Erfahrungen mit Tinder-DatingDiese lustigen Geschichten sind wirklich passiert
Köln – Über Dating-Apps wie Tinder, Grindr, Bumble oder OkCupid kann man denken, was man will – unstrittig dürfe jedoch sein: Wer sich auf das Experiment einlässt, hat etwas zu berichten. Lustige Begegnungen, schräge, seltsame, bemerkenswerte – diese Geschichten möchten wir erzählen. Und Sie gleichzeitig aufrufen: Haben Sie mit Dating-Apps etwas erlebt, von dem Sie gern berichten würden? Schreiben Sie uns, gern auch anonym, an ksta-community@dumont.de Betreff „Tinderdate“ – eine Auswahl veröffentlichen wir auf ksta.de.
Tinder-Erfahrungen:
Zielvereinbarung fürs Bett
Paula (Name geändert)
Okay, ich gebe es zu: Auf dem Ganzen lag von vornherein kein Segen. Die Unterhaltung nach dem Matchen – dem Moment, in dem man gegenseitig bekundet, grundsätzlich so etwas wie Interesse am Anderen zu haben – war erst leicht öde (das scheint aber der Normalfall zu sein dort. Stichwort: „Hey, na?“) und dann leicht schockierend. Denn der junge Herr, nennen wir ihn Leon, prahlte ziemlich früh damit, mit wie vielen Frauen er schon im Bett gewesen war. Ich erinnere mich nicht mehr an die genaue Zahl, nur dass sie deutlich über 100 lag, das weiß ich noch. Wiewohl, logisch, jeder machen kann, was er mag, doch auch wenn er offen kommuniziert, sind Prahlereien darüber natürlich unterirdisch.
Und so erkundigte ich mich mehr aus Neugierde (leider bin ich sehr neugierig), wie Leon den Überblick behielt, ob er zum Beispiel sämtliche Namen in einem Heftchen vermerkt. Nein, ein Heftchen gebe es nicht, schließlich, so erzählte Leon freimütig, wisse er nicht mal alle Namen. Logisch, dachte ich, das erschwert eine vernünftige Buchführung enorm. Ich versuchte es mit einem Witz und fragte, ob er dann womöglich Kerben in sein Bettgestell ritze, aber auch das verneinte er. Leons Lösung war so einfach wie pragmatisch: Er benutzte einen Clicker, ich meine, er hatte ihn aus einem alten Yps-Heft. Ein Click, eine Frau, so simpel.
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Leon, das erfuhr ich dann, war nicht nur ein organisierter, sondern auch ein auf seine sehr spezielle Weise ambitionierter junger Mann – er setzte sich Ziele in seiner ganz eigenen Disziplin, und gedachte dann auch, diese einzuhalten. „56“, sagte er also, als ich ihn (sagte ich, dass ich sehr neugierig bin?) fragte, was sein Ziel sei. Ich rätselte: Wieso gerade 56 und in was für einem Zeitraum? Leons Gesicht leuchtete geradezu stolz, als er mich aufklärte: „Jede Woche eine.“
Ich raube wirklich ungern Illusionen, aber dass das Jahr 52 Wochen hat, musste ich ihm doch einfach sagen. Leon sackte ein bisschen in sich zusammen, die ganze Selbst-Zielvereinbarung war damit für die Katz. Ich versuchte noch, ihn zu trösten, dass er ja jetzt ein bisschen langsamer machen könnte, sich weniger stressen müsste, schließlich hatte er ja, sagen wir, überabgeliefert – geklappt hat es leider nicht, ich konnte ihn nicht trösten.
Dafür habe ich ihm immerhin einen weiteren Click geschenkt.
Wie ich auf Tinder die Wahrheit fand
Vera (Name geändert)
Hurra. Auf dieses Match hatte ich gehofft. Super Typ, super Grinsen. Also, Mühe geben beim Einstieg in die Konversation. Originell, lässig, lustig. Doch mein potentielle Liebe in spe schrieb nur einen Satz zurück: „Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich muss gerade ein bisschen lachen“. Fragezeichen! Ich: „Lässt du mich mitlachen?“ Er: „Wenn dein Ex Lars heißt und meine Ex Tina, haben die beiden auch ohne Tinder zueinander gefunden.“ Wie bitte? Mein Ex-Freund, der bei unserer Trennung vor einem Jahr behauptet hatte, es gäbe auf gar keinen Fall eine Neue in seinem Leben? Obwohl ich es ihm auf den Kopf zugesagt hatte. Mehrfach. Ohne Beweise natürlich. Hoch und heilig, die Liebe sei ihm einfach abhandengekommen. Interessant. Sehr interessant.
„Therapiegruppe?“, schrieb ich zurück. Wir trafen uns zwei Abende später im Stiefel auf der Zülpicher. Etliche Biere später wusste ich dann, dass mein Ex mich ein halbes Jahr lang mit Tina betrogen hatte, bevor ihm die Liebe – plötzlich – abhandenkam. Tina war mit ihrem Ex, mit dem sie über ein Kind nach wie vor zwangsläufig verbunden war, wenigstens ehrlicher umgegangen. Max wiederum hatte nach der Trennung meinen Ex im Internet gestalkt, dabei Bilder von mir gefunden und mich bei Tinder erkannt. Tja. Immerhin wusste ich jetzt, dass mein Ex keine Träne wert war. Irgendwie witzig, wenn aus Max und mir was geworden wäre… Aber die Pointe haben wir allen erspart.
Nett, aber ne!
