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In Sachen LiebeWarum Tinder und Co. Dating maximal unverbindlich machen

Lesezeit 3 Minuten
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Dating-Partner findet man heute zunehmend über Apps wie Tinder. 

  1. Im wöchentlichen Wechsel beantworten die Psychologen Damaris Sander und Peter Wehr sowie Urologe Volker Wittkamp und Schauspielerin Annette Frier in der Kolumne „In Sachen Liebe” Ihre Fragen rund ums Liebesleben, Sex und alles, was Paaren begegnet.
  2. In dieser Folge gibt der Psychologe Peter Wehr Rat bezüglich der Partersuche über Online-Plattformen wie Tinder.
  3. Sie machen zwar das Dating leichter, nicht aber die Partnersuche, meint er. Wie verringert man diesen Frust?
  4. Lesen Sie hier auch weitere Folgen der Kolumne.

Ich (34) versuche nach meiner Trennung über Tinder einen neuen Partner zu finden. Ich lerne zwar Männer kennen, bin allerdings total frustriert über deren Unverbindlichkeit. Ich möchte mich endlich auch mal anlehnen können. Was tun? Denn die biologische Uhr tickt ja auch.

Sie fühlen sich betrogen. Enttäuscht von dem Versprechen, die Liebe online zu finden; bei Bedarf attraktive Menschen in Ihrer Nähe zu haben, einfach zu chatten und zu flirten, wenn Ihnen danach ist. Zum Beispiel auch als schnelle Hilfe gegen die Einsamkeit. Doch so einfach ist das nicht. Schon gar nicht, wenn es um die Liebe geht.

Obwohl es noch nie so einfach war, ein Date auszumachen, war es gleichzeitig noch nie so schwer, einen Partner zu finden. Nichtsdestotrotz findet Studien zufolge das Kennenlernen heutzutage am häufigsten im Chat statt. Rund 40 Prozent aller Paare sind so zusammengekommen.

Halten wir mal das Gute an Parship, Tinder & Co fest:

Profile halten mehr Information bereit als die Einschätzung von Freunden und Familie.

Die Auswahl an potenziellen Partnern steigt.

Die Hemmschwellen, Kontakt aufzunehmen, sinken.

Negatives gibt es aber auch:Es ist leichter, ohne Grund den Kontakt wieder abzubrechen.

Je größer die Auswahl, um so schwerer ist es, sich zu entscheiden.

Man weiß nie, welche attraktivere Chance noch kommen könnte.

Es geht also darum, einen möglichst klugen Umgang mit diesen Medien zu finden und ihnen einen angemessenen Platz im Leben zu geben. Wenn Sie sich an die fünf Stunden pro Tag mit Tinder beschäftigen, um nur ja den „Hauptgewinn“ nicht zu verpassen, dann ist das definitiv zu viel.

„Eine Beziehung sollte nur die Kirsche auf der Schokoladentorte sein.“ Auf diesen Satz stieß ich, als ich mich mit Ihrer Frage beschäftigte. In diesem Sinne könnten Sie Ihre Zeit sinnvoller ins Kreieren Ihrer ganz eigenen Schokoladentorte investieren, sprich: in ein freudvolles, zufrieden stellendes Leben, statt sich ständig vorzustellen, dass nur ein Partner Sie glücklich machen könnte. Kein guter Fokus! Das wird sowieso nicht funktionieren. Glücklich machen können Sie sich nur selbst.

Natürlich ist es erstrebenswert, Freuden und Nöte im Leben zu teilen und sich gegenseitig zu unterstützen. Doch mit Sicherheit ist es keine gute Herangehensweise, einen Partner zu suchen, damit Sie sich endlich mal an eine starke Schulter anlehnen können. Das klingt vielleicht hart.

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Doch mit Sicherheit ist es hilfreicher, sich jetzt, nach Ihrer Trennung, zuerst auf die Schokoladentorte zu konzentrieren; sich ein Leben einzurichten, in dem Sie sich wohl fühlen und das Sie interessant finden; ein Leben, in dem Sie sich neugierig für Neues öffnen, in dem Sie sich nach und nach ein passendes soziales Umfeld schaffen, das es ihnen ermöglicht, die Freuden und Nöte vor allem auch mit guten Freunden zu teilen, statt Aktivitäten, Hobbys und Reisen gezielt nach der vagen Möglichkeit auszurichten, einen potenziellen Partner zu treffen.

Wenn Sie Ihr Leben so gestalten und genießen, dann sind Sie nicht nur interessiert an dem, was Ihnen das Leben bieten kann und was Sie dem Leben bieten können, sondern dann werden Sie sich selbst auch immer interessanter finden. Sie werden sich Ihres Selbst-Wertes bewusst und gewinnen an Ausstrahlung. Und während Sie diese neue Haltung entwickeln und dranbleiben, können Sie sich hin und wieder auch um eine passende Kirsche für die Schokoladentorte bemühen. Das klingt nach ganz viel Gelassenheit? Ja, ich bin tatsächlich der Meinung: Wer zu schnell ans Ziel will, muss langsamer werden. Fühlen, ob der Weg und die Richtung stimmen, weil das – ganz nebenbei – viel wichtiger ist als Tausend Eigenschaften von Mister Right.