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Udo PollmerElf Gründe gegen die „Veggie-Diktatur“

Lesezeit 6 Minuten

Wer Süßkartoffel-Pommes der Gulaschsuppe vorzieht, ist kein besserer Mensch, so die These des Buches „Don't go Veggie“.

„'Veggie-Diktatur' - nein, danke!“, fordert Autor Udo Pollmer in seinem Buch „Don't go Veggie!“. Es ist ein Manifest wider den Vegetarismus, das der wissenschaftliche Leiter des Europäischen Instituts für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften verfasst hat. Zusammen mit seinen Co-Autoren, dem Agrarstatistiker Georg Keckl sowie dem Soziologen und Landwirt Klaus Alfs, hat er „75 Fakten zum vegetarischen Wahn“ zusammengetragen. Wir stellen elf Argumente ihrer „Kampfschrift gegen den vegetarischen Mainstream“ vor.

Der Mensch kann sich nicht ohne Weiteres vegan ernähren

Der Mensch braucht tierisches Eiweiß - davon sind die Autoren überzeugt. Das Argument, dass sich etwa Kühe auch fleischlos ernähren, Menschen das also ohne Weiteres auch könnten, lassen die Wissenschaftler nicht gelten. Denn: Das Rind betreibe als Wiederkäuer im Gegensatz zum Menschen eine aufwendige Veredlung pflanzlicher Kost. „Mittels seiner Pansenflora produziert es aus dem Futter das lebensnotwendige Eiweiß.“

Vegetariern, die argumentieren, dass etwa Kaninchen sich auch ohne Pansen vegetarisch ernähren, halten die Autoren entgegen: „Sie fermentieren das aufgenommene Gras erst hinter dem Magen in einem speziellen Darmabschnitt. Das hat allerdings zur Folge, dass sie in freier Wildbahn vormittags ihren eigenen Kot fressen, um ihre Eiweißversorgung sicherzustellen.“

Ein „Vöner“ besteht aus dem Fleischersatz Seitan, Sojaschrot und Gewürzen.

Vegetarier vergeuden Land und Energie

Ist es wirklich besser für das ökologische Gleichgewicht der Welt auf Gulaschsuppe und Hamburger zu verzichten und stattdessen lieber „Salat mit frischen Kräutern und Spargelgemüse mit Artischockenherzen“ zu essen? Nein, befinden Pollmer und Kollegen. Salat, Spargel oder Gurken seien „sinnlose Vergeudung von bestem Ackerland.“ Ihre Rechnung: „Verfüttert man Gras oder die Grassilage von einem Hektar an ein Rind, erhält man pro Jahr 100 Hektoliter Milch. Darin sind satte 340 Kilogramm Eiweiß und 420 Kilo Fett. Ein Hektar Spargel liefert nur etwa 50 Kilo Eiweiß und 5 Kilo Fett.“

Auch Pflanzen empfinden etwas

Pflanzen sind Pollmer und seinen Kollegen zufolge „alles andere als gefühllose Bewohner der Erde“. Sie nähmen nicht nur ihre Umwelt wahr, sondern würden sogar vorausschauend und flexibel auf sie reagieren. Einige Botaniker erkennen demnach bei Pflanzen Strukturen, die mit Nervenzellen vergleichbar seien. „Während die Bulette im Hamburger beim Verzehr bereits mausetot ist wie das Brötchen, in dem sie steckt, ist der pflückfrische Salat mit seiner offenen Schnittwunde an der Unterseite sicherlich noch quietschlebendig“, glauben die Autoren.

Auch Frutarier, die sich nur von Fallobst ernähren, seien nicht frei von Schuld: „Wer das Leid der Bäume begreift, die von den Frutariern um ihren Nachwuchs betrogen werden, dem bleibt nur noch ein letzter ethischer Ausweg: Er brät sich einen veganen Moralphilosophen!“

Matcha ist zurzeit der letzte Schrei. Wenige Dutzend Gramm des Grünteepulvers aus Japan kosten rund 20 Euro.

Berühmte Vegetarier sind keine moralischen Vorbilder

Wer sich vegetarisch oder vegan ernährt, ist automatisch ein guter Mensch - mit dieser Schlussfolgerung wollen Pollmer und seine Co-Autoren aufräumen. In den Promi-Listen überzeugter Vegetarier fehlten Hitler genau wie die Nazis Himmler, Heß und Bormann. Auch Massenmörder wie Pol Pot, Dschigis Khan oder Charles Manson würden in solchen Auflistungen gerne ausgelassen.

Der Komponist Richard Wagner (1813-1883), den Vegetarier gerne als „Kronzeugen“ bemühten, habe „seinen Kampf gegen Tierversuche, Pelzmode und Fleischgenuss mit kruden antisemitischen Thesen, die großen Einfluss auf die nationalsozialistische Ideologie und Adolf Hitler persönlich hatten“, begründet. „In seiner 1880 veröffentlichten Schrift 'Religion und Kunst' propagiert Wagner unumwunden eine neue vegetarische Herrenrasse“, schreiben die Autoren.

Vegetarismus und Veganismus retten den Planeten nicht

Wer daran glaubt, ist „naiv“, befinden die Autoren. „Vegetarismus und Veganismus sind Formen des Luxuskonsums, die die Umwelt belasten und den Menschen in ärmeren Ländern die Lebensgrundlage entziehen“, so die Autoren. Sie beziehen sich auf den Zukunftsforscher Matthias Horx, der bereits 2007 prophezeit habe, dass die Rettung des Planeten vor dem Klima-Kollaps dazu führen könnte, totalitäres Denken zu unterstützen und anderen die Verhaltensregeln, die vermeintlich vor der Apokalypse bewahren, aufzuoktroyieren. Pollmer, Keckl und Alfs warnen vor einem „Ökofaschismus“.

