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„Der Stress muss weg, egal wie“Ingo Froböses Tipps für ein starkes Immunsystem

Lesezeit 5 Minuten
Ein Mann joggt durch den winterlichen Stadtpark.

Laufen ohne zu schnaufen: Das rät der Kölner Sportprofessor Ingo Froböse, damit das Immunsystem gestärkt wird.

Manche Menschen sind ständig erkältet, andere nie. Der Kölner Sportprofessor Ingo Froböse erklärt im Interview, woran das liegt und mit welchen einfachen Tricks man sein Immunsystem im Winter boostern kann.

Herr Froböse, was ist eigentlich das Immunsystem?

Das ist eine Substanz in unserem Körper, die immer tätig ist. Sie ist unsere Abwehr, aber auch unser Reparatur- und unser Regenerationssystem. Wir haben ein angeborenes und ein erworbenes Immunsystem. Die Haut ist eine Schutzschicht, die alles abwehrt, was von außen eindringt. Unsere Schleimhäute haben die gleiche Funktion. Die gehören mit zum angeborenen Immunsystem. Dann gibt es das erworbene Immunsystem, das durch äußere Reize angeregt wird, besser zu werden. Das passiert schon bei der Geburt. Bei Kleinstkindern ist das Immunsystem noch kaum vorhanden, entwickelt sich aber mit den Jahren zu einem ausgereiften Immunsystem. Unser Immunsystem ist dynamisch, wie wir in der Corona-Krise gesehen haben, und wir können es stimulieren und damit verbessern. Gerade in den Wintermonaten sollten wir zulassen, dass es Reize bekommt.

Warum sind wir im Winter häufiger krank?

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Unter anderem deshalb, weil wir uns an die Feuchtigkeit und Kälte noch anpassen müssen. Wir brauchen eine gewisse Zeit, von der Wärme in die Kälte zu kommen und umgekehrt. Das ist eine Stresssituation für den Körper, hormonelle Prozesse verändern sich. Wir haben im Winter außerdem weniger Licht und Sonne, auch das wirkt sich aus. Diese Umstellungszeiten merken wir: Wir werden träge, wir bekommen manchmal den Blues. Außerdem haben in diesen Zeiten die Viren und Bakterien Hochkonjunktur. Oft vertragen die ja weder Sonne noch Kälte, aber in einem Klima der Feuchtigkeit haben sie richtig Hochwasser. Wir alle kennen diese Übergangsjacken-Zeit. Und genau diese Zeit nutzen die Erklärungs-Viren, um dann zuzuschlagen.

Was macht Stress mit dem Immunsystem?

Wer viel Stress hat, bei dem wird das Immunsystem im Körper unterdrückt, weil wir aktiv sein müssen oder wollen. Das Immunsystem arbeitet besonders intensiv von 22 bis zwei Uhr, damit wir im Tagesverlauf eine Art Energiebooster haben. Wenn wir erkältet sind, gehen wir oft früh ins Bett, weil unser Körper uns regelrecht dazu zwingt. Wer seinem Immunsystem etwas Gutes tun will, geht auch, wenn er gesund ist, früh ins Bett und bleibt nicht vor der dritten Talkshow hängen.

Wie kann ich mein Immunsystem noch stärken?

Nicht nur Stress meiden, sondern möglichst oft Entspannung herbeiführen. Sport und körperliche Aktivität können dafür Ventil sein, aber der Stress muss weg, wie auch immer. Außerdem müssen wir dem Immunsystem Futter geben, damit es sich aufbauen kann. Umso weniger verstehe ich, dass sich Menschen selbst bei Erkältungen nicht vernünftig ernähren. Das Immunsystem liebt Proteine, also Fisch oder Fleisch, Tofu- und Sojaprodukte, Käse, aber auch Linsen, Hülsenfrüchte. Das muss dann viel mehr auf die Agenda. Neben Proteinen braucht er vor allem Vitamine.

Also den berühmten Apfel am Tag?

Vitamin C ist ganz wunderbar. Allerdings als Prävention. Wenn die Erkältung da ist, hilft es nicht mehr.

