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Tipps für Sport zu Corona-ZeitenLeverkusener Fitnesstrainer warnen vor Workout-Videos

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Meike Mayer, Trainerin beim Leverkusener Verein für Gesundheitssport (VGS), bietet Online-Kurse an.

Leverkusen – Seit dem Beginn des Lockdown light reibt sich so manch innerer Schweinehund die Hände. Sport? Der fällt erst einmal aus, denn Sportstätten und Schwimmbäder sind seit Anfang November vorerst geschlossen und generell gilt: Auch beim Sport ist das Zusammentreffen von Personen aus mehr als zwei Haushalten nicht erlaubt. Wie bleibt man fit während der Pandemiezeit, in der eigentlich empfohlen wird zu Hause zu bleiben und soziale Kontakte so viel wie möglich zu reduzieren?

Regelmäßige Bewegung wirkt sich auf die Psyche aus

Christian Fluck, Sportmediziner und Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, rät: „Drei Mal pro Woche zwanzig Minuten Herz-Kreislauftraining, das über die normale Belastung hinaus geht, ist empfehlenswert. Das kann zum Beispiel Joggen oder Fahrradfahren im Freien sein oder Training auf einem Heimtrainer.“ Auch auf der Corona-Webseite des Gesundheitsministeriums heißt es, dass sich regelmäßige Bewegung positiv auf die körperliche und psychische Gesundheit auswirke.

Sportmediziner Christian Fluck ermuntert, Sport zu treiben.

Dass vor allem der Mannschaftssport durch die Corona-Pandemie vor Herausforderungen steht, weiß Thomas Röhrich, Jugendkoordinator der Basketballabteilung beim TSV Bayer 04 Leverkusen. Doch Röhrich wurde kreativ, um die Kinder und Jugendlichen in Bewegung zu halten: Er erstellte eine digitale Pinnwand mit unterschiedlichen Rubriken, in denen kurze Trainingseinheiten zu finden sind.

Digitale Mannschafts-Workouts werden zur Alternative

„Ich habe die Mannschaft in zwei Teams eingeteilt, so dass die Teams gegeneinander spielen und jeder so viele Trainingseinheiten absolviert, wie er kann“, erklärt Röhrich. Für jede absolvierte Einheit werden Punkte vergeben, die dem jeweiligen Team gutgeschrieben werden. „Die Workouts finden nicht nur vor dem Bildschirm statt. Es gibt auch Einheiten, die draußen gemacht werden können. Ich bin sehr überrascht, wie sensationell da Gas gegeben wird“, freut sich Röhrich über den sportlichen Ehrgeiz der Mannschaften.

Eine professionelle Ausstattung wird nicht jeder zuhause parat haben, doch es lässt sich auch viel improvisieren,

Doch nicht allen fällt es leicht, sich zum Sport zu motivieren. „Für viele ist es eine große Hürde, in Bewegung zu kommen, und wenn schließlich der feste Termin oder auch das Material fehlt, wird es schwierig“, meint Diplomsportwissenschaftlerin Meike Mayer, die als Trainerin beim Leverkusener Verein für Gesundheitssport (VGS) verschiedene Sportkurse anbietet. Der Verein hat wie viele Studios zu einer Online-Lösung gefunden, die beim VGS sowohl Live-Kurse im Fitness-Bereich als auch Prävention und Rehasport abdeckt. Auch Trainingsvideos zu unterschiedlichen Themen werden kostenfrei online zur Verfügung gestellt.

Motivation fällt schwer - ältere Menschen bleiben auf der Strecke

Vor allem für die jüngeren Generationen sei es einfacher, sich mit der Technik von Zoom und Facebook Live vertraut zu machen, doch befürchtet Mayer, dass die ältere Klientel auf der Strecke bleibt. „Es gibt bei uns jedoch erfreulicherweise auch einige unserer älteren Teilnehmer, die sich technisch reingefuchst haben oder Unterstützung bekommen haben“, erklärt Mayer. Sie mache sich primär Sorgen um die Menschen, die krankheitsbedingt vorbelastet sind und durch die nun auch noch entstehende mangelnde Bewegung eine schwindende Belastbarkeit beklagen.

