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„Denke über Sterilisation nach“Frauen berichten über ihre Erfahrungen mit der Pille

Lesezeit 5 Minuten
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Kleine Pille, große Auswirkungen

  1. 60 Jahre wird die Anti-Baby-Pille dieses Jahr. Sie ist immer noch das beliebteste Verhütungsmittel in Deutschland.
  2. Doch immer mehr Frauen möchten aufgrund der Nebenwirkungen keine Hormone mehr einnehmen.
  3. Unsere Autorin Petra Pluwatsch hat mit drei Frauen über ihre persönlichen Erfahrungen mit der Pille gesprochen.

Köln – Jede Frau erlebt ihre ganz eigene Geschichte, wenn sie beginnt die Pille zu nehmen. Hier erzählen drei Frauen zwischen 23 und 64 Jahren von ihren Erfahrungen.

Renate (64), Sozialarbeiterin

Ich habe mit 21 Jahren, als Studentin, angefangen, die Pille zu nehmen. Das war 1976. Ich war damals gerade zu Hause ausgezogen und wohnte zusammen mit zwei Frauen in einer Dreier-WG. Ich komme aus einem streng katholischen Elternhaus. Vor allem mein Vater ließ mir nur wenige Freiheiten. Jetzt konnte ich endlich mein eigenes Leben leben und machen, was ich wollte.

In einer Studentendisco lernte ich dann meinen ersten richtigen Freund kennen. Anfangs haben wir Kondome benutzt, aber schön war das nicht. Also bin ich zur Frauenärztin gegangen und habe mir die Pille verschreiben lassen. Das war überhaupt kein Problem. Alle nahmen die Pille. Die Ärztin hat mir ohne groß nachzufragen das Rezept rübergeschoben. Über mögliche Alternativen hat sie mich nicht aufgeklärt, und auch ich selber hätte damals gar nicht gewusst, wie ich anders hätte verhüten können.

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Damals habe ich mir überhaupt keine Gedanken gemacht über die Hormone, die ich jeden Tag nahm, oder über mögliche Veränderungen in meinem Körper. Das kam erst später. Bald merkte ich, dass die Pille Nebenwirkungen hatte. Ich fühlte ich mich total aufgeschwemmt und hatte Wassereinlagerungen im Körper.

Auch psychisch ging es mir nicht gut. Manchmal hatte ich das Gefühl, nicht ganz ich selbst zu sein. Dennoch habe ich die Pille ungefähr zehn Jahre lang genommen. Ich wollte keinesfalls schwanger werden, und sie gab mir die Gewissheit, dass nichts passieren konnte. Ohne die Pille wäre ich vielleicht zurückhaltender gewesen in meinem Sexualverhalten.

Mit Mitte 20 lernte ich meinen jetzigen Mann kennen, und irgendwann wollten wir Kinder haben. Also habe ich mit Anfang 30 die Pille abgesetzt. Doch ich wurde einfach nicht schwanger, der Östrogenspiegel war zu hoch. Endlich, als ich schon 34 Jahre war, hat es geklappt. Wir bekamen eine Tochter, zwei Jahre später wurde unser Sohn geboren.

Danach habe ich die Pille nicht wieder genommen, sondern mit der Spirale verhütet. Wenn ich heute jung wäre, würde ich wahrscheinlich gar nicht erst mit der Einnahme anfangen. Die Pille greift sehr stark in den Körper ein, außerdem gibt es inzwischen alternative Verhütungsmethoden. Damals jedoch hat sie mir geholfen, Dinge auszuprobieren und mich dabei absolut sicher zu fühlen.

Anna (41), Politikwissenschaftlerin

Ich hatte mit 16 Jahren meinen ersten Freund. Der war schon 21. Also bin ich zum einzigen Frauenarzt bei uns im Ort gegangen und habe ihn gebeten, mir die Pille zu verschreiben. Meiner Mutter habe ich nichts davon erzählt, und auch sie hatte wohl Probleme, mich auf meine Beziehung anzusprechen. Irgendwann hat sie mich lediglich gefragt, ob ich schon einmal über Verhütung nachgedacht hätte. Ich habe nur gesagt: „Ist alles erledigt.“ Damit war das Thema durch, und sie hat nie mehr nachgefragt.

