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Mediziner warntBlitzeis und Schneeglätte sind nicht nur für Ältere gefährlich

Lesezeit 3 Minuten
Ein Mann geht auf einem vereisten Gehweg.

Bei glatten Gehwegen und Straßen sollte man, wenn möglich, zu Hause bleiben.

Warnungen vor glatten Bürgersteigen und Straßen nehmen viele Menschen offenbar nicht ernst, schreibt unser Medizin-Kolumnist.

Unsere Notdienstambulanz war voll. Aber diesmal lag es nicht an einer Grippewelle. Oder an Corona. Diesmal war das Wetter schuld. Diesmal war es der Tag mit Blitzeis und Schneefall auf den Straßen, vor allem aber auch auf den Fußwegen. Mancherorts war es mörderisch glatt. Viele Menschen stürzten schon nach den ersten Metern. Nicht wenige verletzten sich beim Sturz und mussten ins Krankenhaus oder, wenn es nicht ganz so schlimm schien, in die hausärztliche Notdienstpraxis.

Junge Menschen stürzen ähnlich oft wie Alte

Bei uns war ungefähr jeder dritte Patient gefallen: mit Verdacht auf gebrochene Handgelenke, gebrochene Knie, gebrochene Ellenbogen, gebrochene Schultergelenke. Einen Oberschenkelhalsbruch – eine der häufigen Verletzungen bei Älteren – gab es nicht. Dafür aber auch schmerzhafte Muskelzerrungen. Das Überraschende dabei: Es waren gleichermaßen Ältere und Jüngere betroffen. Stürzen tun beide. Sich verletzen auch. Jugend schützt nicht.

Die Warnungen vor dem Blitzeis waren präzise, und sie waren rechtzeitig versendet worden. Im Radio, Fernsehen und online über Handy oder PC konnte man die Hinweise kaum ignorieren. Trotzdem war es kaum leerer auf den Straßen, Alte und Junge waren unterwegs. Man konnte Radfahrer sehen (ich fahre selbst mit dem Rad in die Praxis, aber niemals bei Eisglätte). Ein Freund, der Wert auf elegante Schuhe legt, war auf Ledersohlen unterwegs (und ist beinahe gestürzt). Ein anderer (mit normalen Sohlen) ist gestürzt – und war beeindruckt: Seine smarte Armbanduhr machte Meldung. Sie hatte den Sturz erkannt und wollte den Notdienst informieren, mit Ortsangabe – im wirklichen Notfall eine lebensrettende Funktion (natürlich hat er den Notruf unterbunden, aber bei Bewusstlosigkeit wäre Hilfe gekommen).

„Wir lassen uns von ein bisschen Eis die Gewohnheiten nicht nehmen“

Warum waren trotz der Warnungen so viele Menschen unterwegs? Es gibt Menschen, die mussten einfach raus, aus beruflichen oder privaten Gründen. Von der Busfahrerin bis zur Pflegerin, vom Lehrer bis zum Friseur – diese Berufe lassen sich nicht von zu Hause erledigen. Aber immer mehr Menschen arbeiten im Homeoffice oder haben flexible Arbeitszeiten und könnten entsprechend zu Hause bleiben.

Und es gibt kaum eine Küche, kaum einen Kühlschrank, deren Vorräte nicht auch noch einen weiteren Tag reichen würden: Man muss bei Blitzeis auch nicht einkaufen. Man hatte eher den Eindruck, dass die Warnungen nicht wirklich ernst genommen wurden. Dass die Menschen sich von ein bisschen Eis die täglichen Gewohnheiten nicht nehmen lassen wollten.

Besser bei Glätte zuhause bleiben

Aber der Preis ist hoch: Normale Knochenbrüche mögen einigermaßen schnell heilen. Wenn Gelenke beteiligt sind, wird es schnell langwierig und schmerzhaft. Es ist klüger, bei extremer Glätte zu Hause zu bleiben. Arzt- und Friseurtermine lassen sich verlegen. Einkäufe sowieso. So wie man bei einem Orkan keinen Waldspaziergang macht, so sollte man bei Eisglätte nicht vor die Tür. Der Preis ist einfach zu hoch (von den Kosten gar nicht zu reden)! Das nächste Blitzeis kommt bestimmt – bleiben Sie zu Hause!