HerzinfarktSeltsame Symptome

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Ein junger Patient mit Verdacht auf Herzinfarkt. Es ist ungefähr zehn Uhr morgens und wir fahren mit Blaulicht zum Einsatz. Ich als Begleiter, ein Freund als Notarzt. Als wir ankommen, liegt der Patient auf dem Bett, ist panisch, bleich und atmet schnell. Ungewöhnlich ist eigentlich nur sein Alter: Er ist 18. Trotzdem kann er einen Herzinfarkt haben, die Symptome sind typisch.
Dann aber tut der Kollege etwas Merkwürdiges: Er bittet um eine Plastiktüte und lässt den Patienten in die Tüte atmen. Sie wird dabei vor den Mund gehalten (und ausdrücklich nicht über den Kopf gestülpt!). Der Patient wird schnell ruhiger, die Symptome verschwinden, es geht ihm gut. Offensichtlich kein Herzinfarkt! Auf der Rückfahrt erklärt der Kollege, warum er statt wie beim Infarkt Sauerstoff zu geben den Sauerstoff umgekehrt mit der Tüte reduziert hat. Erstens habe ihn das Alter des Patienten skeptisch gemacht. Zweitens lag auf dem Nachttisch des Mannes ein Brief – konkret: ein Einberufungsbescheid der Bundeswehr. Der Mann hatte keinen Herzinfarkt, sondern eine Panikattacke. Und dabei hatte er hyperventiliert – panisch viel zu schnell geatmet. Das hatte nach kurzer Zeit die beobachteten Symptome hervorgerufen.
Aber, und das ist das Problem, die Unterscheidung zum Infarkt kann schwierig sein. Denn der Herzinfarkt kann sich ganz unterschiedlich zeigen: von Schmerzen über Druck bis hin zur Atemnot. So schreibt die „Ärztezeitung“ kürzlich, dass rund zehn Prozent aller Patienten in der Notaufnahme Symptome zeigen, die auf einen akuten Infarkt hindeuten. Aber nicht alle haben wirklich einen. Die richtige Diagnose ist entscheidend, weil der Herzinfarkt eine von den Krankheiten ist, bei denen man durch die richtige Behandlung Leben retten kann – wenn die Diagnose stimmt. Doch sie ist schwierig, weil etwa typische Veränderungen im EKG erst verspätet sichtbar werden können.
Das Gleiche galt bisher auch für einen spezifischen Test, bei dem ein Zerfallsprodukt von Muskelzellen nachgewiesen wird, das sogenannte Troponin. Moderne Tests machen diese Untersuchung jetzt aber sehr viel rascher. Ein Grund mehr für Patienten und Angehörige, schnell zu reagieren: Bei drückendem Schmerz in der Brust, bei Ausstrahlung der Schmerzen in Arme, Hals, Bauch oder Kiefer: Nicht den Hausarzt rufen, sondern immer sofort den Notarzt: 112! Vor allem wenn der Patient raucht, übergewichtig ist oder unter Diabetes leidet. Auch diese Risikofaktoren machen eine Infarkt-Diagnose wieder wahrscheinlicher.