AboAbonnieren

Hohes Risiko für starke WelleWer sich jetzt gegen die Grippe impfen lassen sollte

Lesezeit 5 Minuten
Neuer Inhalt

Eine Dosis einer Grippeimpfung liegt in einer Apotheke. 

  1. In unserer Serie „Gesund durchs Jahr” widmen wir uns in jedem Monat einem anderen Themenbereich.
  2. Im Monat Oktober geht es um die Grippe und andere Erkältungskrankheiten.
  3. In dieser Folge erklärt der Kölner Hausarzt Dr. Guido Marx, wer sich in diesem Jahr impfen lassen sollte.

Köln – Im vergangenen Jahr fiel sie einfach aus, die Grippewelle. Zum ersten Mal seit Beginn der Grippeüberwachung im Jahr 1992. Die Gründe dafür waren, da sind sich die Experten einig, einerseits die größere Zahl an Menschen, die sich impfen ließ. Andererseits, und vor allem aber, die Corona-Schutzmaßnahmen mit Masken, Abstand, Lüften, Kontaktbeschränkungen, Homeoffice und Schulschließungen.

„Die Ansteckungswege von Grippe und Covid sind gleich, beide werden durch die Tröpfcheninfektion übertragen“, sagt der Kölner Hausarzt Dr. Guido Marx. Und deswegen schützen die Corona-Maßnahmen im Rückschluss auch vor der Grippe. Doch was bedeutet das für die Grippewelle in dieser Saison? Wie hoch ist das Risiko einer Ansteckung? Und wer sollte sich gegen Grippe impfen lassen?

Wie könnte die Grippe-Saison aussehen?

009_Dr._Guido_Marx (002)

Dr. Guido Marx 

Vielerorts kehrt eine alte Normalität ein: Arbeitnehmer sitzen wieder in den Büros, Schulen und Kitas sind geöffnet, Restaurant- und Kinobesuche möglich. Zudem fallen zum Teil auch die Maskenregeln. Ärztinnen und Ärzte beobachten jetzt schon Nachholeffekte bei Atemwegserkrankungen. Wird es das auch bei der Influenza geben? Fachleute halten das für möglich. „Eine Impfung gegen Grippe ist gerade auch in diesem Winter extrem wichtig, da ein hohes Risiko für eine starke Grippewelle zu erwarten ist“, sagte etwa die Vorsitzende des Hausärzteverbandes in Rheinland-Pfalz, Barbara Römer. Man dürfe nicht vergessen, mahnt der Kölner Arzt Guido Marx: „Nur weil es Corona gibt, sind andere Krankheiten ja nicht verschwunden.“ Deswegen empfiehlt auch er eine Impfung gegen Grippe.

Wer sollte sich impfen lassen?

Generell empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko), wie auch schon vor Corona, die Grippe-Impfung besonders vulnerablen Personengruppen: Menschen ab 60 Jahren, Schwangeren, Vorerkrankten und medizinischem Personal. Und weil man durch die Impfung auch das Risiko einer Ansteckung minimiert, empfehlen Experten sie auch den Mitbewohnern dieser Risikogruppen. Für gesunde Unter-60-Jährige und Kinder gibt es keine explizite Empfehlung – die Stiko rät aber auch nicht davon ab. Guido Marx: „Auch Gruppen, die viel Kontakt zu anderen Menschen haben, sollten sich impfen lassen. Dazu gehören etwa Lehrer und Erzieherinnen, Bahnkontrolleure oder Kassiererinnen.“ Er persönlich plädiert dafür, dass auch jüngere Leute sich impfen lassen, vor allem, wenn sie viel Kontakt zu anderen Menschen haben.

Neuer Inhalt

Mit unserer Serie „Gesund durchs Jahr“ legen wir den Schwerpunkt ganz auf Ihre Gesundheit. Jeden Monat gibt es dazu ein Schwerpunktthema, zu dem jede Woche ein neuer Artikel erscheint. Im Oktober geht es um Erkältungskrankheiten und Grippe.

Wenn die Impfung durch die Stiko empfohlen ist, übernehmen die Krankenkassen die Kosten in aller Regel. Sonst kommt es auf den jeweiligen Versicherer an, ob die Summe in Höhe von rund 30 bis 60 Euro übernommen wird. Viele Firmen bieten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kostenlose Impfungen an.

Wie äußert sich eine Grippe?