Übungen in Videosequenzen

Damit auch ältere Menschen oder Vorerkrankte nicht aus der Bewegung kommen, stellt die Aktion „Teamgeist - für Menschen mit Demenz“ Übungen in kurzen Videosequenzen vor, die Balance, Koordination und Kraft ansprechen (www.zusammengegencorona.de/teamgeist/). Zudem bietet das Programm „Älter werden in Balance“ von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung Tipps und Ratgeber an, welche Bewegungen und Übungen leicht in den (Pandemie-) Alltag integriert werden können (www.aelter-werden-in-balance.de).

Auch der Verein für Gesundheitssport in Leverkusen bietet Online-Kurse für jede Altersklasse in den Bereichen Fitness, Prävention sowie Rehasport an (www.vgs-lev.de). (mw)

Sportmediziner warnt vor Workout-Videos auf YouTube

Das Online-Angebot der Fitness-Studios und Vereine trifft in der Internetwelt auf eine starke Konkurrenz. Fitness-Influencer stellen auf Youtube, Instagram oder Tik-Tok Sport-Videos zur Verfügung, deren Übungen einfach zu Hause im Wohnzimmer, WG-Zimmer oder Schlafzimmer nachgemacht werden können. „Bei den Videos fehlt aber die Kontrollfunktion des Übungsleiters. Führt man die Übungen unsauber aus, ist das Risiko sich zu verletzen oder Beschwerden zu bekommen, erhöht“, meint Sportmediziner Fluck.

Daher sei es wichtig eine Trainingsgrundlage zu schaffen und die Übungen langsam und kontrolliert zuerst für sich selbst auszuführen, bevor man eine komplette Sequenz mitmacht, so Fluck. Auch das geht heutzutage mit Apps oder detaillierten Erklär-Videos im Internet.

Aus dem Fitness-Studio werden die Übungen unter fachlicher Anleitung im Internet in die Privathaushalte übertragen.

„Online-Training kann eine gute Unterstützung sein, aber es ersetzt eben nicht das Training in der Gruppe“

Anders als bei jederzeit abrufbaren Videos auf Youtube oder Facebook hat Meike Mayer im Kurs, der live über Zoom stattfindet, die Möglichkeit die Teilnehmenden zu korrigieren, da viele ihre Videofunktion angeschaltet haben, so dass die Trainerin auf ihrem Bildschirm die Sporttreibenden sehen kann. Doch manch kleiner Fehler ist auch über Zoom nicht ersichtlich – sei es die falsche Atmung oder eine verdrehte Schulter. „Anleitung mit einer guten Qualität ist gerade im Gesundheitsbereich sehr wichtig. Ich versuche über viel Reden und eine sehr präzise Anleitung ein fehlendes Feedback zu kompensieren“, erzählt sie. Ihr als Trainerin fehle vor allem der Austausch mit den Teilnehmenden. „Online-Training kann eine gute Unterstützung sein, aber es ersetzt eben nicht das Training in der Gruppe“, findet Mayer.

Wer nach einem Arbeitstag im Homeoffice dringend einen Tapetenwechsel braucht und das ewige Starren auf einen Bildschirm satt hat, zieht es häufig zum Joggen oder Radfahren ins Freie. Doch wie sinnvoll ist es, beim Ausdauersport einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen? „Wenn es irgendwie geht und die Maskenpflicht es zulässt, macht es mehr Sinn, ohne Maske Sport zu treiben. Mit einer Maske ist die Ausdauerleistung reduziert und die Kreislaufbelastung erhöht, man ist also schneller erschöpft“, meint Fluck. Er empfiehlt daher, sich zum Joggen oder Radfahren beispielsweise im Wald aufzuhalten, wo der Mindestabstand gewahrt werden kann und weniger Leute unterwegs sind.

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Bewegung als Präventivmaßnahme

Sowohl Mayer als auch Fluck betonen, wie wichtig es ist, in Bewegung zu bleiben: „Sport hat einen positiven Effekt auf unser Herzkreislaufsystem und stärkt, wenn man es nicht übertreibt, die Abwehrkräfte. Man wird widerstandsfähiger, Bewegung als Präventivmaßnahme ist daher sinnvoll“, erklärt Fluck.

Auch eine gesunde und ausgewogene Ernährung, viel trinken sowie stärkende Nahrungsmittel wie Ingwer und Kurkuma und ein gedeckter Zink- und Vitamin C-Haushalt können das Immunsystem unterstützen. Mayer appelliert zudem an Politik und Medien vermehrt zu thematisieren, was jeder für das eigene Wohlergehen tun kann und fordert: „Ernährung und Bewegung müssen mehr in den Fokus gerückt werden.“