Kölner Infektiologe im InterviewWie wirksam kann ein Corona-Impfstoff überhaupt sein?
- Neue Studien legen nahe, dass Corona-Infizierte nach ihrer Erkrankung nicht automatisch immun sind.
- Welche Auswirkungen hat das auf die Impfstoff-Entwicklung? Wie wirksam kann ein Corona-Impfstoff überhaupt sein, wenn sich Antikörper nur kurz halten? Und: Was haben die steigenden Kölner Infektionszahlen zu bedeuten?
- Wir haben uns mit dem Kölner Infektiologen Professor Gerd Fätkenheuer unterhalten.
Herr Fätkenheuer, hat sich an Ihrer Hoffnung, ein Impfstoff könne die Pandemie langfristig beenden, etwas verändert?
Nein, erstmal nicht. Was wir haben sind Berichte aus Studien, die einen Antikörperabfall bei Patienten feststellen. Wir wissen aber weder, ob sich diese Ergebnisse bestätigen werden, noch, was sie für die Infektionsanfälligkeit tatsächlich bedeuten. Außerdem haben wir noch keinen Impfstoff – wir können also überhaupt nicht abschätzen, wie stark die Immunität wirkt. Dafür sind verschiedene Faktoren wichtig, nicht nur die angeregte Antikörper-Produktion.
Die neuen Studien beunruhigen sie überhaupt nicht?
Es ist natürlich nicht so, als wäre die Impfstoff-Entwicklung durch die neuen Erkenntnisse leichter geworden. Wenn es erste Impfstoffe gibt, wird man sich natürlich anschauen müssen, inwiefern sie die Antikörper-Produktion ankurbeln können. Ab wann ein Absinken der Antikörper mit einer neuen Infektionsanfälligkeit behaftet ist, ist bislang nicht klar, das hängt ab von den biologischen Reaktionen.
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Aber man muss auch sehen, wie das zelluläre Immunsystem auf einen solchen Impfstoff reagiert – das ist die zweite Seite der Medaille. Hier gehen wir von einer zunehmend wichtigen Rolle aus. Man muss die neuen Entwicklungen hinnehmen, mitdenken – aber sie beunruhigen mich nicht.
Einem britischen Impfstoff, der aktuell entwickelt wird, wurde nun nachgewiesen, dass er die T-Zellen deutlich stärken kann.
Das ist eine gute Nachricht. Wir brauchen dringend auch eine zelluläre Reaktion. Hier sind einige Forschungen auf einem guten Weg – die Meldungen aus Großbritannien machen Hoffnung. Es kann durchaus sein, dass dieser Faktor am Ende für die Wirkung entscheidend sein wird.
Nun werden erste Impfstoffe, die noch klinisch geprüft werden müssen, schon massenweise produziert. Halten Sie das für sinnvoll?
Das geht mit einem hohen finanziellen Risiko für die Produktionsfirmen einher. Aber medizinisch ist es absolut sinnvoll – schließlich könnte ein Impfstoff durch diese Entscheidungen erheblich früher zur Verfügung stehen.
In Köln steigen unterdessen die Corona-Fallzahlen deutlich an. Haben Sie Sorge vor einer zweiten lokalen Welle?
Ich will keine Unruhe und Panik verbreiten. Aber die Infektionszahlen, die sich innerhalb relativ kurzer Zeit verdreifacht haben, gilt es genau zu beobachten. Aktuell sind wir aus meiner Sicht zwar in keiner gefährlichen Lage – das könnte sich aber relativ schnell ändern. Woher die hohen Zahlen kommen, ob von Urlaubsrückkehrern, vereinzelten Ausbrüchen oder neuen Infektionsketten, lässt sich kaum abschätzen. Wir sollten unbedingt wachsam bleiben.