Wofür brauchen wir Vitamine?

Vitamine sind an vielen biochemischen Prozessen beteiligt, auch an der Arbeit des Immunsystems, um es leistungsfähiger zu machen. Das ist wie ein Treibstoff. Im Winter fehlt uns vor allem Vitamin D, weil wir zu wenig Sonne haben. Dabei ist Vitamin D noch viel mehr als ein Vitamin, es ist eine Art Prähormon. Ich empfehle immer, im Winter den Vitamin-D-Spiegel checken zu lassen. Bei den meisten ist der rund um Weihnachten total im Keller, deswegen sind in der Zeit viele krank. Ich substituiere von Oktober bis März regelmäßig, um meinen Vitamin-D-Spiegel hochzuhalten. Empfehlen würde ich auch Zink, weil das der Zellgesundheit dient und die Abwehr darstellt für viele Heilungsprozesse.

Kann ich mir Vitamin D und Zink einfach aus der Drogerie holen?

Ja, die Qualität der Produkte dort ist gut. Nur bitte nichts aus dem Internet bestellen, das aus China kommt. Und man sollte diese Stoffe dann unbedingt in Kombination mit Fett zu sich nehmen und nicht einfach nur ein Glas mit einer aufgelösten Tablette trinken. Den Fehler machen viele, dann landet aber alles ungenutzt im Porzellan. Und: Mehr als Vitamin C, D und Zink braucht es nicht, um das Immunsystem zu stimulieren. Es sei denn, ich habe ein Defizit. Um das herauszufinden, sollte man den Hausarzt einmal im Jahr ein vernünftiges Blutbild machen lassen, auch wenn das leider extra kostet.

Wie wichtig ist Trinken für das Immunsystem?

Sehr wichtig. Denn die Immunzellen müssen dorthin kommen, wo sie ihre Arbeit verrichten. Das wichtigste Transportmittel dafür ist Wasser, das 50 bis 60 Prozent unseres Körpergewichts ausmacht. Wir sollten etwa 30 Milliliter pro Kilo Gewicht trinken. Bei meinen 72 Kilo sind das 2,2 Liter pro Tag. Ohne Sport. Die meiste Flüssigkeit sollte man in den ersten Stunden des Tages trinken, dann hat man schon viel richtig gemacht. Wir kommen ja relativ trocken aus der Nacht.

Welcher Sport ist gut für das Immunsystem?

Es kommt vor allem auf die Dosis an. Viele Sportler werden vor Wettkämpfen plötzlich krank, weil sie davor intensiver trainiert haben. Das geht dann manchmal über die Grenze des Immunsystems hinaus. Für das Immunsystem ist der moderate Ausdauersport genau die richtige Stimulation. Laufen ohne zu schnaufen ist das perfekte Motto.

High-Intensity-Training ist für das Immunsystem komplett falsch
Ingo Froböse

Was ist mit dem High-Intensity-Training, das gerade sehr populär ist?

High-Intensity-Training ist für das Immunsystem komplett falsch, weil es zu intensiv ist. Das ist nur geeignet für Menschen, die schon ein sehr gutes sportliches Niveau machen. Ich würde das maximal ein bis zweimal im Monat empfehlen, öfter nicht. Wer dieses Training zu oft macht, sorgt dafür, dass sein Immunsystem dauerbelastet wird. Das schadet mehr als es nützt. Es kann zu entgleisten Entzündungen kommen, wenn das Immunsystem seine Arbeit nicht mehr richtig schafft oder es unkontrolliert agiert. Wir wissen mittlerweile, dass bei Auto-Immunerkrankungen wie Rheuma das Immunsystem aus dem Ruder gelaufen ist. Auch Übergewicht stimuliert diese hohen entzündlichen Prozesse und damit eine Überbelastung des Immunsystems. Man muss schon einen bestimmten Lebensstil und eine Grundausstattung haben, damit gewährleistet ist, dass das Immunsystem auf Dauer funktioniert: Dafür ist eine Mischung aus guter Ernährung und körperlicher Aktivität besonders wichtig.