Gegen das Humane Papillomavirus (HPV) gibt es eine wirksame Impfung für Jungen und Mädchen. Noch wird sie zu wenig genutzt.
GeschlechtskrankheitWarum sich auch Jungen gegen HPV impfen lassen sollten
Es gibt einen zumindest intuitiv erstaunlichen Trend: „Die sexuell übertragbaren Infektionen nehmen in Deutschland zu, und zwar kontinuierlich“, wird Norbert Brockmeyer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für sexuelle Gesundheit, unter anderem in der Ärztezeitung zitiert.
Eigentlich wäre das Gegenteil zu erwarten gewesen: Man liest häufig von enthaltsamen Jugendlichen, von einer Generation mit wenig Sexualität. Vielleicht stimmt dieser Trend trotzdem und es gibt parallel eben auch das Gegenteil. Für die ältere Generation war Sexualität immer auch mit der Angst vor AIDS verknüpft. Diese Angst ist deutlich geringer geworden – auch weil es Behandlungen gibt. Aber es gibt eben auch noch ganz andere Geschlechtskrankheiten: von der Gonorrhoe über Chlamydien bis hin zu Hepatitis B oder C. Und das Humane Papillomavirus – HPV.
Impfung gegen HPV auch für Männer
Dabei gibt es neben der Vorbeugung gerade bei den HP-Viren seit einigen Jahren einen wirksamen Impfschutz. Seit 2007 wird die Impfung in Deutschland für Mädchen empfohlen, seit 2018 auch für Jungen. Die Wirksamkeit ist unter führenden Wissenschaftlern unstrittig.
Von diesem Virus gibt es Niedrigrisikovarianten (etwa HPV 6 und HPV 11), die zum Beispiel Genitalwarzen machen können. Aber es gibt auch die Hochrisikovarianten (etwa HPV 16 und HPV 18), die bösartige Tumore auslösen können. Ausdrücklich auch bei Männern! Die Impfung ist also ausdrücklich nicht nur ein Schutz der Frauen, vor allem vor Gebärmutterhalskrebs, sondern auch der Männer.
Niedrige Impfquoten in Deutschland
Trotzdem sind die Impfquoten gering. 2021 hatten in Deutschland 54 Prozent der Mädchen und 27 Prozent der Jungen bis zu ihrem 15. Lebensjahr eine vollständige HPV-Impfung bekommen, schreibt das Kölner Science Media Center: Nur so wenige, muss man leider sagen. Dass es auch ganz anders geht, zeigt etwa das Beispiel Australien. Dort hoffe man, dass der Gebärmutterhalskrebs durch hohe Impfquoten bald gar nicht mehr vorkomme.
Und auch eine finnische Studie macht Mut: Dort wurde in 33 Gemeinden untersucht, wie sich unterschiedliche Impfmuster auswirken. Tatsächlich wurde in den Gemeinden, in denen Mädchen und Jungen geimpft wurden, eine starke Herdenimmunität festgestellt (in anderen Gemeinden wurden nur Mädchen geimpft, mit einer schwächeren Herdenimmunität).
Die finnische Studie brachte aber noch eine ganz andere, überraschende Erkenntnis: Geimpft wurde gegen die Hochrisikovarianten HPV 16 und HPV 18 (insgesamt gibt es etwa 200 HPV-Varianten). Durch die Impfung wurden diese Hochrisikovarianten zurückgedrängt – wenig überraschend. Dann aber fingen andere Varianten an, deren Platz einzunehmen. Ein Phänomen, das unter dem Namen „immune escape“ in der Medizin bekannt ist: Wenn ein Platz frei wird, findet sich irgendwann ein neuer „Mieter“. Wichtig ist also die regelmäßige Aktualisierung des Impfstoffes – wie auch bei anderen Impfungen.
Die Strategie der Weltgesundheitsorganisation besagt, dass bis 2030 immerhin 90 Prozent der Mädchen bis zum 15. Lebensjahr eine vollständige Impfung bekommen sollen. Ein ambitioniertes Ziel. Aber eines, das sich lohnt.