Unser Kolumnist Dr. Magnus Heier erklärt, warum Allgemeinmediziner auch Fachärzte sind und als solche behandelt werden sollten.
Kolumne „Aus der Arztpraxis“<br>Ein Plädoyer für Hausärzte – Ohne lebt es sich gefährlich
Woher der Begriff kommt, ist nicht ganz klar. Vielleicht daher, dass Hausarzt und Hausärztin tatsächlich auch Hausbesuche machen (zumindest die meisten). Oder daher, dass der Hausarzt eine Art Leibarzt ist, einer, der den ganzen Haushalt, die Familie behandelt. Wie auch immer: Hausärzte sind die wichtigsten Mediziner im System.
Sie sind diejenigen, die der Patient als erste sieht. Sie sind diejenigen, die entscheiden müssen, ob eine banale Erkrankung vorliegt oder ein Notfall. Ob ein paar Tage Ruhe angemessen sind oder eine Einweisung ins Krankenhaus. Und: Es ist ein sehr befriedigender Job, der Arzt des Vertrauens „seiner“ Patienten zu sein.
Umso mehr frustriert ein Brandbrief, der gerade in der Ärztezeitung veröffentlicht wurde. Ein Allgemeinarzt aus Potsdam schreibt sich den Frust von der Seele. Es fängt schon damit an, dass der „Hausarzt“ eigentlich ein Facharzt für Allgemeinmedizin ist – mit Facharztdiplom. Aber nicht so genannt wird.
Die anderen Fachärzte schauen auf die Hausärzte gerne herab – das ist nach eigener Erfahrung tatsächlich so. Der Hausarzt guckt sich die Patienten an, und wenn es ernst wird, überweist er zum Facharzt, heißt es. Das ist ausdrücklich falsch: Mindestens 90 Prozent der Fälle könne der Hausarzt „kompetent und abschließend“ lösen, heißt es in dem Beitrag. Hausärzte sind wichtig!
Schlechtere Bezahlung trotz aufwändiger Patientenbesuche: Hausärzte beschweren sich
Sie werden aber nicht so behandelt. Die Bezahlung ist schlechter als die von Fachärzten. Die Belastung ist eine andere: Hausbesuche sind einerseits befriedigend, weil man „seine“ Patienten zu Hause besucht – sind aber anstrengend und zeitaufwändig. Ein Facharzt macht zumeist keine Hausbesuche.
Dass der Schreiber des Brandbriefes Recht hat, sieht man schon daran, dass Hausärzte dringend gesucht werden, zumal auf dem Land. Während Facharztpraxen für hunderttausende von Euro verkauft werden, werden Allgemeinarztpraxen oft verschenkt oder nicht mehr neu besetzt. Auf dem Land gibt es oft „Lockgelder“ von einigen zehntausend Euro. Oder Medizinstudienplätze werden an Studenten vergeben, die sich als Hausärzte auf dem Land niederlassen wollen – wenn nicht, werden empfindliche Zahlungen fällig. Die Hausarztpraxis auf dem Land als Strafe für einen für das Studium nicht ausreichend guten Abiturschnitt – so weit ist es schon!
Ältere Patienten ohne Hausarzt leben gefährlich
Es wird allerhöchste Zeit, dass sich genau das ändert. Wir können auf Fachärzte viel leichter verzichten, als auf Hausärzte. Es ist auch in der Stadt schon schwierig, etwa nach einem Umzug einen Hausarzt zu finden. Die meisten Praxen haben längst einen Aufnahmestopp. Aber Patienten, zumal ältere, ohne Hausarzt leben gefährlich.
Die Ambulanz des lokalen Krankenhauses ist keine Alternative, auch weil sie die Patienten überhaupt nicht kennt. Der Facharzt für Irgendwas ist keine Alternative, weil er eben nicht Facharzt für Allgemeinmedizin ist. Hausärzte sind unverzichtbar. Die hausärztliche Versorgung zu gewährleisten, ist Aufgabe der Politik und der ärztlichen Selbstverwaltung. Sie müssen endlich handeln!