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In Frankreich entdecktWas über die neue Variante B.1.640.2 bis jetzt bekannt ist

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Einer Frau wird in der Lille Zenith Arena ein Nasen-Abstrich entnommen.

Berlin – Eine in Frankreich entdeckte neue Corona-Variante sollte Experten zufolge beobachtet werden – eine große Gefahr können sie bislang aber nicht erkennen. „Wir sollten diese wie auch andere Varianten beobachten, aber es besteht kein Grund, speziell über diese Variante besorgt zu sein“, sagte Richard Neher, Experte für Virusvarianten an der Uni Basel (Schweiz), am Dienstag der Nachrichtenagentur dpa. Der US-Epidemiologe Eric Feigl-Ding schrieb auf Twitter: „Ich mache mir wegen B.1.640.2 noch keine großen Sorgen. Ich bezweifle, dass sie sich gegen Omikron oder Delta durchsetzt.“

Französische Forscher um Didier Raoult vom Institut IHU Méditerranée Infection hatten die neue Variante bei zwölf Patienten im Südosten Frankreichs nachgewiesen, wie das Team Ende Dezember in einem sogenannten Preprint-Paper schrieb. Der Patient, der in Frankreich wohl zuerst infiziert war, sei von einer Reise aus Kamerun zurückgekommen. Die Studie wurde bislang nicht von Fachleuten begutachtet und in einem Fachjournal veröffentlicht.

B.1.640.2 scheint sich bislang nicht stark auszubreiten

Das Team um Raoult schreibt als Fazit: „Es ist zu früh, um über virologische, epidemiologische oder klinische Eigenschaften der neuen Variante zu spekulieren.“ Ihre Daten seien aber ein weiteres Beispiel dafür, wie unvorhersehbar Varianten des Coronavirus auftreten könnten. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte „merkur.de“: „Wir wissen noch zu wenig, um etwas Brauchbares sagen zu können.“

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B.1.640.2 hat einige Mutationen im sogenannten Spike-Protein, die Experten bereits von der besonders ansteckenden Omikron-Variante kennen, wie Raoult und sein Team schreiben. Das Spike-Protein ist bei der Beurteilung von Varianten von besonderer Bedeutung, weil das Virus damit an menschliche Zellen bindet und auch, weil Impfstoffe auf dieses Protein ausgerichtet sind. Mutationen am Spike-Protein können zu einer schnelleren Ausbreitung des Virus führen. Zudem ist es möglich, dass Impfstoffe ihre Wirkung verlieren. Allerdings scheine sich B.1.640.2 bislang nicht stark auszubreiten, meint der Basler Experte Neher. Sie sei „damit 'eine unter vielen', die sich gegen Omikron und Delta zumindest bislang nicht durchsetzt“.

WHO: B.1.640.2 eine unter vielen – grassierende Omikron-Variante könnte noch gefährlichere Varianten hervorbringen

B.1.640.2 gehört zu einer Art Varianten-Familie, die seit November auf dem Radar der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist. Darauf verwies WHO-Epidemiologe Abdi Mahamud in Genf. B.1.640 wurde nach WHO-Angaben zuerst im September aus der Demokratischen Republik Kongo gemeldet und im November unter Beobachtung genommen, habe sich seitdem nach den vorliegenden Daten aber nicht erheblich ausgebreitet, sagte Mahamud. „Wir werden sie im Auge behalten.“

Angesichts der weltweit grassierenden Omikron-Variante des Coronavirus warnt die WHO jedoch vor der Entstehung noch gefährlicherer Virusvarianten. Je stärker sich Omikron ausbreite und vermehre, „desto wahrscheinlicher ist es, dass es eine neue Variante hervorbringt“, sagte die WHO-Notfallexpertin Catherine Smallwood am Dienstag in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP. „Wir befinden uns in einer sehr gefährlichen Phase“, betonte Smallwood. „Wir beobachten sehr stark steigende Infektionsraten in Westeuropa, deren Auswirkungen noch nicht ganz klar sind.“ Zwar sei das Risiko, bei einer Infektion mit Omikron ins Krankenhaus zu müssen, „individuell betrachtet“ wahrscheinlich geringer als bei der bisher dominanten Delta-Variante, sagte Smallwood. Allerdings gehe von Omikron wegen seiner starken Ausbreitung insgesamt womöglich eine größere Gefahr aus. „Bei einem starken Anstieg der Fallzahlen gibt es wahrscheinlich sehr viel mehr Menschen, die schwer erkranken, ins Krankenhaus müssen oder möglicherweise sterben werden“, sagte Smallwood.

Die Expertin verwies auf den extremen Anstieg der Infektionsfälle in Europa allein in den letzten Tagen des Jahres 2021. Seit Pandemie-Beginn wurden in Europa mehr als 100 Millionen Corona-Infektionen verzeichnet, mehr als fünf Millionen davon wurden nach WHO-Angaben in der letzten Woche 2021 registriert. Großbritannien warnte am Dienstag vor massiven Personalengpässen in der Gesundheitsversorgung aufgrund der Omikron-Welle. Ähnliche Szenarien seien auch in anderen Ländern möglich, betonte Smallwood. „Selbst in gut ausgestatteten und modernen Gesundheitssystemen gibt es im Moment echte Probleme – und es ist davon auszugehen, dass diese sich in der ganzen Region entwickeln, während Omikron die Infektionsfälle nach oben treibt.“ (dpa, afp)