„Aber wenn der Anreiz für sie groß genug ist, machen sie, was du willst“, sagt Michael Guddat, der eine besondere Verbindung zu Katzen hat.
Kölner Tierpsychologe„Katzen sind wie Jugendliche – Sie lassen sich nichts sagen“
Katzen gelten als unkompliziert. Wer sich ein Haustier zulegen möchte, aber nicht so viel Zeit hat, denkt eher an eine Katze als an einen Hund. Sie kann besser alleine bleiben, beschäftigt sich selbst und überhaupt toleriert sie den Menschen eigentlich nur in seiner beziehungsweise ihrer Wohnung. Am liebsten ist sie jedoch allein und macht ihr eigenes Ding. Unkompliziert also.
Dass es nicht ganz so einfach ist und Katzen viel mehr Zuwendung brauchen, um glücklich zu sein, weiß Michael Guddat aus Junkersdorf. Er ist Tierpsychologe mit dem Schwerpunkt Katzen und berät als Mr. Cat Cologne unter anderem Menschen, die sich eine Katze zulegen möchten oder Probleme mit ihrem Tier haben. Er arbeitet auch als professioneller Katzensitter. Dabei füttert er die Tiere nicht bloß oder säubert ihre Toilette, wenn deren Besitzer nicht da sind. Er beschäftigt sich intensiv mit den Tieren und findet heraus, was sie glücklich macht. Wollen sie spielen? Oder lieber ihre Ruhe? Wie viel Nähe lassen sie zu? „Einigen wenigen Katzen reicht es, wenn sie gefüttert und mal gestreichelt werden. Die meisten wollen aber gelesen werden, um entspannt zu sein und den Tag besser ohne ihre Menschen verbringen zu können“, erklärt er.
„Die Tiere kamen immer zu mir“
Zu Katzen hat Guddat bereits sein ganzes Leben lang eine besondere Verbindung „Schon als Kind kamen die Tiere immer zu mir“, erzählt der 39-Jährige. Bis die Katzen zu seinem Beruf und seiner Berufung wurden, hat es allerdings etwas länger gedauert. Guddat studierte zunächst Biologie und Sport, arbeitete als Manager und Versicherungsfachmann. „Vor vier Jahren erfuhr ich über eine Reportage von einem Portal, das Katzensitting anbietet. Da wusste ich sofort: Das ist es und habe mich direkt angemeldet“, erinnert er sich. Er begann mit dem Sitting und studierte zusätzlich parallel Tierpsychologie „mit Katze als Vertiefung“.
Seinen Job sieht er als Berufung. Als Tierpsychologe wird er meist dann gerufen, wenn Probleme im Zusammenleben mit der Katze auftauchen – am häufigsten übrigens, weil die Katze in die Wohnung und nicht in ihr Klo macht. Er lässt sich von den Haltern zunächst ganz genau das Problem beschreiben und macht sich so ein Bild vom Zusammenleben. Auf diese Weise findet er heraus, warum das Tier sich so verhält. Bei der Unreinheit kann das viele verschiedene Gründe haben: Steht das Klo ungeschützt am falschen Ort? Ist das Katzenstreu falsch? Ist das Klo nicht sauber genug? „Was wirklich die Ursache ist, finde ich nur heraus, wenn ich Zeit mit der Katze und den Menschen zu Hause verbringe. Allein per Telefon oder Video wäre das nicht möglich“, erklärt Guddat.
90 Prozent der Kommunikation findet nonverbal statt
Bevor die Menschen das Verhalten ihrer Katze problematisch finden, ist nach Guddats Erfahrung meist schon sehr viel passiert – die Katze hat sich nur nicht so geäußert, dass die Menschen sie verstehen. Immerhin findet 90 Prozent der Kommunikation nonverbal statt. Wie sich eine Katze fühlt, lässt sich an ihrer Körpersprache ablesen, vor allem an den Ohren. Eine entspannte Katze hat locker aufgestellte Ohren, die nach vorne zeigen. Ist sie aggressiv oder verängstigt, liegen die Ohren am Kopf an oder zeigen sogar nach hinten. Auf diese Weise schützt sie sich bei einem möglichen Kampf vor Verletzungen.