Mittlerweile nehme ich die Pille seit 25 Jahren. Ich vertrage sie super und hatte nie Probleme damit. Ganz anders als mit der Spirale. Die musste ich mir vor einigen Jahren nach kurzer Zeit wieder herausnehmen lassen. Zwischendurch habe ich die Pille zweimal für längere Zeit abgesetzt, einmal, als ich keinen Freund hatte, und das zweite Mal, als ich in einer Fernbeziehung mit meinem jetzigen Partner lebte. Ich dachte: Warum sollst Du Hormone nehmen, wenn Ihr Euch so selten seht? Das war allerdings eine Fehlkalkulation, in dieser Zeit ist nämlich unser erstes Kind entstanden. Heute ist es elf Jahre alt.

Inzwischen habe ich zwei Kinder, und unsere Familienplanung ist abgeschlossen. Außerdem bin ich schon über 40 und möchte die Pille nach den vielen Jahren eigentlich gar nicht mehr nehmen. Es heißt ja, eine Langzeiteinnahme könne gesundheitliche Risiken bergen. Viele Frauen aus meiner Generation nehmen sie nicht mehr. Sie verhüten entweder anders oder gar nicht. Manche rechnen auch einfach aus, wann ihre fruchtbaren Tage sind, und verlassen sich darauf.

Ich habe schon einmal über eine Sterilisation nachgedacht. Aber der Eingriff ist mir momentan zu aufwendig, und mein Partner möchte sich nicht sterilisieren lassen. Also werde ich die Pille wohl noch eine Weile weiternehmen.

Ella (23), Krankenschwester

Mit 16 hatte ich meinen ersten Freund, und irgendwann fragte mich meine Mutter, ob ich nicht die Pille nehmen möchte. Also sind wir zusammen zum Frauenarzt gegangen, der mich über die verschiedenen Verhütungsmethoden aufgeklärt hat. Für mich kam nur die Pille infrage. Die Spirale oder Kupferkette hätten mir nur unter Vollnarkose eingesetzt werden können. Außerdem wollte ich dauerhaft keinen Fremdkörper in meiner Gebärmutter haben.

Doch plötzlich litt ich unter Migräneanfällen. Ich vermute, dass die Pille daran schuld war. Trotzdem habe ich sie weiter genommen, bis mein damaliger Freund und ich uns trennten. Danach habe ich sie abgesetzt – ich wollte meinem Körper diese tägliche Hormonzufuhr nicht ohne Not zumuten.

Bei uns auf dem Dorf war es damals normal, dass schon Zwölf-, 13-Jährige die Pille gegen Akne verschrieben bekamen. In dem Alter denkt man überhaupt nicht darüber nach, was ein Hormonpräparat mit dem Körper macht. Wenn der Arzt sagt: „Davon bekommst Du schöne Haut“, dann nimmt man das Zeug.

Ich sehe das inzwischen wesentlich kritischer, vielleicht, weil ich in einem medizinischen Beruf arbeite. Ich nehme die Pille als reines Verhütungsmittel, und auch nur dann, wenn ich sie wirklich brauche. Zumal ich, nachdem ich sie abgesetzt hatte, große Probleme bekam. Plötzlich hatte ich starken Haarausfall, meine Periode kam unregelmäßig, und ich litt unter Stimmungsschwankungen. Erst da habe ich richtig begriffen, was die Pille mit dem Körper macht. Inzwischen habe ich einen neuen Freund und nehme sie wieder. Ich würde mich freuen, wenn es Alternativen dazu gäbe, mit denen der Körper auch umgehen kann. Oder wenn endlich die Pille für den Mann auf den Markt käme. Mein Freund würde sie sofort nehmen.