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VorsichtsmaßnahmeTemperatur messen zum Schutz vor dem Coronavirus – bringt das was?

Lesezeit 3 Minuten
Fieber messen

Eine Ärztin misst vor dem Eingang eines Krankenhauses die Temperatur eines Besuchers.

Köln – Wie eine Pistole richtet ein Maskierter das Fieberthermometer auf die Stirn. Per Infrarot wird die Körpertemperatur gemessen. Während der Corona-Pandemie begegnet es einem immer mal wieder, ob bei Flugreisen oder dem Eintritt in ein Pflegeheim. „Haben Sie Fieber?“ Temperatur-Check: Nein. „Okay, dann können Sie eintreten.“ Doch das ist noch lang nicht gleich zu setzen mit der Frage: „Haben Sie Covid-19?“ Was bringt also das Temperaturmessen als Vorsichtsmaßnahme? Nicht viel, sagen Wissenschaftler.

Experten des Robert Koch-Instituts haben die Durchführung von Temperaturmessungen als Methode für Flughafen während der Corona-Pandemie eingeschätzt. Das stärkste Argument, das gegen den Fieber-Check als Maßnahme zur Erkennung von Covid-19 spricht: Nicht alle an Covid-19-Erkrankten entwickeln als Symptom Fieber. Laut den Daten des RKI, Stand 13. November, entwickeln in Deutschland nur 31 Prozent der Erkrankten auch Fieber.

Viele Covid-19-Fälle würden nicht erkannt werden

Außerdem geben die Experten zu bedenken, dass Covid-19-Fälle mit Fieber die Erkrankung mit der Einnahme von fiebersenkenden Mitteln verschleiern könnten. Über das reine Temperaturmessen wäre dies also nicht zu erkennen.

Problematisch sei auch: Ein Anteil von Personen, die nachweislich mit dem Coronavirus infiziert sind, entwickeln gar keine Symptome – sind aber trotzdem ansteckend. Ebenfalls schon ansteckend seien Personen, die sich noch in der Frühphase der Erkrankung befinden und erst im Verlauf Symptome entwickeln. All diese Personen würden durch eine Fiebermessung nicht erkannt werden.

Nicht alle Fieber-Kranke werden Covid-19 haben

Auf der anderen Seite müsse davon ausgegangen werden, dass eine Vielzahl falsch positiver Ergebnisse durch das Messen der Temperatur festgestellt werden. Denn das Fieber müsse ja keineswegs Covid-19-bedingt sein. Im Falle der Flughafenkontrollen würden diese Personen für mehrere Stunden an der Weiterreise gehindert, so die Experten.

Für eine solche Maßnahme wäre ein sehr hoher Personal- und Ressourceneinsatz nötig. Gerade für die Flughäfen in Deutschland. Laut Statistischem Bundesamt traten im Jahr 2019 an den 24 größten Flughäfen in Deutschland rund 124,4 Millionen Fluggäste eine Flugreise an. Es handle sich also um ein großes logistisches und personelles Unterfangen – auch wenn man als Folge der Pandemie von einem vorerst reduzierten Fluggastaufkommen ausgehe. Denn neben Räumlichkeiten bedürfe es unter anderem geschultes nicht-medizinisches und medizinisches Personal sowie Schutzausrüstung.

Bei früheren Ausbrüchen als Maßnahme nicht effektiv

Hinzukomme, dass Deutschland nicht nur über den Luftweg zu erreichen ist. Ein Screening im Rahmen von Temperaturmessungen an deutschen Flughäfen würde also nur sinnvoll sein, wenn an allen Grenzübergängen kontrolliert werden würde, was zusätzliche personelle Ressourcen erfordern würde. „Bei einer flächendeckenden Einführung solcher Kontrollen würden jedoch Handel und Verkehr in unangemessener Weise behindert“, heißt es in dem Bericht.

Bei früheren Ausbrüchen wie Sars im Jahr 2003 und der so genannten Schweinegrippe (H1N1) im Jahr 2009 habe sich der Einsatz von solchen Screening-Maßnahmen nicht als wirksam erwiesen, um Fälle zu erkennen. „Während der SARS-Epidemie im Jahr 2003 führten Kanada, Australien, Singapur und Taiwan Entry-Screening-Maßnahmen ein. Kein einziger SARS-1-Fall konnte so entdeckt werden, obwohl in den genannten Ländern SARS-Fälle auftraten.“

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Da Covid-19 deutlich milder verlaufe als Sars, in vielen Fällen eine Infektion ohne Symptome bleibe und Erkrankte bereits vor den ersten Symptomen infektiös sein können, „eignet sich diese Krankheit noch weniger als bei Sars für ein Temperatur-Screening“, wird es im Bericht zusammengefasst.

Insgesamt werden Temperaturmessungen an Flughäfen bei der Covid-19-Bewältigung in Deutschland von den Experten für ineffektiv und der mögliche Mehrwert für vernachlässigbar eingeschätzt. Hinzukomme, dass solche Screening eine Momentaufnahme darstellen und durchaus ein falsches Sicherheitsgefühl vermitteln. Denn kein Fieber zu haben bedeutet noch lange nicht, kein Träger des Coronavirus zu sein.