Die Geburtshilfe wurde jahrelang unterfinanziert. Das geht auf Kosten von Müttern und Kindern. Und muss sich dringend ändern.
Defizite in der GeburtshilfeWarum wir einen Aufschrei mehr denn je brauchen
Kinder? Die kommen schon irgendwie auf die Welt. Die sind doch immer irgendwie auf die Welt gekommen! Dieses altbekannte Mantra scheint in der Gesundheitspolitik nach wie vor vorzuherrschen. Anders lässt sich die heutige Lage in der Geburtshilfe nicht erklären.
Denn es mangelt ja in Köln und anderorts keineswegs an Engagement von Hebammen, Geburtshelferinnen und Geburtshelfern oder Pflegekräften. Menschen, die ihren Beruf mit Leidenschaft ausüben und versuchen, durch persönlichen Einsatz die Defizite in ihrem Fachbereich auszugleichen. Nein, das ganze System krankt seit Jahren an unzureichender Finanzierung und gepflegtem Wegschauen. Wie also konnte es so weit kommen?
Diese Frage stellt sich derzeit nicht nur mit Blick auf die Geburtshilfe, sondern auf die gesamte gesundheitliche Grundversorgung. Weil ja eigentlich überall der Profit über die Menschen gestellt wurde. Nicht umsonst überschlagen sich Bund und Länder mit Reformvorhaben für die Kliniklandschaft und die Pflege. Nur wirken die geplanten Schritte nicht wie die dringend notwendige Großoperation, sondern eher wie ein kleines Pflaster, mit dem jemand versucht, eine klaffende Wunde zu bedecken. Für die Geburtshilfe gilt das ganz besonders.
Erstaunlich ist dabei, dass sich die Expertinnen und Experten innerhalb des Fachbereiches ausgesprochen einig sind, was sich dringend ändern müsste. Niemand zweifelt heute mehr an der Notwendigkeit einer gesicherten 1-zu-1 Betreuung durch eine Hebamme, um nur ein Beispiel zu nennen. Doch all diese theoretischen Überlegungen helfen nicht, wenn der Wille und vor allem das Geld fehlt, sie auch auf den Weg zu bringen.
Aber bei Geburten geht es ja auch nur um Frauen und Kinder. Und Frauen und Kinder haben in diesem Land nun mal keine Lobby. Umso leichter ist es, im Gesundheitssystem auf ihre Kosten zu sparen. Die Verantwortlichen in den Kliniken und Parlamenten profitieren dabei von dem dringenden Wunsch vieler Mütter, ihr Geburtserlebnis positiv zu besetzen. Zu groß ist häufig die Scham, über belastende oder sogar traumatisierende Erlebnisse unter der Geburt zu sprechen. Und welche Frau hat schon in den ersten Wochen, Monaten, vielleicht sogar Jahren nach der Geburt überhaupt die Zeit und die Energie, gegen solche Zustände zu protestieren?
Dabei bräuchte es diesen Aufschrei mehr denn je. Er sollte Gesundheitspolitiker im Mark erschüttern. Denn Minister wie Lauterbach und Laumann können dafür sorgen, dass Frauen mit angemessener Unterstützung gestärkt in ihre Mutterschaft starten und dem Wegschauen in der Geburtshilfe ein Ende bereiten.