„Eine Grippe beginnt schlagartig“, sagt Guido Marx. „Man fühlt sich plötzlich schwer krank mit hohem Fieber.“ Typisch sind Kopf- und Gliederschmerzen sowie trockener Husten. Eine Grippe kann leicht bis unbemerkt vorübergehen, sie kann aber auch eine schwere Lungenentzündung auslösen. „Ich habe schon junge, gesunde Menschen behandelt, die während der Grippe bettlägerig waren“, erzählt Guido Marx. „Generell wird die Grippe unterschätzt.“

Wie verträglich ist die Impfung?

Viele Leute erinnern sich noch gut an die Nebenwirkungen der Corona-Impfung: Kopf- und Gliederschmerzen, Fieber, Schlappheit. Können solche Nebenwirkungen auch durch die Grippe-Impfung auftreten? Ja, auch bei den Influenza-Impfstoffen kann die Einstichstelle schmerzen, gerötet sein und etwas anschwellen. Manche fühlen sich im Anschluss kränklich – mit erhöhter Temperatur, Müdigkeit, Frösteln, Schwitzen, Kopf- und Gliederschmerzen. Solche Beschwerden klingen laut RKI in der Regel nach ein bis zwei Tagen ab. Guido Marx beruhigt: „Die Grippe-Impfung ist sehr gut verträglich.“

Vertragen sich Grippe- und Covid-Impfung?

Ja, sagt Guido Marx. Die beiden Impfstoffe können sogar am selben Tag verimpft werden. „Ich hatte mehrere Patienten, die ihre zweite Covid-Impfung und die Grippe-Impfung gleichzeitig bekommen haben – und keiner hat über Probleme geklagt.“ Zeitlich ist das natürlich ein Luxus. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) weist jedoch darauf hin, dass die Injektionen an unterschiedlichen Gliedmaßen erfolgen sollten – also am rechten und linken Arm zum Beispiel. Außerdem könnten bei einer gleichzeitigen Anwendung häufiger Impfreaktionen auftreten.

Was ist das für ein Impfstoff?

Der Grippe-Impfstoff ist nicht infektiös, er kann keine Grippe auslösen, betont Guido Marx. Die Impfung muss jedes Jahr erneuert werden, da die Grippe-Viren schnell mutieren. „Die Weltgesundheitsorganisation erforscht, welche Grippe-Viren in der kommenden Saison besonders gefährlich sein könnten und stellt auf dieser Basis den Impfstoff zusammen“, erklärt der Kölner Hausarzt. Die Influenza-Impfstoffe deckten vier Virenstämme ab. Weil es dabei keine hundertprozentige Prognosesicherheit geben kann, sind die Impfungen in manchen Jahren weniger wirkungsvoll als in anderen. Doch der Impfschutz hängt auch noch von anderen Faktoren ab, zum Beispiel, wie oft man schon geimpft wurde oder mit Grippe infiziert war und wie gut das Immunsystem ist.

Was gilt speziell für ältere Menschen?

Damit Menschen ab 60 Jahren noch besser vor einer Infektion geschützt sind, empfiehlt die Stiko ihnen seit diesem Jahr die Impfung mit sogenannten Hochdosis-Impfstoffen. Diese unterscheiden sich von den normalen Influenza-Impfstoffen entweder durch bestimmte Wirkverstärker oder eine höhere Menge von enthaltenen Antigenen. Sie haben laut RKI eine leicht höhere Wirksamkeit bei Älteren. Die Schutzimpfungs-Richtlinie, die grob gesagt regelt, welche Impfungen als Kassenleistungen gelten, wurde daran angepasst: Sie sieht bei Menschen ab 60 Jahren einen Hochdosis-Influenza-Impfstoff vor.

Das könnte Sie auch interessieren:

Altersmediziner bewerten die neue Richtlinie positiv. Denn die Älteren seien besonders gefährdet, eine Influenza-Infektion zu entwickeln. Und sie haben im Falle einer Infektion auch eine deutlich höhere Sterblichkeit. Zugleich sinke die Wirksamkeit der Impfung mit zunehmendem Alter. Der Kölner Hausarzt Guido Marx hingegen sieht keinen so großen Unterschied zwischen den Impfstoffen. „Im Endeffekt ist entscheidend, dass man geimpft ist.“

Wann sollte man sich impfen lassen?

Gut terminiert ist die Impfung zwischen Mitte Oktober und Mitte Dezember. Das hat damit zu tun, dass die optimale Schutzwirkung rund zwei Wochen danach beginnt und nach drei Monaten langsam nachlässt. Die Grippewelle rollt meist vor allem zwischen Januar und März. Guido Marx empfiehlt: „So früh wie möglich. Wir wissen ja nicht, wann es losgeht.“ Zudem seien jetzt im Oktober noch nicht so viele andere Infektionen unterwegs – die eine Impfung verhindern könnten. (mit dpa)