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Gesundheitsminister Laumann will mehr Spenden erreichenGesetzesinitiative aus NRW zielt auf Widerspruchslösung bei Organspende

Lesezeit 5 Minuten
Karl-Josef Laumann (CDU), Gesundheitsminister spricht auf einer Pressekonferenz zur aktuellen Lage der Organspende in Nordrhein-Westfalen. 

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) startet eine Gesetzesinitiative im Bundesrat zur Einführung der Widerspruchslösung bei Organspenden in Deutschland.

Die Lücke zwischen Empfängern und Spendern ist zu groß. Die Änderung des Transplantationsgesetzes soll zur Einführung der Widerspruchslösung führen.

Nordrhein-Westfalen will mit einer Gesetzesinitiative im Bundesrat die Bereitschaft zu Organspenden in der Bevölkerung erhöhen. Der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) erhält für seinen Vorstoß auch von anderen Bundesländern Unterstützung. Grund ist die niedrige Spendenbereitschaft in der Bevölkerung. Zwar sind 80 Prozent der Deutschen laut Umfragen einer Organspende gegenüber positiv eingestellt. Trotzdem ist die Lücke zwischen gespendeten Organen und den Menschen, die dringend auf ein Spenderorgan warten, groß.

„Wie man über eine Organspende denkt, ist eine zutiefst persönliche Frage“, sagte Laumann am Dienstag in Berlin. „Dass man sich zu Lebzeiten dafür entscheidet, ist für mich ein über den Tod hinaus gehender Liebesbeweis an die Menschheit.“

Die NRW-Initiative wird von mehreren Bundesländern, darunter Hessen, Baden-Württemberg, Berlin, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern unterstützt und am 14. Juni in den Bundesrat eingebracht. „Die Abstimmung ist eine Sache des Bundestags“, so Laumann. „Der Bundesrat kann nur erzwingen, dass der Bundestag darüber beraten muss.“

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Wir beantworten die wichtigsten Fragen zur Initiative.

Wie ist die bisherige Rechtslage?

Bisher dürfen in Deutschland Organe und Gewebe nach dem Tod nur entnommen werden, wenn die verstorbene Person zu Lebzeiten ausdrücklich eingewilligt hat. Ist das nicht der Fall, müssen die Angehörigen des verstorbenen Menschen darüber entscheiden. Das bringt sie häufig in eine emotional sehr schwierige Lage, zumal die Entscheidung in der Regel unter Zeitdruck getroffen werden muss.

Das Transplantationsgesetz (TPG) in Deutschland gibt es seit 1997. Was hat sich seither getan?

Das Gesetz ist seither mehrfach überarbeitet worden. 2012 wurde die Entscheidungslösung eingeführt. Sie sieht vor, dass alle Krankenkassen ihren Versicherten ab 16 Jahren regelmäßig ergebnisoffene und neutrale Information zur Organspende anbieten und sie ermuntern sollen, die eigene Entscheidung zur Organ- und Gewebespende zu dokumentieren.

Am 1. März 2022 ist ein Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende in Kraft getreten. Was bedeutet das nun wieder?

Das Gesetz brachte einige Neuerungen zur Aufklärung und Abfrage der Entscheidungsbereitschaft mit sich und legte die Voraussetzung für das im März 2024 ins Leben gerufene Organspende-Register.

Was hat es damit auf sich?

Das Organspende-Register ermöglicht es, eine Entscheidung für oder gegen eine Organ- und Gewebespende rechtlich bindend zu dokumentieren. Es bietet eine digitale Möglichkeit, die eigene Meinung zur Organspende festzuhalten und zu sichern. Das Register wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte verwaltet.

Wer kann das Register nutzen?

Alle in Deutschland lebenden Personen ab 16 Jahren können ihre Entscheidung im Organspende-Register eintragen. Für die Nutzung muss die Online-Funktion des Personalausweises aktiviert sein. Man kann seine Entscheidung aber auch weiterhin schriftlich dokumentieren oder sie in einer Patientenverfügung hinterlegen.

Widerspruchslösung – was bedeutet das?

Was würde sich bei einer Widerspruchslösung ändern?

Bei einer Widerspruchslösung wären alle Bundesbürger automatisch potenzielle Organspender, es sei denn, sie haben dem ausdrücklich widersprochen, also schriftlich dokumentiert, dass sie einer Organentnahme nicht zustimmen. Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ist ein Befürworter dieser Lösung.

Wie muss man sich das konkret vorstellen?

Sollte die Initiative im Bundestag zur Abstimmung kommen und das Gesetz eine Mehrheit finden, würden nach einer Übergangszeit von zwei Jahren alle Menschen in Deutschland ab dem 14. Lebensjahr mehrfach darüber informiert, dass sie ausdrücklich widersprechen müssen, wenn sie gegen eine Organentnahme nach ihrem Tod sind.

Warum bringt NRW jetzt eine Gesetzesinitiative ein?

Weil der Bundestag sich in dieser Legislaturperiode noch nicht mit dem Thema Widerspruchslösung befasst hat, will NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) diesen Vorstoß wagen. Der Bundesrat wird sie in seiner Sitzung am Freitag, 14. Juni, über die Initiative aus NRW beraten und sie dann als Gesetzentwurf in den Bundestag einbringen. Dann wäre eine Entscheidung noch im Herbst möglich.

Wie sind die Erfolgsaussichten?

Laumann ist recht optimistisch, dass es zu einer Widerspruchslösung kommt. Im Landeskabinett sei die Initiative von CDU und Grünen einstimmig beschlossen worden. Deshalb sei es richtig, die Systemfrage noch einmal zu diskutieren.

„Die letzte Abstimmung war 2020“, so Laumann. Seither habe er in der Politik einen Stimmungswandel vernommen. Er hoffe, dass die Initiative einen Schub bekomme, weil sie vom Bundesrat in den Bundestag getragen und damit in der Länderkammer und im Parlament beraten werde. Letztlich müssten die Bundestagsabgeordneten über die Frage für sich persönlich nach ihrem Gewissen entscheiden. „Mit der anderen Zusammensetzung des Bundestags durch die Wahl 2021 birgt eine erneute Abstimmung die Chance, die Widerspruchslösung endlich einzuführen – und mehr Leben zu retten“, so Laumann.

Wie ist die Lage bei den Organspenden in NRW?

In NRW warten derzeit rund 1800 Menschen auf ein Spenderorgan, bundesweit sind es 8400. Die Zahl der Organspenden liegt deutlich darunter. Im Jahr 2023 waren es in NRW nur 503, bundesweit 2985. Die Zahl der Spender liegt noch deutlich niedriger, weil einem Verstorbenen häufig mehrere Organe entnommen werden. Deutschlandweit waren es 965, in NRW 166.

Solange die alte Regelung noch gilt: Wie kann ich dokumentieren, dass ich für Organspenden zur Verfügung stehe?

NRW hat im März die Kampagne „#NRWEntscheidetSich“ ins Leben gerufen. Sie geht aus dem Projekt „#RuhrEntscheidetSich“ des Universitätsklinikums Essen hervor, das über die Möglichkeiten der Organspende informiert. Auf der Homepage kann mit wenigen Klicks ein Organspendeausweis beantragt werden, der kostenlos zugesandt wird.