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Langsamer fliegen?Studie zeigt, wie Klimaziele erreicht werden könnten

Lesezeit 4 Minuten
Ein Airbus A380 der Qatar Airways aus dem Emirat Katar fliegt am weitgehend blauen Himmel über Frankfurt hinweg.

Ein Airbus A380 der Qatar Airways aus dem Emirat Katar fliegt am weitgehend blauen Himmel über Frankfurt hinweg.

Langsamer fliegen, weniger Kondensstreifen – diese und weitere Forderungen sind in einer Studie zum Klimaschutz im Luftverkehr aufgeführt.

Wenn es um das Erreichen der Klimaziele geht, kommt auch immer wieder die Luftfahrt ins Gespräch. Immerhin ist hier das Ziel, die CO₂-Emissionen bis 2050 auf null zu senken. Doch von diesem Kurs scheinen die Verantwortlichen mittlerweile weit abgekommen zu sein, das sagen zumindest Forschende der Universität Cambridge.

In einer kürzlich veröffentlichten Studie schlagen sie deshalb Ziele für eine nachhaltige Luftfahrt bis 2030 vor. Darin heißt es zunächst, dass der Flugverkehr für etwa 2,5 Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen verantwortlich ist. „Ohne rasches und entschlossenes Handeln laufen wir Gefahr, die Chance zu verpassen, bis 2050 Netto-null-Emissionen zu erreichen, und die notwendigen technologischen und wirtschaftlichen Transformationen zu verzögern“, erklären die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

Diese Maßnahmen fordern die Wissenschaftler

Es mangele bei den derzeitigen Bemühungen an Umfang und Geschwindigkeit, außerdem würden manche vorgeschlagenen Lösungen die Krise eher noch verschärfen, ergänzen sie. Damit ist beispielsweise ein zu starker Fokus auf Biomasse als Flugtreibstoff gemeint, ohne die Umweltauswirkungen zu kontrollieren.

Als Alternative skizzieren die Forscherinnen und Forscher einen „ehrgeizigen Fünfjahresplan“ mit vier zentralen Zielen, um die Luftfahrt bis 2030 nachhaltig zu gestalten. Wir erklären, was die geforderten Maßnahmen sind.

1. Ziel: Operation Blue Skies

Im ersten Vorschlag geht es um die Kondensstreifen am Himmel und er wird „Operation Blue Skies“, also „Operation blauer Himmel“, genannt. Die Regierungen der Länder sowie Verantwortliche in der Industrie sollten laut der Universität Cambridge bis 2025 mehrere sogenannte „Living Labs“ im Luftraummaßstab einrichten. In diesen Laboren sollten Ideen zur Vermeidung von Kondensstreifen in einem realistischen Luftraum getestet und erlernt werden. Durch diese Forschung könnte es möglich sein, bis 2030 die Bildung von Kondensstreifen stark zu reduzieren.

Kondensstreifen sind in der Atmosphäre mit einer Art Isolierschicht vergleichbar, die zur Erwärmung der Erdoberfläche beitragen kann. Laut den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sei die „Operation Blue Skies“ eine kostengünstige und wirkungsvolle Lösung „mit erheblichem Potenzial zur Reduzierung des Klima-Fußabdrucks der Luftfahrt“.

Gleichzeitig würde die Bewölkung in Gebieten mit hohem Flugverkehr reduziert werden, ähnliche Effekte konnten schon während der Covid-19-Pandemie beobachtet werden, als kaum Flugzeuge unterwegs waren. Würden die Kondensstreifen vermieden werden, könnten die Klimaauswirkungen der Luftfahrt um rund 40 Prozent reduziert werden, heißt es in der Studie.

2. Ziel: System-Effizienz

Ebenfalls für das kommende Jahr empfiehlt die Universität, dass führende Regierungen klarere Forderungen an die Luftfahrtindustrie stellen müssten, um systemweite Steigerungen der Effizienz voranzutreiben. Damit solle bis 2030 eine Welle neuer Maßnahmen umgesetzt werden, damit der Luftverkehr effizienter werden kann.

Welche Maßnahmen sind damit konkret gemeint? Zum einen müsse das Alter der Flugzeugflotten reduziert werden, indem neue Flugzeuge schneller produziert werden. Eine weitere Maßnahme sei langsameres Fliegen. Würde ein Flugzeug etwa 15 Prozent langsamer fliegen, verlängere sich zwar die transatlantische Flugzeit um rund 50 Minuten, es würde aber auch den Kraftstoffverbrauch um 5 bis 7 Prozent verringern. Die dritte Maßnahme nennt sich „Match Range“. Damit ist gemeint, dass Flugzeuge ihre Möglichkeiten ausnutzen sollten, also die Strecken fliegen, für die sie gebaut worden sind und die sie maximal schaffen können. Auch das würde den Kraftstoffverbrauch um bis zu 7 Prozent senken.

Ziel 3: Wirklich nachhaltiger und skalierbarer Kraftstoff

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fordern, dass Regierungen 2025 die politische Entwicklung für nachhaltige Flugkraftstoffe, auch als Sustainable Aviation Fuel (SAF) bekannt, reformieren sollen. Bis 2030 sollten Regierungen und Industrien dann eine Strategie umsetzen, die es ermöglicht, die SAF-Produktion über rein biomassebasierte Methoden hinaus zu erweitern und kohlenstoffeffizientere synthetische Produktionstechniken einzubeziehen.

Das Problem an Biomasse-Kraftstoffen sei, dass zahlreiche Sektoren diese Ressource mittlerweile nutzen und die Produktion deswegen bereits Auswirkungen auf die Landmasse habe, die schon jetzt stark beansprucht sei. Das Problem mit diesen Auswirkungen werde laut Universität Cambridge derzeit von der Luftfahrt übersehen und sollte in den Bestrebungen für nachhaltige Kraftstoffe dringend berücksichtigt werden.

Ziel 4: „Moonshots“

Ziel 4 hat nichts mit Mondlandungen zu tun und ist dennoch sehr ambitioniert: Hierbei schlägt die Studie vor, mehrere Programme zur Demonstration neuester Technologien einzurichten. So könnten diese schneller bewertet und auf den Markt gebracht werden. „Moonshot“ kann sinngemäß damit übersetzt werden, das nahezu Unmögliche möglich zu machen. Die Forschenden bringen als Beispiel an, dass die Luftfahrt in der Transformation eine ähnliche Vorreiterrolle einnehmen könne wie die Automobilindustrie mit ihren Elektrofahrzeugen.

Eine neue Technologie könnte die Umrüstung auf Flugzeuge sein, die mit Wasserstoff angetrieben werden, schlägt die Uni vor. Um die Machbarkeit zu testen, müssten unter anderem große Flughäfen auf Wasserstoff umgestellt werden und Wasserstoffverflüssigungsanlagen eine hundertmal höhere Leistung erbringen als bisher. (rnd)