Inzidenzzahlen steigenIst es sinnvoll, mit Maske zu joggen oder ist das ungesund?
Köln – In Zeiten von in die Höhe schnellenden Inzidenzzahlen sind Fitnessstudios und Breitensportvereine geschlossen. Viele, die trotzdem fit bleiben und keine Lockdown-Kilos ansetzen möchten, gehen Joggen. Für die einen jedes Mal aufs Neue eine Überwindung, für andere die mit Vorfreude erwartete Abwechslung im Alltag. Bei der Laufrunde, ob klein oder groß, kreuzen sich jedoch meist unvermeidbar die Wege mit Spaziergängerinnen, Hundehaltern oder anderen Sporttreibenden. Ist es also sinnvoll, mit Maske zu joggen? Oder kann dies sogar gefährlich werden?
Die Joggingrunde mit Maske zu absolvieren sei auf jeden Fall „nicht schädlich“, sagt Professor Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule Köln. „Ich selbst mache das nicht. Ich halte immer sehr viel Abstand, gehe anderen aus dem Weg“, sagt er. „Dann braucht man das meines Erachtens nicht, wenn man sich draußen bewegt.“
Der aus dem Alltag bekannte Abstand reicht beim Sport allerdings wohl nicht aus. Bewegung und das tiefere Ein- und Ausatmen spielen hier eine Rolle. Im April hatten Wissenschaftler aus Belgien und den Niederlanden in einer Studie herausgefunden, dass beim Sport mehr Abstand nötig sein könnte. Sie kamen, für den Fall, dass sich zwei Menschen in einer geraden Linie hintereinander bewegen, beim Spazieren auf fünf, beim Joggen auf zehn und beim Radfahren sogar auf 20 Meter Abstand. Bewegt man sich diagonal versetzt oder direkt nebeneinander, sinke das Infektionsrisiko.
Sauerstoffsättigung „auf ganz hohem Niveau“
Nun sind solche Abstände nicht auf allen Laufrunden einzuhalten. Bei einigen muss man Straßen oder Plätze, an denen es eine Maskenpflicht gibt, queren. Und einige fühlen sich ohne Maske schlichtweg nicht sicher und haben Bedenken, andere anzustecken zu können. Dann ist das Joggen mit Maske „keine schlimme Idee und nicht tragisch“, so Froböse. „Für uns ist der relevanteste Faktor: Wie viel Sauerstoff kommt eigentlich in den Organismus hinein?“ Und da geben Froböse und andere Forscher grünes Licht. Kamen zu Beginn der Pandemie noch Gerüchte auf, das Tragen von Masken würde die Sauerstoffzufuhr teils gefährlich reduzieren, so haben Studien wie beispielsweise diese aus Kanada längst gezeigt, dass die Sauerstoffsättigung auch mit Maske noch bei guten knapp 96 Prozent liegt. „In der Regel liegt der Sauerstoffgehalt selbst bei FFP2-Masken, mit denen ich ja auch bislang niemanden laufen gesehen habe, weiterhin auf einem ganz hohen Niveau“, sagt Froböse.
Allerdings sollte man auf einige Dinge achten, wenn man sich dazu entscheidet, mit Maske zu joggen. „Wenn wir mit sportlicher Belastung anfangen, hat der Körper sofort einen erhöhten Bedarf. Aber die Funktionen sind noch nicht darauf eingestellt“, erklärt Froböse. Die Konsequenz: Atem- und Herzfrequenz erhöhen sich. Nach drei bis fünf Minuten komme der Körper dann in eine Balance „wir nennen das Steady State.“ Nun hat der Körper wieder genug Sauerstoff zur Verfügung, die Atmung beruhigt sich. „Idealerweise atmen wir dann auf vier Schritte einmal ein und auf vier Schritte einmal aus“, sagt Froböse. Generell, aber beim Sport mit Maske, empfiehlt Froböse besonders, die Belastung an der Atmung zu orientieren. „Nehmen Sie die Atmung als wichtigen Indikator dafür, ob Sie ausreichend Sauerstoff bekommen oder nicht.“ Auch auf den Puls könne man gut achten. Wenn sich dieser auch mit Maske in einem normalen Bereich bewegt, dann ist alles in Ordnung.
Nicht an die Grenzen gehen
Lieber verzichten sollte man mit Maske jedoch tatsächlich auf höchstintensive Belastungen wie Intervall- oder Bergaufläufe. Denn bei dieser Art des Trainings kommt man bewusst in eine gewisse Sauerstoffnot. „Und dann ist auch schon eine gering beeinträchtigte Sauerstoffzufuhr immer ein Problem“, warnt Froböse. Wer also an seine Grenzen gehen möchte, der sollte auf die Maske beim Laufen verzichten.
Wer sich für die Maske entscheidet, trifft auf aus dem unsportlichen Alltag bekanntes Problem. Irgendwann wird die Maske feucht. Beim Sport wird dieser Prozess durch Schweiß und eine kräftigere Atmung stark beschleunigt. „Das ist natürlich eine erhöhte hygienische Anforderung an das Maskenmaterial“, sagt Froböse. Deshalb gilt hier besonders: Einwegmasken dürfen nur einmal getragen und wiederverwendbare Masken müssen gründlichst gewaschen werden. Wer länger unterwegs ist, kann sich auch eine zweite Maske zum Laufen mitnehmen und sie nach der Hälfte des Weges wechseln.
„Sportmasken weder besser noch schlechter“
Nach den ersten Beschränkungen dauerte es nicht allzu lange, bis sich die ersten Sportartikelhersteller mit eigenen sogenannten Sportmasken mit breiten Schultern auf dem Werbemarkt platzierten. Vom Kühleffekt bis hin zu besserer Luftdurchlässigkeit versprechen die Hersteller einiges, lassen sich dies auch gut bezahlen. Froböse sieht darin nur wenig Sinn. „Ich brauche keine Sportmaske, die ist weder besser noch schlechter. Das einzige, was sie ist: Sie sieht stylischer aus. Eine Maske hat ja zwei Effekte: Zum einen schützt sie andere, und da hilft jede andere Maske auch.“ Dass man selbst weniger möglicherweise virenbelastete Aerosole einatme, sei die andere Geschichte. „Aber das ist draußen relativ selten der Fall. Und wenn ich mich da an Abstände halte, ist die Gefahr sehr gering.“
Das könnte Sie auch interessieren:
Manch einer mag sogar denken, dass das Laufen mit Maske nicht nur keinen negativen, sondern auch einen positiven Effekt auf das Training hat. So komme das Joggen mit Maske doch praktischerweise einem Höhentraining nahe. Das sei jedoch Unsinn, sagt Froböse. „Das ist herbeigeredet, beim Höhentraining habe ich eine deutlich höhere Sauerstoffnot. Beim Laufen mit Maske habe ich keinen zusätzlichen Trainingseffekt. Ganz im Gegenteil: Ich würde das Laufen so betreiben, dass es quasi immer noch dem alten Laufen ähnelt. Das reguliere ich über die Herz- und Atemfrequenz und über nichts anderes.“