Der Kölner Sportprofessor Ingo Froböse erklärt im Interview, was jeder beachten sollte, der im Winter weiter draußen sportlich unterwegs sein will.
Kölner Sportprofessor Froböse„Meiden Sie Kneipen und Menschenmassen nach Sport im Winter“
Herr Froböse, ab welcher Temperatur kann es gefährlich sein, im Winter draußen Sport zu machen? Ist es ein Alarmsignal, wenn die Lunge anfängt zu brennen beim Joggen?
Wenn die Luft zu kalt ist, reagiert das sensible Organ Lunge. Die kleinen Lungenbläschen bekommen Stress. Allerdings kann es im Rheinland gesundheitlich nicht gefährlich sein, Sport im Freien zu machen, da müssten es schon minus zehn Grad oder kälter sein. Wenn wir also nicht noch einen sibirischen Winter bekommen, gibt es keine Ausrede, sportlich nicht aktiv zu sein. Im Gegenteil: Kälte ist ein wunderbarer Reiz für den Körper, das merken wir ja auch bei Wechselduschen. Es ergeben sich also viele positive Effekte dadurch, den Körper auch mal Wind, Wetter, Sturm und Regen auszusetzen.
Gibt es Sportarten, die man trotzdem besser ins Innere verlagert – zum Beispiel Intervalltraining?
Intervalltraining bedeutet ja, dass man neben moderater Aktivität auch hohe Belastungsspitzen macht. Und das ist draußen im Winter in der Tat problematisch. Denn bei Kälte benötigen wir Anpassung, was die Belastungsintensität betrifft. Wir haben eine Betriebstemperatur von 36,6 Grad, bei körperlicher Betätigung auch schonmal 38 Grad. Damit diese lebensnotwendige Temperatur gewährleistet ist, muss der Körper bei Kälte mehr arbeiten. Darum sollte man bei Minusgraden langsamer laufen als sonst.
Wie wichtig ist die richtige Kleidung bei Draußen-Sport im Winter?
Mir ist wichtig, dass der Kopf warm bleibt, denn die Temperaturregulation findet viel über die Stirn und den Kopf statt. Wir schwitzen auch häufig auf der Stirn, darum ist eine Mütze oder ein Stirnband sinnvoll. Ab sechs Grad und kälter habe ich immer eine Mütze auf. Mein zweiter Tipp: Wenn wir joggen gehen, sollten wir fröstelnd loslaufen. Das ist wichtig, weil sich beim Laufen die Temperatur erhöht, weil mehr Energie produziert wird. Wenn ich zu warm angezogen bin, fange ich schnell übermäßig an zu schwitzen. Um das zu vermeiden, ist es gut, die ersten fünf bis zehn Minuten leicht zu frösteln. Wer nach dem Sport noch mit dem Auto nach Hause muss, aber viel geschwitzt hat, sollte immer ein trockenes T-Shirt und am besten noch ein Handtuch dabei haben, um im Auto nicht zu frieren.
Brauche ich spezielle Winterkleidung?
Nein. Ich trage im Winter die gleiche lange Jogginghose wie im Frühjahr und Herbst auch. Hauptsache, es ist trocken. Es braucht keinen Windchill-Effekt hier und Protection-Dingsbums da.
Was ist mit dem Zwiebel-Prinzip?
Das ist absolut sinnvoll. Auf der Haut trage ich immer ein Funktionsshirt, weil es die Feuchtigkeit vom Körper wegtransportiert und damit trockener hält. Baumwolle ist nicht so gut, weil die sich mit Schweiß vollsaugt. Über das Shirt dann am besten ein atmungsaktives Fleece, damit die Luft nach draußen transportiert wird und die Feuchtigkeit verdampft. Je nach Wind- und Wetterlage geht darüber auch noch eine Thermojacke oder eine Isolations- oder Windshell-Jacke. Aber meistens reichen Funktionsshirt und Fleece-Oberteil völlig aus.
Worauf achten Sie bei Sport im Winter noch?
Ich ziehe Handschuhe an. Meistens ziehe ich die nach 20 Minuten wieder aus, aber bei sportlicher Aktivität verschwindet das Blut von der Körperperipherie oft in die Körpermitte – und dann werden meine Hände kalt. Außerdem habe ich oft Reflexionskleidung an oder achte darauf, dass ich nicht zu dunkel gekleidet bin, selbst wenn ich nur im Wald unterwegs bin. Denn auch da fahren viele Radfahrer oder es sind andere Jogger unterwegs. Manchmal habe ich sogar eine Lampe dabei. Gerade im Winter laufe ich aber lieber auf beleuchteten Flächen, also etwas weniger im Stadtwald, sondern auf der Wiese oder um das Stadion drumherum. Das ist zwar nicht so abwechslungsreich, aber sicherer.
Beim Auto gehen viele von Sommer- auf Winterreifen. Wie ist das bei Laufschuhen?
Wenn feuchte Blätter auf der Straße liegen und es geregnet hat, sollte man schlammtaugliche und vor allem etwas stabilere Schuhe haben. Gutes Schuhwerk ist das Rüstzeug jedes Joggers. Man sollte auf eine vernünftige Sohle achten und die Schuhe imprägnieren. Ich finde es grundsätzlich sinnvoll, zwei Paar Joggingschuhe zu besitzen, damit die feuchten Schuhe vom Vortag richtig trocknen können, wenn ich am nächsten Tag wieder laufen gehe. Die Schuhe halten dann auch deutlich länger.
Wie oft sollte man seine Joggingschuhe wechseln?
Alle 600 bis 800 Kilometer. Die hat man schnell zusammen, wenn man regelmäßig joggt.
Auf was sollte ich achten, wenn ich vom Sport im Freien nach Hause komme?
Dass wir das Training nicht übertreiben sollten, habe ich ja schon deutlich gemacht. Denn wenn wir unseren Körper zu sehr belasten, haben wir gerade im Winter eine deutlich größere Anfälligkeit für Infekte. Auch wenn es blöd klingt: Man sollte Menschenmassen nach dem Sport meiden. Gerade in den Wintermonaten ist der Besuch einer Kneipe nach dem Sport nicht das Richtige, weil ich da unweigerlich auf viele Viren und Bakterien treffe. Ich würde in den Wintermonaten auch auf Alkohol nach dem Sport verzichten, um die Regenerations- und Reparatur-Notwendigkeit zuzulassen, die im Winter einfach größer ist. Nach dem Sport also ganz ruhig machen, unter die Dusche gehen, mit warmem Wasser beginnen und dann gerne eine Wechseldusche, um den Kältereiz besser zu trainieren: erst eine Minute warm und dann im Wechsel 30 Sekunden kalt und warm. Wechselduschen ergeben gerade in den Wintermonaten total Sinn. Die trainieren das Immunsystem und man ist für die nächste Trainingseinheit deutlich besser vorbereitet.
Sollte man sich nach dem Joggen dann auch lieber zuhause als vor der Tür dehnen?
Ja. Und bitte auch vor dem Joggen schon auflockern. Die Gelenke, Sehnen und Bänder laufen bei Kälte noch weniger optimal als sonst, darum auch etwas langsamer loslaufen. Genau das Gleiche muss ich nachher auch tun, und dafür gehe ich am besten rein in die gute Stube. Wichtig: Erst die nasse Kleidung erst wechseln, dann dehnen. Auch für die, die mit dem Auto unterwegs sind, gilt: Ab in die trockene Kleidung, nach Hause fahren und dann dort dehnen. Das ist definitiv besser, als irgendwo in der Kälte an einem Baum zu lehnen.