Paul (Name geändert)
Attraktives Bild, interessante Interessen, kurzer Swipe nach rechts, sieh an: „It’s a match“. So weit, so gut. Es folgen ein paar nette Chat-Gespräche und eine Verabredung, sich doch mal zu treffen. Entspannt mit Kioskbier um den Block laufen, vielleicht was kleines Essen gehen. Alles möglichst vage halten, bloß nicht zu konkret planen. Man weiß ja schließlich nie, wer da tatsächlich kommt.
Einige Tage später hole ich sie also mittags am Kölner Hauptbahnhof ab. Das reale Aussehen weicht leicht von den Bildern ab, aber nicht tragisch. Die Gespräche beim Spaziergang am Rhein entlang mit Kioskbier in der Hand sind nett. Mein Handy vibriert unterdessen immer wieder in der Hosentasche, doch ich ignoriere es, weil ich nicht unhöflich sein möchte. Am Ebertplatz angekommen, beschließen wir einen Burger essen zu gehen. Ein Tisch draußen in der Sonne ist schnell gefunden, das Essen schnell bestellt. Das Handy vibriert unterdessen kontinuierlich weiter. Während wir auf die Burger warten, unterhalten wir uns munter weiter. Themen gibt es genug. Dann muss ich kurz auf Toilette. Auf dem Weg zum WC werfe ich einen schnellen Blick aufs Mobiltelefon, überfliege rund 30 Nachrichten meines besten Freundes, der einfach „nur mal wissen wollte, wie das Treffen denn so verläuft.“
„Sag mal, willst du mich verarschen?“
Zurück am Tisch versuche ich das unterbrochene Gespräch wiederaufzunehmen. Sie hingegen sagt kein Wort. Starrt mich nur mit großen Augen ungläubig an. Als ich frage, was denn los ist, platzt es unmittelbar aus ihr raus: „Sag mal, willst du mich verarschen?“
Ich verstehe nicht. Längere peinliche Stille. Noch ein bisschen länger. „Du hättest mir das auch einfach sagen können“, sagt sie. Ich bin noch immer baff, weiß nicht, worauf sie sich bezieht. „Was meinst du denn?“ „Na, du hast mir doch gerade von der Toilette aus geschrieben“, antwortet sie entsetzt.
Nun bin ich komplett sprachlos. „Hab ich nicht“, denke ich, dann schießen mir die ersten Schweißperlen auf die Stirn und ich realisiere so langsam, was da scheinbar passiert ist. Während ich also feststelle, dass ich auf dem Weg zur Toilette nicht meinem besten Freund sondern ihr geantwortet habe, ist sie schon aufgestanden, hat ihre Jacke und Tasche genommen und verlässt die Terrasse des Burgerladens. „Es tut mir leid“, stammle ich, „das war so nicht gewollt. Erzähl es allen, die du kennst.“
„Hey, na?! Wie war dein Tinderdate?“
Eine Gruppe Teenager am Nebentisch, die die Szene verfolgt hat, kann ihr Lachen nicht mehr zurückhalten; ein Mann bringt die beiden Burger an den Tisch und schaut verwundert drein, als er nur noch mich vorfindet. „Können Sie einpacken“, sage ich, mache eine Zigarette an und wählt die Nummer meines besten Freundes.
„Hey, na?! Wie war dein Tinderdate?“, schallt es durch die Leitung. „Nett, aber ne“, sage ich. „Das hatte ich dir so auch schon vorhin geschrieben. Also dachte ich. Ich erklär dir den Rest später. Bock auf einen Burger?“
Treffen wir uns bei dir?
Sandra (Name geändert)
Es war einer dieser Abende, an denen man keine Lust hat, nochmal rauszugehen. Das Sofa war gemütlich, ein gutes Champions-League-Spiel startete. Aber ich hatte dieses Tinder-Date eben schon vor Tagen ausgemacht und hätte es unfair gefunden, nun so kurzfristig abzusagen. Also machte ich mich auf zur Bahnhaltestelle, an der wir uns verabredet hatten.
Sein Vorschlag war ein Treffen bei mir zu Hause gewesen, was bei einem ersten Date immer heißt: Da will jemand möglichst schnell zur Sache kommen. Offensichtlich gibt es ja Frauen, die nichts dabei finden, einen Wildfremden in ihre Wohnung zu lassen. Meine klare Regel lautet hingegen: Erste Treffen nur an öffentlichen Orten.
Als wir uns an der Bahn trafen, schlug ich vor, in eine nette Kneipe in der Nachbarschaft zu gehen. Seine Antwort: Nein, das sei nicht so seins, da sitze man sich ja so blöd gegenüber. Sie ahnen, welchen Vorschlag er wiederholte!? Ich ärgerte mich total, dass ich ihm nicht doch abgesagt hatte, schlug aber, um den Abend zu retten, einen Spaziergang vor.
Bei diesem trottete er missmutig neben mir her und hatte an allem, was ich sagte, etwas auszusetzen. Als wir an der nächsten Haltestelle vorbeikamen, war die Sache für mich klar. Ich schaute ihn an, er schaute mich an. Ich sagte: Dann können wir es ja auch dabei belassen. Er bejahte und ging. Ich habe das Match natürlich sofort gelöscht und nie wieder etwas von ihm gehört. Das einzige Gute an diesem Abend war, dass ich pünktlich zur zweiten Halbzeit wieder zu Hause war. Und das Spiel war dann tatsächlich gar nicht mal so schlecht.