Der Urlaub soll toll sein, aber dann rast der Kopf oder man wird krank. Eine Arbeitspsychologin erklärt, wie man sich erholt.
Endlich frei, und dann?So gelingt es, im Urlaub wirklich abzuschalten
Das ganze Jahr über freut man sich auf den Urlaub. Wenn es dann endlich so weit ist, kann man sich oft trotzdem nicht richtig erholen. Entweder wird man direkt krank oder der Kopf will einfach nicht aufhören zu rasen. Und wie schafft man es, aus dem täglichen Erledigungswahn plötzlich in den Nichtstun-Modus umzuschalten? Und nicht auch noch im Urlaub Freizeitaktivitäten wie Erledigungspunkte abzuhaken? Und muss man unbedingt wegfahren, um den Kopf freizubekommen oder geht das auch zu Hause?
Die Arbeitspsychologin Carmen Binnewies von der Uni Münster forscht zum Thema Erholung vom Arbeitsstress und Work-Life-Balance und gibt Tipps für die perfekte Erholung im Urlaub.
Frau Binnewies, wie lange sollte man mindestens freihaben, damit man von der Arbeit abschalten kann?Für die Erholung ist nicht die Zeit entscheidend, sondern wie man diese Zeit erlebt. Längere Urlaube haben keinen größeren Effekt für das Wohlbefinden als kürzere Urlaube. Die positiven Effekte halten nach einem langen Urlaub nicht länger an als nach einer kurzen Auszeit. Jeder Urlaub ist positiv. Im Durchschnitt wirkt ein Urlaub, egal ob kurz oder lang, noch zwei Wochen nach. Manchmal sind die guten Effekte aber leider auch schon nach einer Woche wieder weg.
Muss man unbedingt wegfahren oder kann man sich auch zu Hause erholen?Auch zu Hause kann man sich entspannen. Forschungen zeigen, dass man sich im Urlaub nicht besser erholt, wenn man wegfährt. Allerdings kann man besser abschalten, wenn man woanders ist. Zu Hause gibt es meist doch noch etwas zu erledigen.
Sollte man den Urlaub dafür nutzen, etwas zu erledigen, zum Beispiel Renovierungen, zu denen man sonst nicht kommt? Es kann eine gute Erholungserfahrung sein, Dinge zu meistern, bei denen man sich als kompetent erlebt (Mastery-Erfahrung). Wichtig ist nur, dass man diese Dinge freiwillig und gerne macht. Wenn es eine unliebsame Verpflichtung ist, dann ist die Ausübung sicherlich nicht positiv.
Wie geht man in der freien Zeit am besten vor? Die Tage durchplanen oder in den Tag hinein leben?Am Ende ist nicht entscheidend, was man tut, sondern wie man das erlebt. Selbstbestimmung ist ein wichtiger Faktor dieses Erlebens. Das heißt, beide Möglichkeiten können erholsam sein, wenn sie frei gewählt sind. Rennt man hingegen einem Plan hinterher und fühlt sich dadurch fremdbestimmt, führt das meist zu Unzufriedenheit und schlechterer Erholung.
Wie gelingt es, nach den durchgetakteten Alltagstagen die Urlaubstage im Müßiggang zu verbringen?Bei welchen Aktivitäten man Entspannung findet, ist individuell verschieden. Man sollte sich überlegen, was einem gut tut. Für den einen mag das darin bestehen am Strand oder im Garten zu liegen, für den anderen mag es Lesen sein, andere gehen in die Sauna oder fahren in ein Yoga-Retreat. Alles kann zu Entspannung führen, aber nicht jeder empfindet alle diese Aktivitäten gleich entspannend.
Und wenn man einfach nicht abschalten kann?Wenn der Kopf zu voll ist, kann es helfen, sich etwas zur Ablenkung zu suchen, das einen so vereinnahmt, dass man nicht mehr an die Arbeit denkt. Es lohnt sich zudem, Triggerfaktoren zu reduzieren oder im besten Fall abzustellen, die einen an die Arbeit erinnern. Insbesondere gilt das für arbeitsbezogene Emails. Wenn Sie etwas Unerledigtes im Kopf haben, schreiben Sie es auf eine Liste und legen es dann weg.
Sollte man im Urlaub bewusst alles anders machen als im Alltag oder möglichst sein normales Leben weiter leben?Am Ende ist das richtig, was sich für mich gut anfühlt. Ablenkung durch besondere Aktivitäten kann ein Mittel zu besserem Abschalten sein. Genauso kann aber jemand auch bei den normalen Aufgaben wie etwa der Gartenarbeit glücklich sein und Erholung finden.
Was passiert im Urlaub mit dem Körper? Grob gesagt erholt sich der Körper von der vorherigen Stressphase, die oft mit einem beschleunigten Herzschlag oder einem erhöhtem Blutdruck und Hormonausstoß einhergeht. Diese Körperreaktionen werden wieder rückgängig gemacht.
Klingt eigentlich super, aber im Urlaub werden viele auch krank. Dieser Effekt heißt Leisure Sickness. Der Ausstoß von mehr Stresshormonen während der Arbeitszeit schützt uns davor, krank zu werden. Sobald diese reduziert werden, wird auch das Immunsystem anfälliger. Vor allem nach starkem Stress wird man dann eher krank.
Zurück auf der Arbeit erwischt einen oft eine kleine Depression. Was kann man dagegen tun?Wenn der Wiedereinstieg schwierig ist, sollte man möglichst an den ersten Tagen Workload und Termine reduzieren und Zeit einplanen, um Liegengebliebenes zu sichten und zu bearbeiten. Außerdem gehört es dazu, Kollegen vom Urlaub zu berichten. Dafür darf ruhig auch Zeit sein.
Was ist Ihr ultimativer Tipp für einen erholsamen Urlaub?Am Ende sollte man das tun, was einen zufrieden und glücklich macht, ganz egal wie andere das beurteilen.