Die Beiträge der gesetzlichen Krankenversicherungen werden ab 2023 erhöht. Doch viele Mitglieder erfahren davon erst gar nichts. Warum das so ist, wie stark die Beiträge ansteigen und wann sich ein Wechsel lohnt.
Zum JahreswechselKrankenkassen erhöhen Beiträge, ohne Kunden zu informieren
Mit seinem Spargesetz will Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Finanzen der gesetzlichen Krankenkassen stabilisieren. Eine der Maßnahmen sieht vor, dass der durchschnittliche Zusatzbeitrag, den Versicherte an ihre Krankenkassen entrichten, um 0,3 Prozent steigt. Doch die Versicherten kriegen davon im Zweifelsfall gar nichts mit. Warum ist das so? Wie viel teurer wird es im neuen Jahr? Und wann lohnt sich ein Wechsel der Krankenkasse? Sechs Fragen und Antworten.
Was ist der Zusatzbeitrag?
Der durchschnittliche Beitragssatz in einer gesetzlichen Krankenkasse liegt bei 14,6 Prozent des Bruttogehalts des Versicherten. Zusätzlich erheben die Kassen einen Zusatzbeitrag. Damit haben sie die Möglichkeit, finanzielle Engpässe auszugleichen. Die Versicherten zahlen davon die Hälfe, die andere Hälfte übernimmt der Arbeitgeber. Die Kassen können selbst bestimmen, wie hoch sie ihren Zusatzbeitrag ansetzen. Das Bundesgesundheitsministerium legt lediglich zur Orientierung fest, wie hoch der durchschnittliche Zusatzbeitrag sein darf. 2022 liegt dieser Wert bei 1,3 Prozent, im nächsten Jahr steigt er um 0,3 Prozent an.
Warum steigt der Zusatzbeitrag?
Die Beitragserhöhung ist Teil eines Maßnahmenpakets, um Defizite auszugleichen, die sich bei den Krankenkassen angesammelt haben. Laut Gesundheitsministerium sollen durch die Beitragserhöhung zwischen 4,8 und 5 Milliarden Euro eingenommen werden. Insgesamt belaufe sich das Defizit auf etwa 17 Milliarden Euro.
Wie werde ich informiert?
Bisher haben Versicherte am Ende des Jahres einen Brief der Krankenkasse erhalten, in denen sie über Änderungen beim Zusatzbeitrag informiert worden sind. Auch über ihr Sonderkündigungsrecht bei steigenden Preisen wurden Versicherte so ins Bild gesetzt. Diese Informationspflicht wurde nun allerdings bis Mitte 2023 ausgesetzt. Die Krankenkassen müssen ihre Mitglieder zwar trotzdem über Änderungen informieren, doch reicht nun lediglich eine Info auf der Homepage oder im Mitgliedsmagazin aus. Viele Versicherte dürften davon nichts mitbekommen.
Die Verbraucherzentrale NRW rät Versicherten deswegen, selbstständig nach veränderten Zusatzbeiträgen Ausschau zu halten. So biete etwa der Spitzenverband des Bundes der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) eine Übersicht an. Einige Krankenkassen wie die IKK Gesund Plus oder die Knappschaft haben bereits angekündigt, ihre Zusatzbeiträge nicht zu erhöhen. „Von den anderen Krankenkassen erwarten wir in der zweiten und dritten Dezemberwoche Statements dazu, ob und wie stark der Zusatzbeitrag steigt“, sagt Sabine Wolter, Gesundheitsexpertin bei der Verbraucherzentrale NRW.
Wie viel teurer wird meine Krankenversicherung?
Das ist pauschal nicht zu beantworten, da die Krankenkassen die Möglichkeit haben, den Zusatzbeitrag unterschiedlich hoch anzusetzen, sie müssen ihren Zusatzbeitrag also nicht unbedingt anheben. Außerdem ist die Höhe des Krankenkassenbeitrags abhängig vom Bruttoeinkommen. Wer mehr verdient, muss mehr zahlen. Zumindest bis zur Bemessungsgrenze, die ab 2023 bei 59.850 Euro im Jahr (monatlich 4.987,50 Euro) liegt.
Steigt der Zusatzbeitrag aber tatsächlich um die angedachten 0,3 Prozent, kann sich ein Umstieg durchaus lohnen. Laut der Vergleichsplattform Check 24 könnten bis zu 293 Euro jährlich eingespart werden. Auch Sabine Wolter sagt: „Wer den Höchstsatz für die Krankenkasse zahlt, der könnte bei einem Wechsel einen dreistelligen Betrag im Jahr sparen.“ Bei Versicherten, die wenig verdienen, mache sich die Erhöhung des Zusatzbeitrages allerdings kaum bemerkbar.
Wann sollte ich die Krankenversicherung wechseln?
Der Zusatzbeitrag sei zwar ein Kriterium bei einem Wechsel, doch ausschlaggebend sollten andere Aspekte sein, so Wolter. „Die Leistungen von gesetzlichen Krankenkassen sind in der Basisversorgung zwar grundsätzlich die Gleichen, doch es gibt Unterschiede bei Zusatzleistungen, wie etwa bei der Gesundheitsprävention oder der Gesundheitsförderung.“ Einige Krankenkassen würden etwa Zuschüsse für Gesundheitskurse zahlen oder sich an der Zahnreinigung beteiligen. „Vor einem Wechsel sollte man sich immer anschauen: Was bietet meine Krankenkasse und was bieten die anderen?“, so Wolter.
Habe ich trotzdem ein Sonderkündigungsrecht?
Ja. Sie können nach wie vor bis zum Ende des Monats kündigen, in dem der Zusatzbeitrag erhöht wird. Der Wechsel der Krankenkasse ist relativ einfach: Sie müssen lediglich eine neue Kasse auswählen und sich dort anmelden. Alle weiteren Modalitäten zu Kündigung und Wechsel erledigt die neue Krankenkasse für Sie.
Allerdings sind Sie dann nicht sofort Mitglied bei der neuen Kasse. Es gilt eine Frist von zwei Monaten. Wechseln Sie also zum 31. Januar, sind Sie erst ab dem 1. April 2023 Mitglied bei der neuen Krankenkasse angemeldet. Bis dahin müssen Sie die erhöhten Zusatzbeiträge der alten Kasse zahlen.
Doch selbst wenn Sie die Sonderkündigungsfrist verpassen, können Sie die Krankenkasse schnell wechseln. Wenn Sie mindestens zwölf Monate Mitglied in Ihrer Krankenkasse sind, haben Sie grundsätzlich eine Kündigungsfrist von zwei Monaten.