich mit Softdrinks manipulieren.
Copyright: picture alliance/dpa | Sven Hoppe
Köln – Bauch- oder Kopfschmerzen vorzutäuschen, um einen Tag der Schule zu entgehen, ist der Klassiker. Ein bisschen schauspielerisches Talent gehört allerdings dazu. In der Corona-Pandemie sind Schülerinnen und Schüler aber auch noch auf ganz andere Ideen gekommen, um den Unterricht zu schwänzen. So kursieren unter anderem auf der Video-Plattform TikTok Videos, in denen erklärt wird, wie ein Schnelltest positiv wird – ohne, dass man selbst mit Corona infiziert ist. Der Trick: Cola und andere Softdrinks. Besonders effektiv ist das aber nicht.
Softdrinks verändern den ph-Wert der Corona-Schnelltests
Scheinbar genügt es, ein paar Tropfen bestimmter Softdrinks auf die Testkassette zu träufeln. Capri-Sun, früher Capri-Sonne, soll gut funktionieren, aber auch Cola und sogar bestimmte Energy-Drinks. Aber warum ist das so?
Die Schnelltests enthalten bestimmte Eiweiße, an denen wiederum die Eiweiße des Coronavirus andocken sollen. Tun sie das, wird eine chemische Reaktion ausgelöst und es entwickelt sich ein zweiter roter Streifen auf der Testkassette. Genau diese Eiweiße können aber durch Säure zersetzt werden. Deshalb muss die entnommene Probe eines Schnelltests zunächst mit einer Flüssigkeit, dem sogenannten Puffer, vermengt werden.
Das könnte Sie auch interessieren:
Cola oder Fanta haben einen niedrigen ph-Wert, sind also sauer. Sie sind in der Lage, die Eiweiße zu zersetzen, wenn der Puffer fehlt. Geschieht das, entstünden „viele Bindungsstellen für die Farbpartikel im Test, und die Streifen werden sichtbar“, erklärte Christoph Pedain bei ntv. Pedain ist Leiter des Bereichs für patientennahe Diagnostik bei Siemens Healthineers, die auch selbst Corona-Schnelltests herstellen.
Dass sich die Tests durch diese falsche Anwendung manipulieren lassen, ist nicht neu. Ende 2020 verwendete Michael Schnedlitz, Generalsekretär der rechtspopulistischen Partei FPÖ, im österreichischen Parlament bei einem Antigen-Test Cola. Nach seinen Angaben wurde der Test positiv. Schnedlitz wollte mit diesem „Experiment“ eine angebliche Untauglichkeit der Tests beweisen – was natürlich absurd war, schließlich war der Schnelltest falsch durchgeführt worden. Ausgelegt sind sie für den Einsatz bei Menschen, nicht an Softdrinks. Das Bild blieb einigen aber im Kopf.
Studie zeigt: Schnelltests werden durch Softdrinks positiv
Schließlich belegte auch eine seriösere Untersuchung, dass die theoretische Erklärung, warum Schnelltests bei Cola und Co. positiv werden können, auch in der Praxis funktioniert. Forschende der Universität Liverpool veröffentlichten im Sommer 2021 eine noch nicht unabhängig überprüfte Untersuchung, in der sie die Reaktion von Schnelltests auf 14 verschiedene Getränke testeten.
Und siehe da: Ein negatives Ergebnis zeigte der Test lediglich bei Quellwasser mit einem ph-Wert von 6,5 an. Die Softdrinks und Fruchtsäfte, alle mit einem ph-Wert von 5,0, produzierten in zehn Fällen ein positives und in drei Fällen ein ungültiges Ergebnis. Die Forschenden untersuchten ebenfalls vier Süßstoffe, hier zeigten die Schnelltests allesamt ein negatives Resultat an. Auf einen offensichtlichen Zusammenhang zwischen ph-Wert oder Zuckergehalt und dem Ergebnis des Schnelltests wollten sich die Autorinnen und Autoren der Studie allerdings nicht festlegen.
Test-Hersteller weisen indirekt auf das Problem hin
Trotzdem zeigen die Untersuchungen eindeutig, dass sich mit gewissen Getränken ein positives Testergebnis provozieren lässt. Diese falsche Anwendung der Tests ist natürlich nicht Sinn und Zweck der Prozedur. Dass den Herstellern diese chemische Reaktion bekannt ist, zeigt ein Blick in den Beipackzettel der allermeisten Testkits. Im Kleingedruckten steht dort, dass man in einem gewissen Zeitraum vor der Durchführung nichts essen oder trinken soll, auch vom Zähneputzen unmittelbar vor dem Test raten einige Hersteller ab. Gerade bei Tests, die auch eine Probe aus dem Mund entnehmen, könnten saure Reste von Speisen, Getränken oder Zahnpasta mit in den Test gelangen und womöglich ein falsch positives Ergebnis hervorrufen.
Was viele Menschen vermeiden, andere – zum Beispiel einige Schülerinnen und Schüler – provozieren wollen, ist aber nicht von langer Dauer. Denn einem positiven Selbsttest muss laut nordrhein-westfälischer Test- und Quarantäneverordnung ein Schnelltest in einem offiziellen Testzentrum folgen. Mit Cola kommt man dort nicht weit. Die Klassiker Kopf- und Bauchschmerzen sind beständiger.