Anstatt Kuhmilch: Veganer greifen zu Soja- oder Hafermilch.

Jäger sind keine Mörder

Ohne Jäger würde es keine Mischwälder mehr geben, sind sich Pollmer und seine Co-Autoren sicher: Denn Rehe und Hirsche würden Tannen und Laubbäume den Fichten und Kiefern vorziehen. Außerdem seien Jäger verpflichtet, das Wild in winterlichen Notzeiten zu füttern. „Jäger hegen und retten weit mehr Individuen, als es die Natur zulassen würde.“ Zwar würden Jäger auch Tiere schießen, jedoch „zu dem Zweck, für einen gesunden Bestand zu sorgen.“ Das sei „auch ein wichtiger Grund, warum es mit Bejagung unterm Strich mehr Wild gibt als ohne.“

Mit Veganismus wird der Verzicht zu Ersatzreligion

Veganismus sei gerade bei Frauen, den vom „Schlankheits- und Schönheitswahn Getriebenen“, erfolgreich, so die Autoren, weil er das „ultimative Glück“ verspreche, „endlich wieder in den Spiegel schauen zu können, ohne auf Pölsterchen, Krähenfüße oder Stirnfalten achten zu müssen.“

Die vegane Ernährungsweise werde demnach also zu einer Art Ersatzreligion, die „Gewissenspfunde“ purzeln lasse: „Hat sie sich einmal diesem Glauben verschrieben, ist jede „Esssünde“ nicht mehr nur eine Frevel gegen die schlanke Linie, sondern zugleich ein Verstoß gegen die gesamte Schöpfung.“ Veganismus und echter Genuss schließen sich aus, so die Ansicht der Autoren. „Der Genuss besteht darin, anderen den Genuss zu verleiden.“

Geschmackssache: Eine vegane Rohkostpizza aus Süßlupinenmehl und Sauerkraut, belegt mit Humus, Gurke, Oliven und Champignons.

Vegetarismus sorgt nicht für Frieden

Ein Mangel an Fleisch habe schon so manchen Krieg provoziert, heißt es in „Don't go Veggie“. Wenn Menschen keine Tiere essen würden, dann würden sie andere Menschen essen, glauben die Autoren und sehen die Beweise dafür in der Geschichte des Kannibalismus. „Überall auf der Welt - in Frankreich wie in Äthiopien, auf den Fidschi-Inseln wie auf dem Balkan - verspeiste der Mensch seine Artgenossen.“

Bis in die jüngste Vergangenheit sei der Kannibalismus noch praktiziert worden. „Der Verzicht auf den Kannibalismus ist eine der Grundfesten unserer Gesellschaft, aber erst die Landwirtschaft setzte dem gewohnheitsmäßigen Kannibalismus ein Ende.“ Die Autoren schlussfolgern: „Die Tierhaltung ist also die Basis unserer Kultur.“

Tiere sind nicht friedfertig

„Dass viele Tiere die natürlichen Feinde des Menschen sind, merken die „zivilisierten Menschen“ nur deshalb nicht, weil sie in einem durch Technik gesicherten Paradies leben, welches dank intensiver Landwirtschaft und voller Fleischtheken auch sozial leidlich stabil bleibt“, schreiben die Autoren. Und: Dass etwa Delfine oft freundlich gegenüber Menschen wären, halte sie nicht davon ab, gegen ihre eigene Art zu wüten: „Delfine sind echte Massenmörder. Delfinmännchen töten nicht nur Delfinbabys, sondern bilden sogar 'Gangs', die Weibchen jagen und vergewaltigen.“

Tiere sollten nicht gleichberechtigt sein

Folgt auf den Kampf gegen Rassismus und Sexismus logischerweise der Kampf gegen Speziesmus? Nein, schreiben die Autoren. Der Begriff „Diskriminierung“ lasse sich nicht auf Tiere übertragen. „Die Nahrungskette ist die Basis der Evolution. Menschen diskriminieren Nutztiere genauso wenig wie Löwen Zebras diskriminieren, von denen sie sich ernähren. Leberegel diskriminieren keine Menschen, nur weil sie deren Leber zerfressen.“

Tierethik gleicht Rassismus

Pollmer und seine Kollegen glauben, dass „vegane Moralfachkräfte“ Tieren nur deshalb die gleichen Rechte einräumen wollen, „um sie danach in wertes und unwertes Leben einteilen zu können“. Sie beziehen sich auf Tierethiker, die davon ausgehen, dass beispielsweise Insekten, Spinnen, Krebse und Würmer keinen Schmerz kennen würden.

„Hummer sollen nicht mehr in kochendes Wasser geworfen werden dürfen, während Miesmuscheln weiter vor sich hinköcheln müssen.“ Für die Autoren gleicht das einem in „Flora und Fauna projizierte[n] Rassismus - mit dem veganen Übermenschen an der Spitze der Hierarchie.“ (rer)

Udo Pollmer, Georg Keckl, Klaus Alfs: Don't go Veggie, 75 Fakten zum vegetarischen Wahn, erschienen bei Hirzel, 222 S.

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