Katzen mögen es übrigens gar nicht, wenn man sich ihnen von hinten oder oben nähert und sie ohne ihr Einverständnis anfasst. Ebenfalls tabu ist es, Katzen einfach hochzuheben, da der Bauch ihre empfindlichste Stelle ist, die sie schützen wollen. „Wenn man freundlich zu einer Katze sein möchte, dann schaut man an ihr vorbei, tut desinteressiert und hält einen gewissen Abstand. Also genau das Gegenteil von dem, was wir Menschen als höflich empfinden“, erklärt der Katzen-Profi.
Katzen sind Einzelgänger, suchen aber manchmal Nähe – selbstbestimmt
Für ein harmonisches Zusammenleben mit Katzen ist es wichtig zu wissen, dass diese von Natur aus Einzelgänger sind. Es ist deshalb auch kein Problem, wenn sie länger alleine sind, weil sie ihre Ruhe brauchen. Wenn die Tiere vom Charakter her gut zusammen passen, können auch mehrere Katzen in einem Haushalt zusammenleben. Allerdings toleriert nicht jedes Tier einen Aufmerksamkeits-Konkurrenten im Haus, wie Guddat weiß. Manchmal suchen Katzen nämlich gerne die Nähe von Menschen – allerdings nur selbstbestimmt.
Was wichtig ist, damit die Katze sich in der Wohnung wohl fühlt
Damit reine Hauskatzen sich wohlfühlen, brauchen sie auf jeden Fall frische Luft und Gerüche von draußen. Wer keinen Garten oder Balkon hat, kann sich dafür einen Fensterbalkon bauen, also eine kleine Verschalung vor dem Fenster. „Hauptsache, die Katzen bekommen etwas von draußen mit und können Vögel und andere Tiere hören oder beobachten“, sagt Guddat. Weil Katzen gerne hinausschauen und alles beobachten, sollte ihr Kratzbaum – muss unbedingt sein – wenn möglich am Fenster stehen. Damit sie ihre Krallen richtig schärfen können, sollte der Baum aus Sisal oder Kokos und nicht aus Plüsch sein.
Wichtig ist auch, dass die Katze zwei Toiletten hat – eine für das kleine und eine für das große Geschäft – die möglichst nicht nebeneinander stehen sollten. Zum Spielen mögen Katzen beispielsweise Tennisbälle. Laserpointer erregen zwar die Aufmerksamkeit der Katze, sind aber auf die Dauer frustrierend, weil sie den roten Punkt niemals fangen kann. Empfehlenswert ist zudem ein Spielzeug, mit dem der Mensch mit der Katze zusammen interagieren kann. Guddat selbst hat zum Beispiel immer ein Lederband dabei, das die Katzen interessiert. „Hält am längsten und ist vom Beiß- und Kratzgefühl einer Maus am ähnlichsten“, sagt er.
Gesunde Katze sind aktiv und neugierig, unglückliche lethargisch
Um zu erkennen, ob es einer Katze gut geht, muss man kein Tierpsychologe sein, sondern vor allem aufmerksam hinschauen. „Eine gesunde Katze erkennt man daran, dass sie aktiv ist, herumläuft und gerne Dinge erforscht. Sie reagiert auf neue Reize und hat ein dichtes, glänzendes Fell“, erklärt Guddat. Unglückliche oder kranke Tiere vernachlässigen dagegen die Körperpflege, sind lethargisch und liegen viel herum, weil sie nichts anderes zu tun haben.
Sorgen sollte man sich machen, wenn die Katze nicht spielt oder jagt, das ist nämlich ein angeborenes Verhalten. „Dann hat sie meist aufgegeben, weil sie vorher schon zu lange vergeblich versucht hat, zu ihren Bedingungen zu spielen und damit keinen Erfolg beim Menschen hatte“, weiß Guddat. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn die Wohnung nur auf Menschen ausgerichtet ist und die Katze außer einer Toilette und einem Napf dort nichts hat, um sich zu beschäftigen.
Guddats Wunsch ist, dass die Menschen sich mehr Gedanken machen, bevor sie ein Tier anschaffen: „Eine Wohnungskatze lebt bis zu 20 Jahre, das ist häufig länger als eine Beziehung.“ Wenn die Kommunikation zwischen Katze und Mensch gut funktioniert, steht einem guten Zusammenleben nichts im Wege. Nur eins muss man wissen, meint Guddat: „Katzen sind wie Jugendliche. Sie lassen sich nichts sagen. Aber wenn der Anreiz für sie groß genug ist, machen sie, was du willst.“