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Organspende-Problem„Zweitbeste Lösung“ – Studie prüft Transplantation von Schweineniere

Lesezeit 3 Minuten
Ein Mitarbeiter des DRK stellt eine Kühlbox für eine Organspende in einen Transporter des Deutschen Roten Kreuzes. (gestellte Szene)

Könnte ein „menschliches Organ für eine Transplantation“ bald auch vom Schwein kommen? In den USA wurden dazu nun zwei große Studien genehmigt.

Mit der Transplantation einer Schweineniere könnte die Wissenschaft ein Problem lösen, das die Gesellschaft nicht lösen kann.

In Deutschland warten etwa 8000 Menschen auf eine Spenderniere. Die meisten von ihnen viele Jahre. Das schreibt das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Nach anderen Quellen ist die Zahl noch deutlich größer. Viele dieser Menschen sind von der Hämodialyse abhängig, der regelmäßigen Blutwäsche. Dreimal, viermal wöchentlich. Mehrere Stunden an den Schläuchen. Eine ganz erhebliche Einschränkung der Lebensqualität.

Magnus Heier

Magnus Heier

ist Autor und Neurologe und schreibt die wöchentliche Medizinkolumne „Aus der Praxis“. ...

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Es ist eine Schande! Eine Nierentransplantation könnte diesen Zustand schnell und ohne großes Risiko beenden. Könnte – denn die Organe fehlen. Die Zahl der Menschen mit Spenderausweis ist verschwindend gering. Deutlich geringer als in anderen Ländern, in denen die Spende ebenfalls der vorherigen eigenen Zustimmung bedarf, wie in Deutschland. Und sehr viel geringer als in Ländern, in denen die sogenannte Widerspruchslösung gilt: Jeder Verstorbene ist automatisch ein potenzieller Organspender, wenn er nicht zu Lebzeiten widersprochen hat.

Hierzulande gilt die Zustimmungslösung. Wer zu Lebzeiten nicht ausdrücklich zugestimmt hat, wird nicht zum Organspender. Das heißt aber eben auch: Wer sich mit dem Thema nie beschäftigt hat, wird ebenfalls keine Organe spenden. Und so warten Tausende auf ein Organ, das sie erlösen könnte. Und viele von ihnen versterben schließlich auf der Warteliste. Eine Schande!

Nierentransplantation: Studien in den USA sollen die „zweitbeste“ Lösung untersuchen

Aber es gibt zunehmend Hoffnung auf eine „zweitbeste“ Lösung: die Transplantation einer Niere vom Schwein. In den USA geht die FDA – zuständig für Lebens- und Arzneimittel – entschlossen einen neuen Weg. Die Behörde hat jetzt zwei Studien genehmigt, bei denen Nieren von genetisch veränderten Schweinen in Menschen transplantiert werden sollen. In der ersten Studie geht es zunächst um sechs Patienten, langfristig sind 50 angepeilt. In der zweiten sind im ersten Schritt drei Patienten geplant.

Das kommt etwas bekannt vor, denn es hat schon Transplantationen vom Schwein zum Menschen gegeben. Der entscheidende Unterschied zu der neuen Studie: Damals wurden todkranke Menschen behandelt, als allerletzte Überlebenschance. Jetzt geht es um Patienten, die nicht an der Schwelle des Todes stehen – sondern um ganz „normale“ Dialysepatienten. Und so dürfte diese Studie für die große Zahl von Patienten sehr spannend sein.

Organspende: Wissenschaft könnte ein gesellschaftliches Problem lösen

Die Schweine wurden genetisch verändert, vor allem um die Abstoßung des Organs durch das menschliche Immunsystem zu verhindern. Die größten Bedenken beziehen sich darüber hinaus auf das Risiko, dass krankmachende Stoffe vom Schwein auf den Menschen übertragen werden könnten. Stoffe, die möglicherweise bisher gar nicht bekannt sind. Deshalb werden die Patienten in der Studie lebenslang überwacht werden.

Wenn es gelingt, wenn sich die Methode auch langfristig bewährt – dann wäre ein riesiges Problem gelöst. Auf die zweitbeste Weise: Denn viel einfacher und viel risikoloser wäre es natürlich, menschliche Nieren zu verpflanzen. Aber in diesem Fall könnte die Wissenschaft ein Problem lösen, das die Gesellschaft nicht lösen kann.