In Sachen LiebeWas tun, wenn sich einer immer angegriffen fühlt?
- Was gibt es Schöneres und Wichtigeres im Leben als die Liebe? Wie wir sie finden, pflegen und sie uns erhalten; was geschieht, wenn sie vergeht oder wir sie verlieren – darum geht es in unserer neuen Kolumne „In Sachen Liebe“.
- Im wöchentlichen Wechsel beantworten die erfahrenen Psycholgen Damaris Sander und Peter Wehr sowie Urologe Volker Wittkamp und Schauspielerin Annette Frier Ihre Fragen rund ums Liebesleben, Sex und alles, was Paaren begegnet.
Wir sind seit fast 30 Jahren ein unverheiratetes Paar, mit zwei Wohnungen. Mein Mann ist neun Jahre jünger. In unserer Beziehung ist es meistens nicht mehr möglich, Meinungsverschiedenheiten zu klären, ohne dass sich einer von uns beiden angegriffen fühlt. Ich höre oft die Bemerkung: „Ich weiß nicht mehr, wie ich mit dir kommunizieren soll. Alles wird missverstanden. Am besten sage ich nichts.“ Zurzeit bleibt jeder mehr für sich, was von meinem Mann ausgeht. Eine Paartherapie kommt für ihn nicht infrage. Halten Sie eine Therapie für sinnvoll, auch wenn nur die eine Hälfte des Paares sie mitmacht?
So wie es sich anhört, sind Sie gemeinsam in eine Negativspirale von Enttäuschungen und Kränkungen geraten. Wie schade, denn Sie sind jetzt beide im wohlverdienten Ruhestand, und vielleicht hatten Sie ja auch gemeinsame Wünsche, Träume und Pläne für diese Zeit. Doch statt Genuss kommt lauter Frust, der sich nur in Schach halten lässt, indem Sie viel Abstand voneinander halten.
Ihnen widerfährt das, was viele Paare im kleineren Maßstab aus dem Urlaub und von Feiertagen kennen: Man freut sich auf die gemeinsame Zeit, doch wenn die stabilisierenden Alltagsfaktoren wie Berufstätigkeit, Freunde und Hobbys wegfallen, treten die Konflikte deutlicher zutage und eskalieren. Nicht zufällig werden die meisten Scheidungen im März und im August eingereicht.
Doch was ist jetzt zu tun? Ihre Beziehung ist gefährdet, von daher braucht es zunächst schnelle Abhilfe, sozusagen „Sofortmaßnahmen am Unfallort“. Einige Anregungen dazu:
1. Vermeiden Sie kritische Themen, und führen Sie keine Diskussionen, die zu weiteren Verletzungen führen können. Gut wäre es, wenn Sie dazu einen Konsens finden könnten. Ein Gespräch darüber könnte etwa so beginnen: „Wir geraten in letzter Zeit immer in Missverständnisse. Das tut mir weh, und ich glaube, dir auch. Ich habe gerade keine Idee, wie wir da herauskommen können. Ich möchte aber auch nicht, dass das unsere Beziehung weiter belastet, denn du bist mir wichtig. Ich schlage vor, dass wir die Themen, bei denen wir immer aneinandergeraten, für eine Weile aussparen. Was meinst du dazu?“
2. Geben Sie Ihrem Partner das, was Sie sich von ihm wünschen: Loben Sie ihn, wenn Sie stolz auf ihn sind, und sagen Sie ihm, was Sie an ihm schätzen. Lob und Anerkennung können Erstaunliches bewirken und die Atmosphäre zwischen Ihnen entspannen.
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3. Schaffen Sie gemeinsame Momente. Sie sind als Paar schon einen langen Weg miteinander gegangen und haben in Ihrem Gepäck bestimmt noch „Proviant“: Aktivitäten, die Ihnen beide Freude bereiten, Situationen, die Ihnen in der Vergangenheit das Gefühl von Verbundenheit gegeben haben.
Ihre Idee, sich bei dem Weg aus dieser Krise professionell begleiten zu lassen, finde ich gut. Bei Partnerschaftskonflikten ist es häufig so, dass die Bereitschaft zu einer externen Beratung ungleich verteilt ist. Glücklicherweise ist das aber kein Hinderungsgrund, Schwierigkeiten anzugehen und Veränderungen zu erreichen.
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In Therapien erlebe ich es regelmäßig, dass wir ein Partnerschaftsproblem bearbeiten und die Klientin mir kurze Zeit später erzählt, der Partner habe sich auf einmal in einer typischen Konfliktsituation anders – konstruktiver, empathischer oder weicher – verhalten als sonst. Diese Veränderung scheint dann aus dem Nichts zu kommen, wird aber dadurch angestoßen, dass die Klientin selber eine andere Haltung eingenommen, vielleicht dem Konflikt gegenüber aber auch nur ein anderes, entspannteres Gefühl gehabt hat. Jede Veränderung eines Partners wirkt sich auf den anderen aus. Und vielleicht wird ja Ihr Gefährte, wenn er erste positive Auswirkungen auf die Partnerschaft bemerkt, auch neugierig darauf, was in so einer Beratung passiert. Lassen Sie sich von seiner jetzigen Blockade also nicht davon abhalten, schon einmal aktiv zu werden.