In Sachen LiebeMeine Krankheit belastet meine Partnerschaft – was kann ich tun?
- Was gibt es Schöneres und Wichtigeres im Leben als die Liebe? Wie wir sie finden, pflegen und sie uns erhalten; was geschieht, wenn sie vergeht oder wir sie verlieren – darum geht es in unserer PLUS-Kolumne „In Sachen Liebe“.
- Im wöchentlichen Wechsel beantworten die Psychotherapeuten Désirée Beumers, Carolina Gerstenberg und Daniel Wagner sowie die Diplom-Psychologinnen Elisabeth Raffauf und Katharina Grünewald Ihre Fragen rund ums Liebesleben, Sex und Kindererziehung.
- Diesmal erklärt Daniel Wagner, was zu tun ist, wenn eine Krankheit die Partnerschaft verändert.
Köln – Seit einer schweren Erkrankung vor zwei Jahren erhole ich mich nicht mehr richtig. Ich bin wesentlich weniger leistungsfähig und belastbar als früher. Ich habe den Eindruck, dass ich damit meine Beziehung belaste. Früher war ich gefühlt der starke Part. Nun ist es so, dass meine Frau viele Aufgaben erfüllt, die früher ich innehatte. Auch wenn sie mir selten Vorwürfe macht, mache ich mir Sorgen, dass sie mich nicht mehr so sieht, wie sie mich mal gesehen hat. Haben Sie einen Rat, wie ich und wir mit der Situation umgehen können?Thomas, 63
Das Thema Krankheit begegnet vielen Paaren, insbesondere in längeren Beziehungen. Nicht umsonst heißt es zur Eheschließung traditionell „In guten wie in schlechten Zeiten. In Gesundheit und Krankheit“. Eine Erkrankung kann die Beziehung auf mehreren Ebenen strapazieren. Mitunter müssen – wie Sie es ja auch beschreiben – Aufgaben neu verteilt werden. Häufig entstehen aber auch weitere Herausforderungen.
Weniger Kraft und Ressourcen zu haben, kann sich stark auf den Selbstwert der erkrankten Person auswirken. So kann ein Mangel an Autonomie erlebt werden, da auf einmal Abhängigkeiten vom Partner entstehen, aber auch die Selbstwirksamkeit – also das Erleben, durch eigene Handlungen etwas positiv zu beeinflussen – auf der Strecke bleibt.
Zudem ist es womöglich erforderlich, dass der gesunde Part auf einmal mehr übernehmen muss. Auch dies kann belastend sein, für beide Seiten: einerseits für die Person, die nun mehr zu tun hat, andererseits für die Person, die nicht unterstützen kann und mitunter mit dem schlechten Gewissen zurückbleibt, ihr Gegenüber zu belasten.
Partnerschaft nicht als Organisation von Krankheit und Aufgaben erleben
Bei schweren Krankheitsverläufen kann es zudem zu drastischen Veränderungen kommen. Mitunter muss eine neue Wohnsituation gefunden werden, es können finanzielle Belastungen entstehen, Sozialkontakte verändern sich, und es droht die Isolation.
Wie also umgehen mit dieser komplexen Situation? Wie so oft ist ein offener Austausch häufig schon sehr entlastend. Idealerweise benennen Sie, was Sie belastet oder stört – und zwar ohne das Gegenüber abzuwerten. Gleichzeitig hören Sie genau hin, welche Belastungen Ihre Partnerin erfährt.
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Finden Sie gemeinsam Lösungen und verteilen Sie Aufgaben neu – vielleicht nicht nur untereinander. Manchmal gibt es auch die Möglichkeit, auf andere Ressourcen zurückzugreifen (Reinigungskräfte, Lieferdienste, Freunde und Familie). Wenn körperlich anspruchsvolle Tätigkeiten nicht mehr in gleichem Maße möglich sind, ist es vielleicht möglich, sich mit etwas anderem zu revanchieren. Zum Beispiel mit abendlichem Vorlesen oder der Übernahme administrativer Aufgaben.
Wichtig ist auch, nicht die ganze Partnerschaft als die Organisation von Krankheit und Aufgaben zu erleben. Überlegen Sie gemeinsam, wie Sie schöne gemeinsame Zeit und Aktivitäten finden können. Gegebenenfalls muss ja auch die Freizeit neu gestaltet werden mit Aktivitäten, die in der gegenwärtigen Situation für beide Seiten freudvoll und angenehm sind. Probieren Sie sich gemeinsam aus und fokussieren nicht nur das Problematische, sondern auch die Lösungen. Wenn Sie alleine nicht weiterkommen, kann eine Paarberatung oder auch eine Psychotherapie hilfreich sein.